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INTERNATIONAL/012: Kongo - Im Ehebett mit HIV infiziert, Frau verklagt HIV-positiven Partner und gewinnt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 3. März 2011

Kongo: Im Ehebett mit HIV infiziert - Frau verklagt HIV-positiven Partner und gewinnt

Von Arsène Séverin


Pointe-Noire, Kongo, 3. März (IPS) - Erstmals wurde in der Republik Kongo ein Mann verurteilt, der seine Frau mit HIV angesteckt hatte. Ein Gericht befand den Angeklagten für schuldig, seine HIV-Infektion vorsätzlich zehn Jahre lang verschwiegen und beim Sex im Ehebett auf Kondome verzichtet zu haben.

Die Strafkammer des Gerichtes von Pointe-Noire, der Wirtschaftsmetropole des westafrikanischen Landes, will den Angeklagten Eustache Mbouayemou für 15 Jahre hinter Gitter schicken und sprach seiner Frau umgerechnet 200.000 US-Dollar Schadenersatz zu. Die Verteidigung kündigte an, in Revision zu gehen.

Im Dezember 2010 verabschiedete das kongolesische Parlament ein Gesetz zum Schutz von HIV-Infizierten und Nichtinfizierten. Damit es in Kraft treten kann, muss es von Staatspräsident Denis Sassou Nguesso noch unterschrieben werden. Unterdessen bemühen sich Nichtregierungsorganisationen in Workshops, der breiten Bevölkerung den Inhalt der neuen Bestimmungen zu erklären.


Urteil kontrovers diskutiert

Das Aufsehen erregende Gerichtsurteil hat im Kongo unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Heftige Kritik kam vor allem von HIV-Patienten und ihren zivilen Organisationen. "Ich bin entsetzt und verstehe nicht, was da passiert ist", erklärte der Arzt Jean-Pierre Kouendolo, der in Pointe-Noire die Behörde für den gemeinsamen Kampf gegen HIV/Aids leitet. "Die Richter müssen gute Gründe gehabt haben, wenn sie diesen Kranken verurteilten und ihn im Fernsehen vorführten", meinte er Arzt.

"Ich akzeptiere dieses Urteil nicht, denn es ist illegal", meinte Thierry Maba, selbst HIV-Patient und Vorsitzender des Verbands junger HIV-Positiver im Kongo in der Hauptstadt Brazzaville. Die 35-jährige Simone, eine HIV-Patientin aus Pointe-Noire, klagte: "Der Staat sollte uns schützen. Doch für den Kranken bedeuten 15 Jahre Haft das Todesurteil."

Anders reagierte Pascal Loembe-Bissi, Vorsitzender des 'Club Santé-SIDA' in Mpaka, einem Stadtviertel in Pointe-Noire. Er begrüßte das Urteil. "Wenn die Richter nicht gegen die ständig wachsende Zahl böswilliger HIV-Positiver vorgehen, werden wir alle angesteckt. Alle haben das Urteil zur Kenntnis genommen, Kranke wie nicht Infizierte."

Auch Raymond Nzondo, der Anwalt de Klägerin, zeigte sich mit dem Urteil zufrieden. "Das Verhalten des Angeklagten war absichtsvoll und kriminell. Er wusste, dass er krank war und versteckte die ihm verschriebenen Medikamente vor seiner Frau", erklärte er und fügte hinzu: Dieser Prozess dürfte vielen Kranken Mut machen, in ähnlichen Fällen die Gerichte anzurufen" meinte er.

Doch Verteidiger Irenée Malango gibt nicht auf und will das Urteil anfechten. "Auch Experten können uns nicht mit Gewissheit sagen, wer wen beim ersten Geschlechtsverkehr angesteckt hat. Schließlich hatten beide Eheleute vor der Heirat ihr eigenes Leben geführt und sich anderweitig umgesehen. (Ende/IPS/mp/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. März 2011