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MARKT/1440: Den Staat als wirtschaftlichen Akteur ausbauen (spw)


spw - Ausgabe 5/2011 - Heft 186
Zeitschrift für sozialistische Politik und Wirtschaft

Den Staat als wirtschaftlichen Akteur ausbauen

Von Heinz-J. Bontrup


Der Staat als gesellschaftlicher Überbau zur privaten Wirtschaft bietet durch seine Bediensteten und Verwaltungen vielfältige kostenlose öffentliche Güter an, bei denen im Gegensatz zu privaten Gütern bei der Nachfrage, beim Konsum, das Nichtausschluss- und Nichtrivalitätsprinzip gilt. Aber auch im Preis subventionierte sogenannte meritorische Güter werden nicht kostendeckend vom Staat angeboten. Dies reicht von Sicherheits- und Rechtsgütern über staatlich bereitgestellte Infrastruktur bis zu Kulturgütern. Gleichzeitig hat der Staat schon immer Leistungen durch öffentliche Unternehmen, aus sozialstaatlicher Fürsorge heraus oder wenn der Marktmechanismus versagt bzw. Fehlentwicklungen durch private Monopole oder marktmächtige Oligopole zu befürchten waren, erbringen lassen. Dies galt insbesondere für netzgebundene Güter der Daseinsvorsorge wie Strom, Gas, Wasser, Telekommunikation oder den öffentlichen Schienenverkehr. Nach dem Zweiten Weltkrieg war man sich bei der SPD und den Gewerkschaften sogar darüber einig, dass Schlüsselindustrien wie der Bergbau, die Stahlindustrie und auch die Chemie, Verkehrs- und Energieunternehmen sowie die Banken- und Versicherungswirtschaft durch Staatsunternehmen zu lenken seien.


Privat sei besser als Staat

Der unheilvolle marktradikale Neoliberalismus (Butterwegge/Lösch/Ptak 2007) stellt dagegen das Öffentliche seit Mitte der 1970er Jahre zunehmend in Frage. Die von Margaret Thatcher 1979 unter Anleitung des theoretischen Vordenkers des Neoliberalismus, des US-amerikanischen Nobelpreisträgers für Wirtschaftswissenschaft, Milton Friedman, ausgegebene Losung "Less government is good government" löste nicht nur in England, sondern weltweit eine Welle an Privatisierungen aus (Engartner 2008). Das Öffentliche wurde diskreditiert. "Privat und Markt vor öffentlich und Staat" lautet seitdem die neoliberale Ideologie und Propaganda, die sich durch ein völliges Politikversagen in fast alle Lebensbereiche hineingefressen hat. Unentgeltlich abgegebene öffentliche Güter sollten drastisch eingeschränkt oder bepreist werden, meritorische Güter vollständig in private Güter umgewandelt und Staatsunternehmen privatisiert werden. Dabei greift der Prozess "über die bloße Eigentumsübertragung von öffentlichen auf private Eigentümer und den Wechsel bei der Versorgung mit Dienstleistungen von öffentlichen auf private Unternehmen hinaus. Er erstreckt sich auf Bereiche, in denen die Frage formeller Eigentumsrechte noch nie aufgekommen war: Gemeinsame Naturreichtümer wie Wasser, Seen und Wälder, Grundelemente der Biosphäre und des Lebens wie Gene und lebende Organismen. Unter dem gegenwärtigen Regime des Neoliberalismus stellt die Privatisierung das übergreifende Prinzip zur Eroberung der Welt dar, indem sie diese in private Eigentumsrechte verwandelt" (Huffschmid 2004: 160) bzw. "Eigentumsrechte an Private vergibt" und damit zu handelbaren privaten Waren macht, sie "kommodifiziert" (Altvater 2006:176).

