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UNTERNEHMEN/2392: Weckruf an die Industrie - Gute Produkte reichen langfristig nicht aus (idw)


acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften - 10.03.2014

Weckruf an die Industrie: Gute Produkte reichen langfristig nicht aus



Hannover, 10. März 2014. Smart Services sind die neuen Produkte und gehören mit auf die Digitale Agenda. Produkte und internetbasierte Dienste verschmelzen im Zeitalter der Industrie 4.0 zunehmend zu Smart Services. Die deutsche Wirtschaft mit ihrem starken industriellen Kern muss sich diesem Wandel stellen, weil schon heute Internetunternehmen in klassische Branchen vordringen. Deshalb hat der Arbeitskreis Smart Service Welt Bundeskanzlerin Angela Merkel am 10. März 2014 Handlungsempfehlungen für eine digitale Leitanbieterschaft bei Smart Services Made in Germany übergeben.

Der Arbeitskreis Smart Service Welt empfiehlt nachdrücklich allen Unternehmen, sich auf die Digitalisierung und Vernetzung einzustellen. Die Experten sehen in den Smart Services neue Chancen und Herausforderungen für den deutschen Wirtschaftsstandort mit seinen vielen produzierenden Weltmarktführern. Smart Services verändern die Arbeitsteilung von Produzenten, Zulieferern und Dienstleistern sowie ihre Geschäftsmodelle. Auch internetferne Branchen werden künftig Produkte und digitale Geschäftsmodelle zu Smart Services bündeln. Damit sich traditionsreiche Hersteller langfristig nicht als Dienstleister wiederfinden, muss Deutschland Leitanbieter bei Smart Services und den ihnen zugrundeliegenden Plattformen werden. Die Voraussetzungen sind dank hochmoderner Unternehmen im industriellen Kern, qualifizierter Belegschaften und leistungsfähiger Forschungsinfrastrukturen gut.

Die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Brigitte Zypries: "Die Digitalisierung der Wirtschaft hat für uns hohe Priorität. Kernstück ist das Zukunftsprojekt Industrie 4.0. Es reicht aber nicht, sich nur auf die Industrie zu konzentrieren. Die Digitalisierung muss alle Bereiche der Wirtschaft erfassen. Das neue Zukunftsprojekt Smart Service Welt gibt uns wichtige und konkrete Handlungsempfehlungen für die weitere Umsetzung von Industrie 4.0. Mit Smart Services Made in Germany können wir zu einem führenden Anbieter in diesem Bereich werden."

Der Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften und Co-Vorsitzender des Arbeitskreises Smart Service Welt, Henning Kagermann: "Das Verhältnis von Originalherstellern, Zulieferern und Dienstleistern wird in den kommenden Jahren neu definiert. Internetunternehmen investieren bereits in klassische Branchen. Unsere Empfehlungen sind ein Weckruf und ein Beitrag für Deutschlands Digitale Agenda."


Die Wirtschaft steht vor einem Paradigmenwechsel

Die Kombination von digitalen und physischen Diensten ermöglicht personalisierte Produkt-Service-Pakete und damit eine Fülle von innovativen Geschäftsmodellen. Nicht mehr einzelne Anbieter mit ihren Produkten stehen dabei im Zentrum, sondern die Konsumenten. Wer die dafür nötigen Allianzen schließt, hat einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. In neuen Ökosystemen kooperieren produzierende Unternehmen, Dienstleister und Internetunternehmen. Der Arbeitskreis empfiehlt daher, Nationale Kompetenzzentren einzurichten, in denen Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft eine Strategie zum Aufbau von Smart Service Plattformen erarbeiten.

Der Vorsitzender der Geschäftsführung von Accenture Deutschland, Frank Riemensperger: "Es entstehen neue, digitale Kontrollpunkte, die wir nicht den Internetgiganten überlassen sollten. Für Unternehmen ist es jetzt an der Zeit, ihren Platz im neuen Ökosystem zu finden. Nur so wird die deutsche Industrie ihre starke Position im globalen Wettbewerb behaupten, wenn nicht sogar ausbauen können."


Smart Services brauchen eine neue digitale Infrastruktur

Im Zentrum der künftigen Wirtschaft stehen digital-anschlussfähige Produkte und Services, die auf software-definierten Plattformen und Serviceplattformen angeboten und kombiniert werden. Lernende Algorithmen verknüpfen die von den intelligenten Produkten gelieferten Daten in Echtzeit zu neuen Informationen (Smart Data). Anwendungsbeispiele zeigen den konkreten Mehrwert: Siemens verbindet intelligente Geräte im Betrieb über eine software-definierte Plattform. Mit Hilfe der so gesammelten Betriebsdaten von Anlagen werden Störungen frühzeitig erkannt, Wartungsintervalle verbessert und der Gesamtbetrieb optimiert, beispielsweise durch präventive Instandhaltungsmaßnahmen.

