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MELDUNG/834: Sachverständigenrat legt Jahresgutachten vor (idw)


Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn - 07.11.2018

Sachverständigenrat legt Jahresgutachten vor


Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung prognostiziert aufgrund des weltweiten Handelskonflikts und zunehmender Kapazitätsengpässe eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums. Angesichts hoher Risiken mahnt er eine Stärkung der EU und des Euroraums ebenso an wie ein Zulassen des Strukturwandels infolge der Digitalisierung. Heute haben die "Wirtschaftsweisen" ihr Jahresgutachten 2018/19 mit dem Titel "Vor wichtigen wirtschaftspolitischen Weichenstellungen" an die Bundesregierung übergeben. Prof. Dr. Isabel Schnabel vom Institut für Finanzmarktökonomie & Statistik der Universität Bonn ist als eine der Sachverständigen an dem Gutachten beteiligt.

Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer der längsten Aufschwungphasen der Nachkriegszeit, allerdings hat sich das Wachstum aufgrund der ungünstigeren außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und produktionsseitigen Problemen in der Automobilindustrie verlangsamt. Hinzu kommen zunehmende Kapazitätsengpässe, nicht zuletzt im Bereich der Fachkräfte. Geld- und Fiskalpolitik verstärken die Hochkonjunktur. Für dieses und das kommende Jahr erwartet der Sachverständigenrat eine Fortsetzung des Aufschwungs mit Wachstumsraten von 1,6 Prozent beziehungsweise 1,5 Prozent. "Die deutsche Volkswirtschaft ist den bestehenden Risiken, wie dem Handelskonflikt, dem Brexit und den Entwicklungen im Euroraum, in besonderem Maße ausgesetzt. Hinzu kommen die langfristigen Herausforderungen der demografischen Entwicklung und der Digitalisierung", betont Prof. Schnabel. Deutschland solle gute Rahmenbedingungen für neue Technologien schaffen, statt einzelne Industrien, wie etwa die Batteriezellproduktion, über industriepolitische Eingriffe zu fördern.

"Stärkung der EU und des Euroraums"

Der Sachverständigenrat betont, dass sich viele Herausforderungen nur gemeinsam mit der EU bewältigen lassen. Er hält es nach wie vor für sinnvoll, den Brexit möglichst zu verhindern oder zumindest einen ungeordneten Brexit abzuwenden. Die finanziellen Ressourcen der EU sollten stärker auf solche Ausgaben konzentriert werden, die einen echten europäischen Mehrwert liefern. Eine Normalisierung der Geldpolitik im Euroraum sei ebenso erforderlich wie eine Rückführung der Schuldenstandsquoten, unterstützt durch reformierte Fiskalregeln. "Besonders wichtig ist es außerdem, die Banken- und Kapitalmarktunion weiter voranzutreiben, um die Europäische Währungsunion glaubwürdig zu stabilisieren. Gerade die jüngsten Ereignisse in Italien zeigen, wie wichtig das für die Zukunft des Euroraums ist", sagt Prof. Schnabel. Hierzu könnte neben einer fiskalischen Letztsicherung für den europäischen Abwicklungsfonds eine gemeinsame europäische Einlagensicherung gehören. Außerdem dürfte das Halten von Staatsanleihen in der Bankenregulierung nicht länger privilegiert werden. Ein wichtiges längerfristiges Ziel sei die Schaffung eines echten gemeinsamen Banken- und Kapitalmarkts in Europa.

Einschätzungen liefern Argumente für die politische Debatte

Der Sachverständigenrat spricht keine Empfehlungen aus, sondern zeigt Fehlentwicklungen auf und bewertet verschiedene Handlungsalternativen. Das Jahresgutachten liefert so wirtschaftspolitische Argumente, die in politischen Prozessen und in der öffentlichen Diskussion eine wichtige Rolle spielen.

Vortrag beim Dies academicus

Beim nächsten öffentlichen Dies academicus am Mittwoch, 5. Dezember, skizziert Prof. Schnabel ab 16.15 Uhr in Hörsaal F im Juridicum die zentralen Inhalte des aktuellen Jahresgutachtens des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.


Originalpublikation:
Das Jahresgutachten im Internet:
https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/publikationen/jahresgutachten/jahresgutachten-201819.html

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution123

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 07.11.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. November 2018

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