Wissenschaftlich unbewiesen, aber dennoch von einer dem Neoliberalismus und vorrangig Kapitalinteressen folgenden politischen Mehrheit - unterstützt von einer neoliberalen Mainstream-Ökonomie und versagenden Medien - umgesetzt, wird die Privatisierung des Öffentlichen einfach mit der dreisten Behauptung begründet, der Staat könne Leistungen nur schlechter als Private erbringen. Daher sei es geboten öffentliche Güter und öffentliche Unternehmen zu privatisieren oder zumindest in eine "Öffentliche-Private Partnerschaft" (PPP = Private Public Partnership) umzuwandeln, die Rügemer (2010) mit einer "Plünderung des Staates" durch Private gleichsetzt. "Durch die Privatisierung öffentlicher Güter (und öffentlicher Unternehmen, d.V.)", so Altvater, "verändern sich Gesellschaften. Staatsbürgerinnen und Staatsbürger mit verfassungsmäßigen Rechten zählen nun nur noch als Konsumenten mit monetärer Kaufkraft. Wer Geld hat, kann sich alles leisten. Wer keines oder nur wenig hat, ist von einst öffentlichen Dienstleistungen nach deren Privatisierung abgeschnitten" (Altvater 2006: 177). Die Privatisierung des Öffentlichen (Deckwirth 2008, Rügemer 2008) hat schließlich unter dem neoliberal geschaffenen finanzmarktgetriebenen Kapitalismus (Bischoff 2006) zugenommen und es ist zu befürchten, dass die jetzt ablaufende weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise (Bontrup 2011), die sich in vielen Ländern zu einer Staatsschuldenkrise entwickelt hat, diese Privatisierung noch massiv forcieren wird. In Griechenland, wo bereits das letzte "Tafelsilber" des Staates an Private veräußert werden soll, ist dies mit extrem negativen Auswirkungen schon zu beobachten.


Nichts als Markt- und Wettbewerbsideologie

Bei der Privatisierung lassen sich unterschiedliche Formen identifizieren. Dazu zählen: "Verkauf staatlicher Unternehmen an private Investoren, Verlagerung der Versorgung mit öffentlichen Dienstleistungen von öffentlichen auf private Unternehmen, Übertragung der sozialen Sicherung von öffentlichen Systemen auf die Kapitalmärkte und Verwandlung von Gemeineigentum in private Eigentumsrechte" (Huffschmid 2004: 159). Die Neoliberalen begründen die angebliche Notwendigkeit einer Umsetzung dieser vielfältigen Privatisierungsformen - neben der schon angeführten Behauptung der Staat könne nicht wirtschaften - mit ihrer unheilvollen Markt- und Wettbewerbsideologie. Diese suggeriert fälschlich eine "natürliche Ordnung", die nur dem Endkonsumenten verpflichtet sei. Die privaten Anbieter (Produzenten) hätten eine ausschließlich "dienende Funktion" (Adam Smith). Unternehmerischer Gewinn entstünde nur temporär, außer einem kalkulatorischen Unternehmerlohn für die Bezahlung der Arbeitskraft des Unternehmers, für herausragende Produkt- und Prozessinnovationen. Und im Marktgleichgewicht sei der Gewinn durch den "Stachel der Konkurrenz" auf Null herunter konkurriert. Diese schöne marktwirtschaftliche Welt hat leider nichts mit der wirtschaftlichen Realität zu tun. Hier sind wirkliche Innovationen eher die Ausnahme und die ökonomischen Prozesse vielmehr repetitiv, es bestehen laufend Ungleichgewichte, der Wettbewerb wird von Unternehmern und Managern ständig versucht durch Konzentrationsprozesse (Fusionen) und Kartellbildungen auszuschalten und marktmächtige Unternehmen erzielen an ihren Beschaffungs- und Absatzmärkten laufend Ausbeutungsprofite, denen keine Leistungen gegenüberstehen. Außerdem produziert der mehrwertorientierte Kapitalverwertungs- und erweiterte Akkumulationsprozess sowie der privatwirtschaftlich organisierte Markt permanent negative externe Effekte (soziale Kosten), die nach einer staatlichen Intervention verlangen. So werden Umweltkosten nicht in den privatwirtschaftlichen Preiskalkulationen internalisiert und liberalisierte Märkte benötigen zum funktionieren staatliche Regulierungen. Dies zeigen einmal mehr die in letzter Zeit liberalisierten Märkte für netzgebundene Produkte wie Telekommunikation, Strom, Gas, und Schienenverkehr (Bontrup/Marquardt 2011). Aber auch die "einzelwirtschaftliche Rationalitätsfalle" verlangt nach einer staatlichen Intervention. Senken beispielsweise alle Unternehmer die Arbeitskosten (aus Sicht der Unternehmer rational) und damit aber auch gleichzeitig die Arbeitseinkommen, so fällt in Folge ceteris paribus gesamtwirtschaftliche Nachfrage aus und es kommt zu einer deflatorischen Wirtschaftskrise (zu einer Falle), die ohne eine staatliche Nachfrage nicht behoben werden kann. Und nicht zuletzt ist zu erwähnen, dass das Markt- und Wettbewerbsprinzip immer auf einer Entsolidarisierung basiert. Der vermeintlich Stärkere, Bessere soll hier gewinnen. Dies "beruht vermutlich bei manchem auf der Vorstellung, jeder könne durch eigene Tüchtigkeit Erfolg haben. Ausgeblendet wird, wie viel in Wahrheit andere zu den Erfolgen des Einzelnen beitragen: Unverzichtbare Grundlage jeden Wirtschaftens ist die von der Allgemeinheit geschaffene Infrastruktur, ganz zu schweigen von Subventionen und Steuervergünstigungen, die der Staat (manchmal unsinnigerweise) gewährt" (Bull 2007:15).


