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ROHSTOFFE/044: Bergbau nach Wild-West-Manier - Experten fordern Regeln (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. September 2011

Wirtschaft: Bergbau nach Wild-West-Manier - Experten fordern Regeln

Von Amanda Wilson


Washington, 28. September (IPS) - In der scheinbar gesetzlosen globalen Welt plündern Bergbauunternehmen die letzten wertvollen Ressourcen und lassen den Staaten, denen sie gehören, nur wenig übrig. Wirtschaftsexperten verlangen daher stärkere Reglementierungen und mehr Informationen für die Bürger.

Paul Collier, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität Oxford, mahnt eine bessere Kontrolle der Förderung von Bodenschätzen an, um den weiteren Missbrauch zu verhindern. Gesetze dazu gebe es schließlich, sagte er auf einer Veranstaltung von 'Revenue Watch Institutes' (RWI) in Washington. Die Zivilgesellschaft spiele dabei eine wichtige Rolle. RWI berät Regierungen und Bürgergruppen bei der effizienten und nachhaltigen Nutzung von Ressourcen.

In Buch 'Plundered Nations? Successes and Failures in Natural Ressource Extraction' ('Geplünderte Staaten - Erfolge und Rückschläge beim Abbau natürlicher Ressourcen') präsentieren Collier und sein Co-Autor Anthony Venables Fallstudien von acht Ländern mit reichen Bodenschatzvorkommen - Chile, Iran, Kamerun, Kasachstan, Malaysia. Nigeria, Russland und Sambia. Demnach haben nur Chile und Malaysia ihre Ressourcen klug genutzt.

Malaysia habe auf diese Weise zwischen 1970 und 2007 die Armutsrate von 50 auf weniger als vier Prozent der Bevölkerung gesenkt, schreiben die beiden Autoren. Collier zufolge müssen drei wichtige Schritte beachtet werden, um den Raubbau zu verhindern. Zunächst sollten sich die Regierungen die nötigen geologischen Informationen beschaffen, um den Wert der Ressourcen zu bestimmen. Erst dann sollten Unternehmen Grabungen durchführen.


Steuerrücklagen bilden

"Wenige können derzeit viele bestehlen, und die Gegenwart kann sich das aneignen, was der Zukunft gehört", erklärte Collier. Natürliche Ressourcen sollten jedoch auch den kommenden Generationen zugute kommen. Deshalb rät der Experte den Regierungen außerdem dazu, einen "substanziellen" Teil der Einnahmen aus der Förderung in Form von Steuern zurückzubehalten. Mit diesem Geld sollten dann Projekte durchgeführt werden, die den Lebensstandard der Bevölkerung verbessern und eine stärkere Differenzierung der Wirtschaft ermöglichen soll.

RWI-Geschäftsführerin Karin Lissakers macht unzureichende Bestimmungen in den Fördergebieten dafür verantwortlich, dass viele Länder nicht von ihren eigenen Ressourcen profitieren könnten. "Mit öffentlichen Rechnungsprüfungen, Gesetzen zur Lösung von Interessenskonflikten und verbindlichen Verpflichtungen der Unternehmen zur Einhaltung von Standards können die Einkünfte erhöht werden", erklärte Lissakers, die eine Offenlegung aller Verträge fordert.

Guinea, ein an Kupfervorkommen reiches Land in Afrika, habe Anfang September ein neues Minengesetz verabschiedet, berichtete die Expertin. RWI habe bei der Planung Unterstützung geleistet. Das Gesetz sieht eine doppelte Besteuerung der Eisenerz-Extraktion vor. Dadurch kann das Land zusätzliche Einnahmen von drei Milliarden US-Dollar jährlich erwarten. Laut der Online-Publikation 'Think African Press' müssen 47 Prozent der Einwohner Guineas mit umgerechnet weniger als einem Dollar am Tag auskommen.

Collier sieht die Billigung durch die Regierung lediglich als ersten Schritt zu einer effizienten Umsetzung eines Gesetzes über den Abbau von Bodenschätzen. Notwendig sei auch eine "kritische Masse an Bürgern, die wissen, wozu die Regelungen nutzen". Wichtige Hilfe bei der Sensibilisierung der Bevölkerung kann nach Ansicht des Ökonomen die 'Extractive Industries Transparency Initiative' (EITI) leisten. Sie beinhaltet Grundsätze, nach denen Bergbaufirmen unter anderem offenlegen müssen, wie viel Steuern sie abführen. Die Regierungen müssen wiederum diese Einkünfte veröffentlichen.


US-Regierung bekennt sich zu Transparenz-Initiative

EITI wird von den Vereinten Nationen, der Weltbank sowie zivilgesellschaftlichen Organisationen wie der 'Open Society Foundation', 'Publish What You Pay International' und 'Oxfam' finanziert und unterstützt.

Als kürzlich in New York die Transparenz-Initiative 'Open Government Partnership' (OGP) vorgestellt wurde, kündigte US-Präsident Barack Obama die Umsetzung von EITI an. In 35 Staaten ist dies bereits der Fall. Ein in Kanada geplantes Gesetz zur Reglementierung des Bergbausektors scheiterte dagegen im vergangenen Jahr knapp im Parlament. Nach Ansicht von Collier hätte das Ergebnis anders ausfallen können, wenn die kanadischen Bürger zuvor Druck auf die Parlamentarier ausgeübt hätten. (Ende/IPS/ck/2011)


Links:
http://www.revenuewatch.org/
http://eiti.org/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=105247

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 28. September 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. September 2011