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MELDUNG/773: Hans-Böckler-Stiftung hebt Konjunkturprognose an (idw)


Hans-Böckler-Stiftung - 20.12.2017

IMK hebt Konjunkturprognose an: 2,3 Prozent Wirtschaftswachstum 2017 und 2018

Wachstum noch breiter aufgestellt, weil Investitionen anspringen IMK hebt Konjunkturprognose an: 2,3 Prozent Wirtschaftswachstum 2017 und 2018


Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung hebt die Wachstumsprognose für die deutsche Wirtschaft erneut an. 2017 und 2018 wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahresdurchschnitt nach der heute veröffentlichten IMK-Winterprognose um jeweils 2,3 Prozent zunehmen.* Die Lage auf dem Arbeitsmarkt entwickelt sich weiter positiv: Obwohl das Arbeitskräfteangebot durch Zuwanderung spürbar gewachsen ist, geht die Arbeitslosigkeit kontinuierlich zurück: auf 5,7 Prozent 2017 und 5,5 Prozent 2018 (alle Daten siehe unten). Nach langer Zurückhaltung weiten die Unternehmen ihre Investitionen in Ausrüstungen deutlich aus - im kommenden Jahr um 7 Prozent. Auch der Export legt zu. Tragende Säule der konjunkturellen Entwicklung bleibt aber trotz höherer Inflation die private Nachfrage.

Gegenüber seiner Vorhersage vom Oktober hebt das IMK die Wachstumsprognose für 2017 um 0,3 Prozentpunkte und die für 2018 um 0,2 Prozentpunkte an. In seiner Prognose für beide Jahre vom März war das Institut noch von 1,3 Prozent beziehungsweise 1,8 Prozent im Jahresmittel ausgegangen.

Trotz des stärkeren Wachstums sehen die Konjunkturexperten keine Anzeichen für ein Heißlaufen der Konjunktur. "Wir erleben einen robusten, von der Binnennachfrage getragenen Aufschwung, aber keinen Boom, von dem Gefahren ausgehen", sagt Prof. Dr. Gustav A. Horn, der wissenschaftliche Direktor des IMK. "Im Gegenteil: Wenn jetzt die Ausrüstungsinvestitionen der Unternehmen anspringen, erhöhen sich die Kapazitäten und damit auch die künftigen Spielräume für weiteres spannungsfreies Wachstum." In dieser Situation seien zusätzliche öffentliche Investitionen mit den Schwerpunkten, Bildung, Eindämmung des Klimawandels und Erhöhung des Produktionspotenzials durch bessere Infrastruktur sehr sinnvoll. "Wenn sich, wie wir es prognostizieren, Beschäftigung und Einkommen weiter kräftig entwickeln, hat der Staat durch sprudelnde Steuereinnahmen auch die Mittel dafür", so Horn.

Kerndaten der Prognose für 2017 und 2018
(siehe auch Tabelle 2 im Report; Link unten)

Das Wachstum der deutschen Wirtschaft zieht an. Die private Nachfrage verliert etwas an Dynamik, bleibt aber kräftig. Die Teuerungsrate liegt deutlich höher als 2015 und 2016, als die Preise fast stagnierten. Doch nach der IMK-Prognose steigen auch die nominalen Bruttolöhne und -gehälter etwas stärker, die Unternehmens- und Vermögenseinkommen entwickeln sich kräftig, so dass der private Konsum trotzdem weiter expandiert. Sein Wachstumsbeitrag macht in beiden Jahren etwa die Hälfte der BIP-Zunahme aus. Auch die Investitionen der Unternehmen leisten einen stärkeren Beitrag und die Exporte nehmen ebenfalls verstärkt zu. Hier wirkt sich die etwas dynamischere Weltkonjunktur, insbesondere der sich festigende Aufschwung in den übrigen Staaten des Euroraums, positiv aus. Die deutsche Wirtschaft profitiert weiterhin von der expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), die unter anderem die negativen Effekte aus der Euro-Aufwertung gegenüber dem Dollar dämpft.