Mit Privatisierung gegen leere Staatskassen

Neben der Markt- und Wettbewerbsideologie wird zusätzlich mit dem Diktat neoliberal geleerter öffentlicher Kassen die Notwendigkeit einer Privatisierung begründet. Dazu wurden die Steuern für Einkommensreiche und Vermögende gesenkt, und damit dem Staat seine Finanzierungsgrundlage für seine schon minimierten Staatsausgaben im Zuge einer "Entstaatlichung" (Peter Bofinger 2008) genommen. In Folge musste sich der Staat verschulden. Dies hat für Einkommensreiche und Vermögende immer zwei Vorteile: Erstens können sie dem Staat ihr akkumuliertes und nicht besteuertes Einkommen und Vermögen als Kredit zur Verfügung stellen und erhalten dafür Zinsen, also ein zusätzliches und noch dazu ein nicht auf eigener Arbeit beruhendes Einkommen. Und zweitens können die Einkommensreichen und Vermögenden so dem notleidenden Staat das privatisierte öffentliche Vermögen (Staatseigentum), nicht selten zu Schleuderpreisen, abkaufen und sich weiter bereichern.


Das Ergebnis ist eine Katastrophe

Das Kapital hat aber nur Interesse an einer Privatisierung, wenn mit den zuvor erbrachten öffentlichen Leistungen/Unternehmen ein Profit gemacht werden kann. Wo soll dieser aber herkommen? Selbst wenn man neoliberal unterstellt, die Privatisierung erschließt anfangs gewisse Effizienzreserven, so kann der von den Privaten erwartete Profit mittel- und langfristig nur durch eine Verschlechterung der öffentlichen Leistungen und/oder durch eine Belastung der Stakeholder, in erster Linie der Beschäftigten, erzielt werden. Sollen außerdem noch die privatisierten öffentlichen Leistungen - wie vor der Privatisierung immer wieder behauptet und versprochen - mit Preissenkungen einhergehen, dann steigt der Druck noch zusätzlich. Dies zeigt die Preisgleichung: Der Preis einer privat produzierten und angebotenen Ware setzt sich immer aus Stückkosten und einem Stückgewinn zusammen (Preis = Stückkosten + Stückgewinn). Die Stückkosten werden dabei von Vorleistungsaufwendungen (überwiegend Material- und Energiekosten), Arbeits-, Zins-, Miet- und Pachtkosten sowie von der Auslastung der Produktionskapazitäten bestimmt. Der Aufschlag für den Stückgewinn zur Realisierung des absoluten Gewinns ist dabei eine Funktion des Wettbewerbs bzw. bestehender Marktmacht. Selbst unter Berücksichtigung von ausbeuterischer Macht eines Unternehmens und damit nicht sinkender Preise, sondern sogar steigender Preise, wollen die privaten Investoren nach der Privatisierung aber dennoch die Stückkosten senken. Dazu greifen sie bei den Vorleistungsaufwendungen, das