Lebenslaute. klassische Musik - politische Aktion
Pressemitteilung vom 17. April 2023
Fünf Freisprüche für Lebenslaute-Aktivistinnen und -Aktivisten wegen angeblichen Hausfriedensbruchs im RWE-Braunkohletagebau Garzweiler II
Der Braunkohletagebau Garzweiler II ist nicht vollständig umfriedet. Darum begeht, wer ihn unbefugt betritt, keinen Hausfriedensbruch.
Das ist der Tenor von fünf aktuellen Urteilen der beiden letzten Wochen. Sie ergingen gegen Aktivistinnen und Aktivisten, die im Rahmen der Lebenslaute-Aktion "Mit Achteln und Triole gegen Klimakiller Kohle" am 15. August 2021 frühmorgens gemeinsam mit knapp hundert Gleichgesinnten an drei Stellen den Tagebau betreten, dort klassische Musik gemacht und damit die Produktion über einige Zeit zum Erliegen gebracht hatten (Aufruf, Berichte: https://www.lebenslaute.net/?page_id=4588).
Das Amtsgericht Mönchengladbach-Rheydt stellte fest: Sabine Sch., Susanne P., Alfons B., Gerd B. und Wolfgang R. sind vom Hausfriedensbruch freizusprechen. Alle fünf Urteilen beendeten zweit- bzw. drittinstanzliche Prozesse. Bei dreien von ihnen hatte ein anderer Richter desselben Amtsgerichts geurteilt: RWE müsse einen solch geringfügigen Eingriff wie einige Stunden unerwünschter Musik im Tagebau bei ruhender Produktion als Ausdruck des Grundrechts der Versammlungsfreiheit ertragen - schließlich habe der Konzern in der Vergangenheit ganz andere Eingriffe in seiner Umgebung getätigt und ganze Dörfer samt Kirchen und Friedhöfen vernichtet.
In ihren Stellungnahmen forderten die Angeklagten Freispruch aufgrund ihres Tatmotivs Klimaschutz. Im Sinne des Nachhaltigkeitsurteils-Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom April 2021 sehen sie sich vor dem staatlichen Versagen beim Klimaschutz nun in eigener Verantwortung für die Grundrechte zukünftiger Generationen.
Bei dem ursprünglich explizit politischen Urteil in drei der fünf Fälle blieb es nicht. Das Amtsgericht ließ allerdings in der aktuellen Urteilsbegründung viel Verständnis und Sympathie für die klimapolitischen Motive der Angeklagten durchblicken.
Es entsteht der Eindruck: nun, nachdem mit Lützerath ein weltweit bekanntes Symbol des Kampfs gegen fossile Energiegewinnung vernichtet werden konnte, möchte man solche Prozesse gern "versöhnlich" vom Tisch haben. Und so war auf einmal der Hausfriedensbruch keiner, weil in der Tat die Lebenslaute-Musiker:innen durch Lücken in der Umwallung des Tagebaus in diesen eingestiegen waren.
Eine andere Frage ist, ob die Staatsanwaltschaft, die vermutlich genau wußte, daß es letztlich hier zu keiner Verurteilung wegen Hausfriedensbruch kommen konnte und dennoch Anklage erhob, sich nicht ihrerseits der "Falschen Verdächtigung" (§ 164 StGB) schuldig gemacht hat.
Näheres zu unserer Einschätzung der Prozesse findet sich in einem
aktuellen Interview mit "Radio Lora", München:
http://live.lora924.de:8000/podcast/loramagazin-mittwoch.mp3
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Quelle:
Lebenslaute
AG Öffentlichkeitsarbeit
E-Mail: presse@lebenslaute.net
Internet: www.lebenslaute.net
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 18. April 2023
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