Das Start-up Blue Yonder bietet Services im Bereich der Ersatzteillogistik an: Auf Basis der Echtzeitdaten der Maschinen und von externen Daten wie Wettervorhersagen wird der Bedarf von Ersatzteilen an allen Niederlassungen weltweit vorhergesagt.

"Internetbasierte Dienste für die Wirtschaft" ist ein Zukunftsprojekt der Bundesregierung und wurde von der Promotorengruppe "Digitale Wirtschaft und Gesellschaft" der Forschungsunion Wirtschaft - Wissenschaft initiiert. Nach dem ersten Zukunftsprojekt "Industrie 4.0" rückt das Internet der Dienste in den Fokus. Koordiniert von acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften hat der Arbeitskreis Smart Service Welt seit März 2013 die Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt erarbeitet.


Über den Arbeitskreis Smart Service Welt
Der Arbeitskreis Smart Service Welt wurde durch die Promotorengruppe "Digitale Wirtschaft und Gesellschaft" der Forschungsunion Wirtschaft - Wissenschaft im März 2013 einberufen und versammelt über 150 Vertreter von 90 Institutionen aus Industrie, Wissenschaft, Gewerkschaften, Verbänden und Verwaltungseinrichtungen. Damit wurde dem Befund Rechnung getragen, dass die Smart Service Welt nicht nur aus technologischer Perspektive, sondern auch in Bezug auf die Zusammenarbeit der einzubindenden Akteure ein auf hochgradige Vernetzung angewiesenes Innovationsfeld ist. Die Vorsitzenden des Arbeitskreises sind Henning Kagermann, Präsident von acatech, und Frank Riemensperger, Vorsitzender der Geschäftsführung von Accenture Deutschland. In fünf disziplin- und sektorenübergreifenden Arbeitsgruppen unter der Leitung von Dirk Hoke (Siemens AG, AG 1), Dr. Johannes Helbig (Deutsche Post DHL, AG 2), Dirk Stocksmeier (]init[ AG, ebenfalls AG 2), Prof. Dr. Wolfgang Wahlster (DFKI, AG 3), Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer (Scheer Group GmbH, AG 4) und Dieter Schweer (BDI, AG 5) erarbeitete der Arbeitskreis die auf der CeBIT 2014 vorgelegten Umsetzungsempfehlungen. Der Arbeitskreis wird seine Arbeit in den nächsten Monaten in wechselnden Formaten fortsetzen und die Transformation zur Smart Service Welt weiter vorantreiben.

Über acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften
acatech vertritt die deutschen Technikwissenschaften im In- und Ausland in selbstbestimmter, unabhängiger und gemeinwohlorientierter Weise. Als Arbeitsakademie berät acatech Politik und Gesellschaft in technikwissenschaftlichen und technologiepolitischen Zukunftsfragen.

Darüber hinaus hat es sich acatech zum Ziel gesetzt, den Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu unterstützen und den technikwissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern. Zu den Mitgliedern der Akademie zählen herausragende Wissenschaftler aus Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen. acatech finanziert sich durch eine institutionelle Förderung von Bund und Ländern sowie durch Spenden und projektbezogene Drittmittel. Um die Akzeptanz des technischen Fortschritts in Deutschland zu fördern und das Potenzial zukunftsweisender Technologien für Wirtschaft und Gesellschaft deutlich zu machen, veranstaltet acatech Symposien, Foren, Podiumsdiskussionen und Workshops.

Mit Studien, Empfehlungen und Stellungnahmen wendet sich acatech an die Öffentlichkeit. acatech besteht aus drei Organen: Die Mitglieder der Akademie sind in der Mitgliederversammlung organisiert; das Präsidium, das von den Mitgliedern und Senatoren der Akademie bestimmt wird, lenkt die Arbeit; ein Senat mit namhaften Persönlichkeiten vor allem aus der Industrie, aus der Wissenschaft und aus der Politik berät acatech in Fragen der strategischen Ausrichtung und sorgt für den Austausch mit der Wirtschaft und anderen Wissenschaftsorganisationen in Deutschland. Die Geschäftsstelle von acatech befindet sich in München; zudem ist acatech mit einem Hauptstadtbüro in Berlin und einem Büro in Brüssel vertreten.

Über Accenture
Accenture ist ein weltweit agierender Managementberatungs-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleister mit rund 281.000 Mitarbeitern, die für Kunden in über 120 Ländern tätig sind. Als Partner für große Business-Transformationen bringt das Unternehmen umfassende Projekterfahrung, fundierte Fähigkeiten über alle Branchen und Unternehmensbereiche hinweg und Wissen aus qualifizierten Analysen der weltweit erfolgreichsten Unternehmen in eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit seinen Kunden ein. Accenture erwirtschaftete im vergangenen Fiskaljahr (zum 31. August 2013) einen Nettoumsatz von 28,6 Mrd. US-Dollar. Die Internetadresse lautet www.accenture.de

Weitere Informationen unter:
http://www.acatech.de/smart-service-welt

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution858

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften,
Christoph Uhlhaas M.A., 10.03.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. März 2014