heißt, bei den Lieferanten an. Diese müssen zu abgesenkten Preisen liefern. Dadurch kommt es zu Gewinnumverteilungen zu Lasten der Lieferanten, wodurch diese wiederum kontraproduktiv in ihren Investitions-, Beschäftigungs- und Innovationsmöglichkeiten geschwächt werden. "Hinsichtlich der Beschäftigung kann man mit Sicherheit feststellen, dass Privatisierungen (...) in nahezu allen Fällen zu Arbeitsplatzverlusten und zur Verschlechterung von Arbeitsbedingungen geführt haben. Das ist nicht verwunderlich, denn der Antrieb für die Privatisierung eines öffentlichen Unternehmens oder Dienstes war für den Investor die Aussicht auf Gewinne, und der schnellste - wenn auch langfristig nicht der gangbarste - Weg zu Gewinnen ist die Senkung von Kosten durch Personalabbau, Lohnsenkung und die Verschärfung der Arbeitsbedingungen" (Huffschmid 2004: 162). Profiteure sind neben den Shareholdern dagegen die Stakeholder, denen als Fremdkapitalgeber und Grundeigentümer die unternehmerischen Zins-, Pacht- und Mietkosten als Einkommen aus der Wertschöpfung zufließen.


Den Staatssektor ausbauen

Im gesamtwirtschaftlichen Ergebnis stellt sich damit die Privatisierung des Öffentlichen, das Credo des "schlanken Staats", als klar suboptimal dar. Deshalb ist ihr nicht nur Einhalt zu gebieten, sondern der Staat ist als wichtiger gesamtwirtschaftlicher Akteur, der in marktwirtschaftlich-kapitalistischen Ordnungen das Gemeinwohl zu verfolgen und das Ganze in den Blick zu nehmen hat (auch den Abbau der bestehenden Massenarbeitslosigkeit und eine gerechte Verteilung der Einkommen und Vermögen), entsprechend auszubauen und an manchen Stellen sogar neu zu schaffen. Man denke hier nur an eine Rekommunalisierung der Energieversorgung. Die "Entstaatlichung" muss beendet und die Staatsquote in Deutschland, durch entsprechende Steuererhöhungen finanziert (Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik 2007), kräftig ausgeweitet werden. Hier sollte man das nordische Modell als Alternative zum Vorbild nehmen (Brödner, Carl, Heintze, Oehlke, Peter, Zinn 2009). Das Angebot an öffentlichen aber auch an meritorischen Gütern muss dazu ausgeweitet werden. Es sollte sich darauf ausrichten, dass den Menschen in einer Gesellschaft unabhängig von ihren Einkommen und Vermögen ein hochwertiges öffentliches Angebot an Dienstleistungen in verschiedenen Lebenslagen zur Verfügung steht. Hierbei hat übrigens uneingeschränkt zu gelten, dass insbesondere Bildung keine privatwirtschaftliche Veranstaltung ist, sondern ein öffentliches Gut ohne Ausschlussprinzip und Rivalität bei der Nachfrage.

