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INTERNATIONAL/094: Nigeria - Verfahren gegen Shell zeugt von Misstrauen gegenüber eigenen Gerichten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 31. Januar 2013

Nigeria: Verfahren gegen Shell zeugt vor allem von Misstrauen gegenüber der eigenen Gerichtsbarkeit

von Toye Olori



Lagos, Nigeria, 31. Januar (IPS) - Nach Ansicht von Menschenrechtsorganisationen hat das Gerichtsverfahren nigerianischer Dorfbewohner gegen den Erdölriesen Shell ein Schlaglicht auf die Unzulänglichkeit der nigerianischen Justiz geworfen. Schlecht sei, dass den Bürgern vor den eigenen Gerichten keine Gerechtigkeit widerfahre, gut, dass sie sich mit dieser Realität nicht mehr abfänden und sich außerhalb des Landes Hilfe suchten.

Fünf Bewohner aus dem erdölreichen Nigerdelta hatten 2008 in Den Haag, dem Firmensitz von 'Royal Dutch Shell', Klage wegen erlittener Einnahmenverluste durch Leckagen an der Leitung von 'Shell Nigeria' erhoben. Doch nur einer der Kläger - Friday Alfred Akpan aus der Ortschaft Ikot Ada Udo - konnte sich jetzt vor dem Tribunal durchsetzen. Wie er berichtete, hatte die Ölpest 47 Fischteiche - die Lebensgrundlagen seiner Familie - zerstört. Die Richter warfen der Shell-Niederlassung vor, in diesem konkreten Fall ihre Pipeline nicht angemessen vor Sabotageakten geschützt zu haben.

Nach Ansicht von Audrey Gaughran, Leiter des Afrika-Programms der Menschenrechtsorganisation 'Amnesty International' zeigt die Entscheidung des Haager Gerichts vor allem eins: dass es zwar möglich aber ausgesprochen schwierig ist, einen Multi wie Shell für die Verschmutzung des Niger-Deltas zur Verantwortung zu ziehen.

Gut 50 Prozent der nigerianischen Erdölexporte stammen aus dem Nigerdelta mit seinen 31 Millionen Einwohnern. Landwirtschaft und Fischerei sind die Haupteinnahmequellen der dort lebenden Menschen.

"Sicher ist es eine gute Nachricht, dass es wenigstens einem Kläger gelungen ist, die Hindernisse zu überwinden und sich Gerechtigkeit zu verschaffen", sagte Gaughran am 30. Januar in Lagos. "Doch die Tatsache, dass die anderen Klagen abgewiesen wurden, verdeutlicht die Schwierigkeit der Menschen im Nigerdelta, die durch Ölpesten alles verlieren, den Kampf um Gerechtigkeit zu gewinnen"


Eigene Justiz stärken

Nach Ansicht von Wale Fapohunda von der Nationalen Menschenrechtskommission in Lagos zeigt die Entscheidung der Kläger, vor das niederländische Zivilgericht zu ziehen, den Mangel an Vertrauen in die nigerianische Gerichtsbarkeit. "Wir müssen dafür sorgen, dass unsere eigene Justiz in der Lage ist, Menschenrechtsverletzungen zu ahnden, vor allem, wenn sie von multinationalen Konzernen begangen werden", sagte Fapohunda, ein ehemaliger Sekretär der Präsidialkommission für eine Justizverwaltungsreform in Nigeria.

Für Lawrence Quaker von der Menschenrechtsgruppe 'Human Rights Law Services' in Lagos ist der Fall ein gutes Beispiel dafür, dass sich Nigerianer nicht länger mit dem Versagen der nigerianischen Gerichtsbarkeit zufriedengeben, sondern alternative Wege beschreiten. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an die Verurteilung des ehemaligen Gouverneurs des Nigerdeltas, James Ibori, durch ein Gericht in Großbritannien. Im vergangenen April wurde Ibori wegen Veruntreuung von fast 77 Millionen US-Dollar, die für die Armen Nigerias bestimmt waren, verurteilt. In dem vorherigen Verfahren auf nigerianischen Boden hingegen war er freigesprochen worden. (Ende/IPS/kb/2013)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Februar 2013