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MARKT/1532: Deutsche Stahlindustrie weiterhin gut ausgelastet, aber globale Rohstahlerzeugung sinkt (idw)


Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. - 14.07.2015

RWI: Deutsche Stahlindustrie weiterhin gut ausgelastet, aber globale Rohstahlerzeugung sinkt


Die Rohstahlerzeugung in Deutschland liegt seit nunmehr vier Jahren unter kleineren Schwankungen auf stabilem Niveau und die Kapazitäten sind gut ausgelastet. Mit dem zu erwartenden Aufschwung der deutschen Wirtschaft dürfte mehr Rohstahl produziert werden. Da allerdings die Konjunktur wesentlich vom privaten Konsum getragen und deshalb wenig stahlintensiv ist, zeichnet sich nach einem geringen Minus um 0,6% in diesem Jahr für 2016 nur eine leichte Zunahme um 2,1% ab. Die globale Rohstahlerzeugung war im ersten Halbjahr 2015 rückläufig.

Die Rohstahlerzeugung in Deutschland liegt seit nunmehr fast vier Jahren auf einem relativ stabilen Niveau. Die Kapazitäten sind zu 85 bis 90% ausgelastet, also deutlich besser als im Rest der Welt. Zwar befindet sich die deutsche Konjunktur in einem Aufschwung, dieser wird aber wesentlich von den privaten Konsumausgaben getragen und ist daher wenig stahlintensiv. Die Produktion der Stahlverwender hat sich daher seit Beginn dieses Jahres in der Tendenz kaum verändert.

Die Lieferungen in das Ausland nehmen hingegen bereits seit Anfang 2014 spürbar zu. Hier macht sich insbesondere die Konjunkturbelebung im Euro-Raum bemerkbar, der den Löwenanteil der deutschen Stahlexporte aufnimmt. Andererseits waren die Einfuhren seit Anfang 2014 tendenziell rückläufig. Erst zuletzt waren sie wieder leicht aufwärts gerichtet, liegen allerdings immer noch unter dem Niveau des Vorjahres. Zu den schwachen Einfuhren dürfte eine vorsichtigere Disposition des Stahlhandels beigetragen haben, der seine Lagerbestände zuletzt reduzierte.


Deutsche Stahlproduktion wächst im kommenden Jahr um 2,1%, ist 2015 jedoch um 0,6% rückläufig

Alles in allem ist gleichwohl zu erwarten, dass die Rohstahlerzeugung im Prognosezeitraum zunimmt. Für den Durchschnitt dieses Jahres zeichnet sich allerdings aufgrund der ungünstigen Vorgaben aus dem ersten Halbjahr ein leichter Produktionsrückgang um 0,6% ab. Dazu trägt auch bei, dass die Edelstahlproduktion im Bochumer Werk von Outokumpu stillgelegt wurde. Für das kommende Jahr prognostiziert das RWI ein Plus um 2,1% auf eine Jahreserzeugung von 43,6 Mill. Tonnen. Damit läge die Kapazitätsauslastung der deutschen Stahlindustrie bei knapp 89%.

Die weltweite Stahlproduktion hingegen lag in den ersten fünf Monaten dieses Jahres um 1,7% unter der im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Vieles deutet darauf hin, dass sie im Jahr 2015 zum ersten Mal seit der großen Rezession rückläufig sein wird: Im Euro-Raum hat sich die Produktion zwar stabilisiert, die USA und Japan erzeugen aber deutlich weniger und die Produktion in China ist aufgrund der angestrebten Verschiebung der Produktionsstruktur zugunsten von Konsumgütern und Dienstleistungen seit nunmehr fast zwei Jahren tendenziell rückläufig. Letzteres wirkt sich sowohl - aufgrund der inzwischen in China beträchtlichen Überkapazitäten - auf die Stahlpreise als auch auf die für die Stahlindustrie relevanten Rohstoffmärkte aus. Die Preise für Eisenerz und Kohle sind nunmehr seit Jahresbeginn 2014 mehr oder weniger kontinuierlich gesunken.


Weltweite Stahlerzeugung: Trotz konjunktureller Belebung nur noch langsames Wachstum zu erwarten

Für den Prognosezeitraum ist zwar eine allmähliche Belebung der internationalen Konjunktur zu erwarten, was die Nachfrage nach Stahl erfahrungsgemäß überproportional steigen lässt. Zugleich ist aber - vor allem aufgrund der Entwicklung in China - die Expansion weniger stahlintensiv geworden. Vor diesem Hintergrund dürfte der im ersten Halbjahr beobachtete Rückgang der Erzeugung in der zweiten Jahreshälfte nicht aufgeholt werden und die weltweite Rohstahlerzeugung damit im Jahr 2015 um 0,7% sinken. Für das kommende Jahr ist eine Zunahme um rund 1,5% zu erwarten.

Die Phase kräftiger Zuwächse in der weltweiten Stahlerzeugung scheint vorüber zu sein. Darauf muss die derzeit noch auf hohe Zuwächse ausgerichtete Industrie notgedrungen reagieren. Der damit verbundene Anpassung ist jedoch schwierig: Zum einen sind Hochöfen vergleichsweise langlebige Kapitalgüter, zum anderen erfordern Planung und Bau von Stahlwerken eine recht lange Zeit. Hinzu kommt, dass viele Staaten die Stahlindustrie subventionieren. An dem Problem der niedrigen Kapazitätsauslastung in der Stahlindustrie dürfte sich vor diesem Hintergrund vorerst nichts ändern.

Weltweit ist zu erwarten, dass die Erzeugungskapazitäten in den kommenden Jahren sogar noch steigen, insbesondere in Asien, wo sich noch viele Stahlwerke im Bau befinden. Vor diesem Hintergrund ist zu befürchten, dass viele Produzenten versuchen werden, ihre Kapazitätsauslastung durch vermehrte Exporte zu verbessern. Bei einer nur noch langsam wachsenden Nachfrage nach Stahl könnte dies für die Unternehmen aber zu einem gefährlichen Preiskampf führen - die Stahlpreise sind mittlerweile bereits deutlich gesunken.


Dieser Pressemitteilung liegt der "Stahlbericht" aus dem aktuellen Konjunkturbericht des RWI "Die wirtschaftliche Entwicklung im Frühsommer 2015" (Heft 2/2015) zugrunde.


Weitere Informationen unter:
http://www.rwi-essen.de/media/content/pages/publikationen/rwi-konjunkturberichte/rwi-kb_2-2015.pdf
- RWI Konjunkturbericht Heft 2/2015 (PDF)

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution145

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung e.V.,
Katharina Fischer, 14.07.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juli 2015

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