Der Staat muss aber auch zukünftig durch mehr öffentliche Unternehmen in Erscheinung treten. Im Jahr 2009 war der Bund laut Beteiligungsbericht nur noch an 90 Unternehmen unmittelbar sowie an 483 Unternehmen mit einem Nennkapital von mindestens 50.000 Euro und mindestens 25 Prozent Anteilsbeteiligung mittelbar beteiligt. Die Einnahmen des Bundes aus Gewinnausschüttungen lagen dabei von 2000 bis 2010 bei knapp 5,4 Mrd. Euro (Deutscher Bundestag 2011: 1 u. 5). Die amtierende schwarz-gelbe Bundesregierung will aus volkswirtschaftlicher als auch aus ordnungspolitischer Sicht (siehe Koalitionsvereinbarung) aber einen noch weiteren Rückzug des Staates aus der Wirtschaft. Dabei waren schon die Privatisierung und die Zerschlagung der Post, aber auch selbst nur die Überführung der Bahn in eine Aktiengesellschaft ohne materielle Privatisierung, katastrophale Fehler, wie wir heute wissen. Was allein bei der Telekom AG und der Deutschen Bahn AG in den letzten Jahren an Skandalen zu verzeichnen war, spottet jeder Beschreibung. Und die vollmundig von neoliberalen Politikern versprochenen ökonomischen Ergebnisse blieben so gut wie aus. Im Gegenteil: Qualitätsverschlechterungen, steigende Preise und ein massiver Arbeitsplatzabbau waren die Folgen. Was heute bei den ehemaligen Staatskonzernen gilt, ist einzig die Befriedigung der Shareholder mit möglichst maximalem Gewinn.

Aber auch früher und heute läuft bei den öffentlichen Unternehmen vieles falsch. Unternehmen nur als Staatsunternehmen zu halten oder private Unternehmen zu verstaatlichen, reicht hier nicht aus. Das zeigt eindeutig die sich noch im Staatseigentum befindende Deutsche Bahn AG (Engartner 2008a). Die vom Unternehmen bzw. Management ausgeführte Politik ist hier rein unternehmerisch-kapitalistisch angelegt. Potenzielle Börsengänge und Eigenkapitalrenditen sind offensichtlich wichtiger als eine optimale Versorgung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen. Darunter leiden nicht nur die Kunden der Bahn, sondern auch Lieferanten und die Beschäftigten. So ist es auch allgemein bezeichnend, dass der Staat bei seinen Unternehmensbeteiligungen, wie private Kapitaleigner, auf möglichst maximale Gewinne setzt (Deutscher Bundestag 2011: 4).

Öffentliche Unternehmen dürfen aber nicht nach dem Profitprinzip ausgerichtet werden und womöglich noch den "härteren Kapitalisten" spielen wollen. Staatsunternehmen müssen vielmehr bedarfs- und kostenorientiert öffentliche Leistungen anbieten um diese so der Logik des Marktes und seiner Profitfunktion zu entziehen. Was bedarfsorientiert ist, hat die Gesellschaft in einem demokratischen Abstimmungsprozess zu entscheiden. Kostenorientiert impliziert auf Basis einer wirtschaftlichen Betriebsführung eine aufwandsgleiche Stückkostendeckung der Produktion (ohne kalkulatorische Kostenansätze) als auch die Erzielung von Gewinn. Letzterer allerdings nur dafür, um die Investitionen des öffentlichen Unternehmens ohne die Aufnahme von privatem Fremdkapital finanzieren zu können. Die Preise für die öffentlichen Leistungen sind entsprechend zu gestalten und zu kalkulieren. Dies reicht aber noch nicht!

Gleichzeitig sind die öffentlichen Unternehmen im Innenverhältnis zu demokratisieren. Dazu gehört eine wirklich paritätische Mitbestimmung der in den Unternehmen Beschäftigten und eine demokratisch-partizipative Unternehmenskultur (Bontrup 2011a). Schließlich sind es die Beschäftigten, die ein Unternehmen abbilden und dort die Neuwerte schaffen. In den Aufsichtsräten der Staatsunternehmen müssen die Staatsvertreter die öffentlichen Interessen an dem Unternehmen einbringen, aber auch die Kunden und die Lieferanten der Vorleistungen sowie nicht zuletzt die Umwelt zu ihrem Recht kommen. Verbraucherschutz- und Umweltverbände als auch die Interessen der Lieferanten sind hier adäquat mit einem Sitz- und Stimmrecht zu berücksichtigen. Nur so kann in öffentlichen Unternehmen eine holistische gesellschaftliche Kontrolle ausgeübt werden. Und auch nur so würde eine ökologisch-wirtschaftlich vernünftige Produktion von Gütern und Leistungen erfolgen, die zu einer insgesamt gesellschaftlichen Wohlfahrtsentwicklung führt.


