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REDE/467: Bundesminister Brüderle anläßlich des 2. E-Energy-Jahreskongresses (BMWi)


Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie - Berlin, 11. Januar 2011

"E-Energy" Jahreskongress

Rede des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie Rainer Brüderle anlässlich der Eröffnung des zweiten "E-Energy" Jahreskongresses


Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Müller,
sehr geehrter Herr Prof. Wucherer,
sehr geehrter Herr Dr. Schnappauf,
sehr geehrter Herr Prof. Scheer,
sehr geehrte Damen und Herren.

Erst kürzlich konnte man es wieder lesen:

Am ersten Weihnachtsfeiertag steigt der Stromverbrauch spürbar an.

Experten sprechen von der "Gänsebratenspitze".

So eine Weihnachtsgans muss eben einige Stunden im Ofen schmoren.

Dazu kommen die Lichterketten und Festbeleuchtung, die uns das Fest verschönern.

An Weihnachten ist der erhöhte Stromverbrauch damit absehbar.

Doch einen vollständigen Überblick über Stromangebot und Nachfrage haben wir nicht.

Auch an einer optimierten Abstimmung von Angebot und Nachfrage mangelt es.

Das wollen wir ändern:

Dazu brauchen wir intelligente Stromnetze - die so genannten "Smart Grids".

In diesem Sinne begrüße ich Sie sehr herzlich zum "E-Energy" Jahreskongress.

Seit dem ersten "E-Energy" Jahreskongress im November 2009 ist einiges passiert.

Die neue Bundesregierung hat Entschlossenheit und Gestaltungswillen gezeigt.

Wir richten die Energiepolitik langfristig aus.

Mit unserem Energiekonzept haben wir erstmals eine technologieoffene und marktorientierte Grundlage für die Energiewende geschaffen.

Die Kernbotschaft lautet:

Der Weg in das regenerative Energiezeitalter ist möglich.

Er ist eine große Chance für unser Land.

Doch dieser Weg ist nicht einfach. Er braucht Zeit und kostet Geld.

Der besondere Wert des Energiekonzepts ist:

Wir setzen uns Ziele.
Wir benennen die konkreten Maßnahmen, um die Ziele zu erreichen.
Und wir legen ein solides Finanzierungskonzept vor.

Im Mittelpunkt stehen die Erneuerbaren Energien, der Ausbau der Netzinfrastruktur und die Steigerung der Energieeffizienz.

Den größten Veränderungsdruck gibt es bei den Stromnetzen.

Dabei geht es sowohl um den Ausbau als auch um den Umbau der Netzinfrastruktur.

Wir brauchen 3.600 Kilometer neue Leitungen.

Das entspricht der Strecke von Kiel nach München mal vier.

Die neuen Stromtrassen sind für uns zwingend.

Sonst haben wir am Ende zwar Offshore-Windparks in der Nordsee.

Doch den dort produzierten Strom können wir nicht über die Lüneburger Heide hinaus leiten.

Es gilt: Ohne Netzausbau gibt es kein regeneratives Zeitalter.

Die Bürger müssen dabei mit am Tisch sitzen.

Große Infrastrukturprojekte müssen gemeinsam mit ihnen geplant und durchgeführt werden.

Ich habe daher einen nationalen Pakt für neue Netze vorgeschlagen.

Ziel des Paktes sollte es sein, die Bürger beim Netzausbau des regenerativen Zeitalters zu beteiligen.

In diesem Zusammenhang ist die Netzplattform beim BMWi zu sehen.

Damit bringen wir die wichtigsten Interessensträger an einen Tisch.

Genau so wichtig wie der Bau der neuen Netze ist der Umbau der vorhandenen Stromnetze.

Wir haben bisher ein recht einfach strukturiertes
Einbahnstraßen-System für den Stromtransfer.

Das müssen wir zu einem intelligenten System umbauen.

Es soll hochkomplex und dynamisch sein.

Was wir brauchen, ist quasi ein Internet der Energie.

Mit modernen Informations- und Kommunikationstechnologien können wir die Akteure vernetzen. So können wir ihre Aktivitäten optimal aufeinander abstimmen.

Die wetterabhängigen Erneuerbaren Energien können wir so besser in unsere Energieversorgung integrieren.

Denn die Sonne scheint nicht immer, wenn wir den Festtagsbraten zubereiten wollen.

Und der Wind weht nicht immer dann, wenn wir das Licht anschalten.

Gerade der Strom aus den erneuerbaren Energiequellen schwankt stark.

Stromverbrauch und Energieerzeugung müssen deshalb intelligent ausbalanciert werden.

Mit IKT können wir den Verbrauch besser steuern.

So genannte Energieassistenten können Unternehmen und Haushalten beim Strom-Management helfen.

In flexiblen Bereichen rufen sie den Strom dann ab, wenn die Auslastung der Stromnetze niedrig ist.

Ich denke dabei zum Beispiel an Kühlhäuser.

Hier werden die neuen faszinierenden Möglichkeiten schon angewendet.