Arbeitsmarkt

Die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland nimmt weiter kräftig zu - um 650.000 Personen auf knapp 44,3 Millionen im Jahresdurchschnitt 2017 und weitere rund 560.000 Personen im Jahresmittel 2018. Das entspricht einem Zuwachs um 1,5 Prozent und 1,3 Prozent. Obwohl mehr anerkannte Asylbewerber auf den Arbeitsmarkt kommen, sinkt die Arbeitslosigkeit weiter: Für 2017 erwarten die Forscher einen Rückgang um etwa 150.000 Personen, so dass im Jahresdurchschnitt gut 2,53 Millionen Menschen ohne Job sein werden. Für 2018 erwartet das IMK, dass die Arbeitslosenzahl um jahresdurchschnittlich gut 90.000 auf etwa 2,43 Millionen Personen sinkt. Das entspricht Arbeitslosenquoten von 5,7 und 5,5 Prozent.

Außenhandel

Auch der Euroraum befindet sich im Aufschwung: 2017 und 2018 wächst das BIP in der Währungsunion um jeweils 2,3 Prozent. In den USA und vielen Schwellenländern zieht die konjunkturelle Dynamik ebenfalls an. Lediglich in Großbritannien schwächt sich das Wachstum ab. Die deutschen Ausfuhren profitieren von der stärkeren Weltkonjunktur. Sie nehmen im Jahresdurchschnitt 2017 um 3,9 Prozent und im Jahresmittel 2018 um 5,1 Prozent zu. Der drastische Rückgang der Ausfuhren nach Großbritannien - sie lagen im September 2017 um 6,2 Prozent unter dem Vorjahresniveau - wird durch die positive Entwicklung in anderen Regionen aufgefangen. Die Importe wachsen in beiden Jahren etwas kräftiger als die Ausfuhren: jahresdurchschnittlich um 4,7 und 5,8 Prozent. Der deutsche Leistungsbilanzüberschuss wird also leicht sinken, bleibt aber weiterhin sehr hoch. 2017 wird er laut IMK 7,7 Prozent des BIP und 2018 7,6 des BIP betragen.

Investitionen

Im günstigeren konjunkturellen Umfeld überwinden die Unternehmen ihre Investitionszurückhaltung: 2017 steigen die Ausrüstungsinvestitionen um durchschnittlich 4,3 Prozent, 2018 zieht der Jahresdurchschnitt auf 7 Prozent an. Die Bauinvestitionen verlieren auf solidem Niveau etwas an Dynamik: 2017 nehmen sie im Jahresmittel um 3,5 Prozent zu, 2018 um 2,6 Prozent. Dabei kommt es zu einer Verlagerung: Die Investitionen in den Wohnbau schwächen sich angesichts hoher und weiter steigender Immobilienpreise ab, während der Wirtschaftsbau stärker zulegt.

Einkommen und Konsum

Die verfügbaren Einkommen wachsen 2017 und 2018 real um jeweils durchschnittlich 2 Prozent. Die Sparquote sinkt in diesem Jahr geringfügig und stagniert im nächsten Jahr. Die realen privaten Konsumausgaben nehmen weiterhin kräftig zu: um 2,2 bzw. 2 Prozent.

Inflation und öffentliche Finanzen

Die allgemeine Preisentwicklung in Deutschland ist stärker als in den Vorjahren. Sie bleibt 2017 und 2018 mit 1,7 und 1,5 Prozent aber weiterhin hinter dem EZB-Inflationsziel von knapp unter zwei Prozent zurück.

Der von der Binnennachfrage getragene Aufschwung sorgt weiterhin für starke Steuereinnahmen und Einnahmeüberschüsse bei Gebietskörperschaften und Sozialkassen: 2017 beträgt der gesamtstaatliche Finanzierungssaldo 1,2 Prozent des BIP, 2018 steigt er auf 1,3 Prozent.


Weitere Informationen unter:

https://www.boeckler.de/pdf/p_imk_report_132_2017.pdf
- (*) Peter Hohlfeld, Katja Rietzler, Thomas Theobald, Silke Tober, Sebastian Watzka: Aufschwung breit aufgestellt. Prognose-Update:
Die konjunkturelle Lage in Deutschland zur Jahreswende 2017/2018.
IMK Report Nr. 132, Dezember 2017.

https://youtu.be/1FEgKb4pQ0o
- Videostatement von IMK-Expertin Dr. Silke Tober

https://www.boeckler.de/63667_112105.htm
- Drei Fragen zur Studie an Dr. Silke Tober

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution621

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Hans-Böckler-Stiftung, Rainer Jung, 20.12.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Dezember 2017

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