Dr. Heinz-J. Bontrup ist Professor für Wirtschaftswissenschaft an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen, Bocholt und Recklinghausen sowie Sprecher der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik.



LITERATUR:

- Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik (2007):
Memorandum 2007: Mehr und bessere Beschäftigung, ökologischer Umbau und soziale Gerechtigkeit - Demokratische Wirtschaftspolitik statt Aufschwungstaumel, Köln.

- Altvater, Elmar (2006):
Privatisierung/Solidarische Ökonomie, in: Urban (Hrsg.), ABC zum Neoliberalismus, Hamburg, S. 176-178.

- Bischoff, Joachim (2006):
Zukunft des Finanzmarkt-Kapitalismus, Hamburg.

- Bofinger, Peter (2008):
Das Jahrzehnt der Entstaatlichung, in: WSI-Mitteilungen, Heft 7, S. 351-357.

- Bontrup, Heinz-J. (2011):
Zur größten Finanz- und Wirtschaftskrise seit achtzig Jahren. Ein kritischer Rück- und Ausblick mit Alternativen, DGB-Studie, Hannover.

- Bontrup, Heinz-J. (2011a):
Arbeit, Kapital und Staat. Plädoyer für eine demokratische Wirtschaft, 4. Aufl., Köln.

- Bontrup, Heinz-J., Marquardt, Ralf-M. (2011):
Kritisches Handbuch der deutschen Elektrizitätswirtschaft, Branchenentwicklung, Unternehmensstrategien, Arbeitsbeziehungen, 2. Aufl., Berlin

- Brödner, Peter, Carl, Friedrich, Heintze, Cornelia, Oehlke, Paul, Peter, Gerd, Zinn, Karl Georg (2009):
Das nordische Modell - eine Alternative?, in: Supplement der Zeitschrift Sozialismus, Heft 5.

- Bull, Hans Peter (2007):
Absage an den Staat?, in: spw Zeitschrift für sozialistische Politik und Wirtschaft, Heft 1, S. 14-17.

- Butterwegge, Christoph, Lösch, Bettina, Ptak, Ralf (2008):
Kritik des Neoliberalismus, 2. Aufl., Wiesbaden.

- Deckwirth, Christina (2008):
Privatisierung kommunal. Stand der Liberalisierung und Privatisierung in der Bundesrepublik Deutschland, in: spw Zeitschrift für sozialistische Politik und Wirtschaft, Heft 6, S. 15-20.

- Deutscher Bundestag (2011):
Drucksache 17/5839 vom 12.05.2011.

- Engartner, Tim (2008):
Privatisierung und Liberalisierung - Strategien zur Selbstentmachtung des öffentlichen Sektors, in: Butterwegge/Lösch/Ptak (2008): Kritik des Neoliberalismus, 2. Aufl ., Wiesbaden.

- Engartner, Tim (2008a):
Die Privatisierung der deutschen Bahn. Über die Implementierung marktorientierter Verkehrspolitik, Wiesbaden.

- Heintze, Cornelia (2008):
Warum Finnland Spitze ist. Bildungs- und Gesundheitsgüter aus einem Guss, in: spw Zeitschrift für sozialistische Politik und Wirtschaft, Heft 2, S. 32-35.

- Huffschmid, Jörg (2004):
Ein starker und demokratischer öffentlicher Sektor statt des Vorrangs für Privatisierung und Deregulierung, in: Etxezarreta/Grahl/Huffschmid/Mazier u.a., EuroMemo 2003, Hamburg, S. 159-177.

- Rügemer, Werner(2008):
Privatisierung in Deutschland, 4. Aufl., Münster.

- Rügemer, Werner (2010):
Public Private Partnership: Die Plünderung des Staates, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Heft 2, S. 75-84.


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Quelle:
spw - Zeitschrift für sozialistische Politik und Wirtschaft
Ausgabe 5/2011, Heft 186, Seite 32-37
mit freundlicher Genehmigung der HerausgeberInnen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Dezember 2011