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GRUNDGESETZ/123: Koalitionsvertrag darf die Freiheitsrechte der Bürger nicht beschneiden (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 27. November 2013

Koalitionsvertrag darf die Freiheitsrechte der Bürger nicht beschneiden

- DAV mahnt zur Vorsicht -



Berlin (DAV). Der heute Mittag veröffentlichte Koalitionsvertrag enthält nach Ansicht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) positive Ergebnisse, aber auch Zielsetzungen, die die Freiheitsrechte der Bürger zu schwächen drohen. Große Sorgen bereitet, dass die lange umstrittene Vorratsdatenspeicherung eingeführt werden soll. Die Anwälte in Deutschland lehnen nach wie vor die Vorratsdatenspeicherung strikt ab. Die Freiheitsrechte der Bürger werden dadurch übermäßig beschränkt. Zugleich ist ein umfassender Schutz des Anwaltsgeheimnisses unerlässlich. Auch die geplanten Änderungen im Strafrecht dürfen nicht zu Ungerechtigkeiten führen. Dies gilt sowohl für ein in Deutschland völlig neues Unternehmensstrafrecht als auch für die Einführung eines Fahrverbots als eigenständige Strafe. Positiv ist das Bekenntnis der Koalitionspartner, sich für den Erhalt der Selbstverwaltung von Kammern und Verbänden in den freien Berufen auf europäischer Ebene einzusetzen. Dies stärkt die Freiheit. Ferner begrüßt der DAV die Förderung des Projektes "Law - Made in Germany", welches vom DAV mitinitiiert wurde. Positiv ist auch der Wegfall der Optionspflicht für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern, wodurch eine langjährige Forderung des DAV erfüllt wird.

"Die neue Bundesregierung darf nicht die Bürger- und Freiheitsrechte schwächen", so Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Ewer, DAV-Präsident, in Berlin. "Die Datenspeicherung auf Vorrat ist weder praktikabel noch verhältnismäßig und deshalb nicht mit den Freiheitsrechten aus Grundgesetz und EU-Grundrechtecharta vereinbar." Die EU-Richtlinie, welche die Bundesregierung nun umsetzen wolle, müsse grundlegend überarbeitet werden. Schließlich sei der EuGH derzeit noch mit der Prüfung der EU-Richtlinie anhand Unionsrechts befasst. Das Grundrecht auf Privatheit gelte als Menschenrecht und müsse geschützt werden. Vor diesem Hintergrund sollte der Datenschutz vollständig in die Zuständigkeit des BMJ überführt werden, schlägt Ewer vor. Außerdem dürfe die Bedeutung des Datenschutzes nicht dadurch in Vergessenheit geraten, dass die Stiftung Datenschutz laut Koalitionsvertrag in die Stiftung Warentest integriert werden solle. Der DAV begrüßt das Bekenntnis zum elektronischen Rechtsverkehr.

Anwälte schützen Bürger bei der Verteidigung ihrer Freiheitsrechte und erfüllen eine unentbehrliche Rolle im und für den funktionierenden Rechtsstaat. "Der DAV fordert daher in allen Bundes- und Landesgesetzen das ausdrückliche Verbot polizeilicher und strafprozessualer Eingriffe mittels heimlicher Ermittlungsmethoden in ein geschütztes Vertrauensverhältnis", wiederholt Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Ewer. Es gehe darum, Freiheit zu gestalten.

Der DAV werde intensiv die Regierungsarbeit begleiten, die Wahrung der Freiheitsrechte anmahnen und vor ungewollten Ungerechtigkeiten warnen. Dies gelte auch im Strafrecht, so z. B. bei der im Vertrag angekündigten Prüfung eines - in Deutschland völlig neuen - Unternehmensstrafrechts oder auch bei der Einführung eines Fahrverbots als eigenständige Strafe im Erwachsenen- und Jugendstrafrecht, fährt Ewer fort. Dass der DAV bei seinem Einsatz für die Freiheitsrechte beharrlich sei, zeige z. B. der Wegfall der Optionspflicht für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern. Der DAV habe die Abschaffung der Optionspflicht immer wieder gefordert. Deutschland sei das einzige Land mit dieser Optionspflicht gewesen, welche im Übrigen auch vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als nicht mit der EMRK vereinbar angesehen wurde.

Ein weiteres Beispiel sei das gemeinsame Projekt "Law - Made in Germany", welches der DAV mit ins Leben gerufen habe. Trotz Optimierungsbedarfs an einzelnen Stellen habe Deutschland ein im Großen und Ganzen hervorragend funktionierendes Rechtsschutzsystem. Dies sei ein wichtiger Standortfaktor für Deutschland. "Wenn dieser Standortfaktor nicht an Strahlkraft einbüßen soll, muss er gepflegt werden", erklärt Rechtsanwalt Prof. Dr. Ewer. Die Stärkung und internationale Präsentation dieses Rechtssystems kann erheblich dazu beitragen, auch in Drittländern die Rechts- und damit Investitionssicherheit für deutsche Kapital- und Warenexporte zu erhöhen.

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 40/13 vom 27. November 2013
Deutscher Anwaltverein (DAV)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Dezember 2013