Denn Kühlhäuser haben bei der Temperatur einen Toleranzbereich.

Sie könnten dann gekühlt werden, wenn gerade viel Strom auf dem Markt angeboten wird.

Also zum Beispiel bei Starkwind statt bei Flaute.

Doch IKT helfen nicht nur bei der Steuerung des Verbrauchs.

Wir brauchen sie auch, um dezentrale Stromerzeuger in die Netze einzubinden.

Bei der Entwicklung neuer Speichertechnologien spielen sie ebenfalls eine wichtige Rolle.

Wegen der Erneuerbaren Energien brauchen wir viele neue Speicher.

Zum Beispiel könnten die Elektrofahrzeuge mit ihren neuartigen Batterien als Stromspeicher dienen.

Und schließlich können wir mit den IKT eine Art Navigationsgerät für den Stromtransfer aufbauen.

Neue Kommunikationssysteme melden dann Strom-Staus in den Leitungen.

Und neue Leitsysteme umgehen diese Störung über eine Umleitung.

So können wir unsere Netze optimal nutzen.

Das gewährleistet Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit.

Mit unserem Förderprogramm "E-Energy" wollen wir den Aufbau eines Internets der Energie unterstützen.

Es ist ein zentraler Baustein unserer Technologiepolitik.

Zahlreiche Experten arbeiten hier branchenübergreifend zusammen.

Das fördert die enge Zusammenarbeit von IKT- und Energiewirtschaft.

Wir haben bei "E-Energy" tatkräftige Partner an Bord.

Das ist eine gute Sache.

Denn die energiewirtschaftlichen Herausforderungen kann niemand im Alleingang meistern.

Wir wollen gemeinsam klären, was technisch machbar und was wirtschaftlich sinnvoll ist.

Deshalb haben wir in einem Wettbewerb sechs regional verankerte Modellprojekte ausgewählt.

Vor rund zwei Jahren haben diese Modellregionen mit ihren Aktivitäten losgelegt.

Mittlerweile befinden wir uns in der praktischen Erprobung mit mehr als 5.000 Teilnehmern.

Die Modellregionen werden dabei von uns mit insgesamt rund 60 Millionen Euro unterstützt: vom BMWi 40 Mio. Euro und vom BMU 20 Mio. Euro.

Die beteiligten Partner tragen einen weiteren maßgeblichen Finanzierungsbeitrag von 80 Millionen Euro.

Das ergibt insgesamt eine beachtliche Summe.

Doch dabei müssen wir über den deutschen Tellerrand schauen. Nur dann ergibt das Ganze richtig Sinn.

Denn sonst haben wir statt eines Internets der Energie nur ein Intranet der Energie in Deutschland.

Gleichzeitig müssen wir neue Fragen klären.

Ich denke dabei zum Beispiel an den Datenschutz.

Denn die intelligenten Stromzähler sammeln Informationen zu unserem Stromverbrauch.

Und der kann Auskunft geben über persönliche Gewohnheiten und Vorlieben.

Da brauchen wir ein Schutzprofil für die Bürger.

Deswegen haben wir uns einen starken Partner ins Boot geholt:

das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik.

Meine Damen und Herren,

"E-Energy" kann die Modernisierung der Energiewirtschaft fördern.

Davon bin ich überzeugt.

Denn es erleichtert den Rollenwechsel der Kunden.

Aus dem bisher rein passiven Stromabnehmer kann ein aktiver Marktteilnehmer werden.

Er kann selbst Strom erzeugen und auf elektronischen Marktplätzen anbieten.

So entstehen neue dezentrale Stromversorgungseinheiten.

"E-Energy" ist damit ein Weg zu mehr Transparenz und Wettbewerb.

Diese Chancen müssen wir nutzen.

Auf unserem Kongress stellen wir Ihnen die verschiedenen Handlungsfelder und Akteure von "E-Energy" vor.

Nutzen Sie die Gelegenheit, sie näher kennen zu lernen.


Weiterführende Informationen

Brüderle eröffnet zweiten E-Energy Jahreskongress
Praxislösungen aus 6 Modellregionen weisen den Weg zur intelligenten Stromversorgung
http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Presse/pressemitteilungen,did=376170.html

E-Energy Kongress 2011
http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Service/veranstaltungen,did=371812.html

E-Energy: IKT-basiertes Energiesystem der Zukunft
http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Technologie-und-Innovation/Digitale-Welt/Internet-der-Energie/e- energy,did=360602.html

Intelligente Netze ("Smart Grids")
http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Energie/Energietraeger/netze,did=354138.html

Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung
http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Energie/Energiepolitik/energiekonzept,did=360932.html

E-Energy (www.e-energy.de)
http://www.e-energy.de/


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Quelle:
BMWi-Pressemitteilung vom 11. Januar 2011
Herausgeber: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
Pressestelle des BMWi
Telefon: 03018-615-6121 oder -6131
E-Mail: buero-L2@bmwi.bund.de
Internet: http://www.bmwi.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Januar 2011