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REDE/019: Zypries - Entwurf zur Regelung des Urheberrechts, 05.07.07 (BPA)


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Rede der Bundesministerin der Justiz, Brigitte Zypries, zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vor dem Deutschen Bundestag am 5. Juli 2007 in Berlin:


Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Mit der heutigen Beratung und Abstimmung bringen wir ein wichtiges Projekt endlich an sein Ziel. Wir modernisieren das Urheberrecht und wir machen es fit für das digitale Zeitalter. Mit dieser Reform sorgen wir auch für einen fairen Interessenausgleich zwischen Urhebern und Nutzern geschützter Werke, und wir schaffen ein Gesetz, das die Selbstregulierung stärkt.

Es war kein einfaches Projekt. Beim Urheberrecht geht es um geistiges Eigentum, und dabei geht es auch um viel Geld. Alle Betroffenen haben deshalb mit großer Verve für ihre jeweiligen Interessen geworben. Das ist völlig in Ordnung. Ich bin gleichwohl froh, dass es uns gelungen ist, einen Kompromiss zu finden, von dem ich hoffe, dass alle Seiten damit gut werden leben können.

Drei Aspekte waren in den letzten Monaten ganz besonders umstritten.

Der erste Aspekt ist die Pauschalvergütung. Es bleibt mit diesem Gesetz dabei, dass die Privatkopie eines Werkes auch in der digitalen Welt erlaubt ist. Als Ausgleich dafür gibt es für den Urheber weiterhin die sogenannte Pauschalvergütung. Wie hoch diese Vergütung ist, werden die Beteiligten künftig selber festlegen. Das ist ein Paradigmenwechsel. Bisher hatte dies der Gesetzgeber festgelegt. Man muss allerdings hinzufügen, dass sich auf diesem Gebiet seit 1985 nichts mehr geändert hat. Dieser Paradigmenwechsel entspricht aber den allgemeinen wirtschaftlichen Strukturen in unserem Land. Ich hoffe, dass mit seiner Hilfe auch auf den immer rasanter werdenden technischen Fortschritt schneller reagiert werden kann, als das bisher möglich ist.

Urheber und Geräteindustrie werden sich bei diesen Verhandlungen auf Augenhöhe begegnen. Es gibt keine Obergrenze für die Vergütung. Trotzdem muss sie natürlich in einem angemessenen Verhältnis zum Preis des Gerätes oder des Speichermediums stehen. Das steht so ausdrücklich im Gesetz. Man wird deshalb auf einen CD-Rohling für wenige Cent keine Vergütung von mehreren Euro erheben können.

Die Beteiligten sind jetzt aufgefordert, sich zu einigen. Sie müssen den Freiraum der Selbstregulierung nutzen. Es wird am Anfang sicherlich nicht einfach sein, sich nach einer über mehrere Jahre kontrovers geführten Debatte auf einmal an einen Verhandlungstisch zu setzen. Ich habe deshalb bei verschiedenen Moderationsgesprächen, die ich in der vergangenen Zeit geführt habe, schon angeboten, dass das BMJ dabei als Moderator zur Verfügung steht. Ich möchte dieses Angebot hier gern erneuern.

Ein zweiter wichtiger Punkt sind die künftigen Nutzungsarten. In Zukunft ist es erlaubt, dass Urheber und Verwerter auch einen Vertrag über solche Nutzungsarten abschließen, die bei Vertragsschluss noch unbekannt sind. Das hört sich futuristisch an, ist aber eine wichtige Regelung; denn damit wird es leichter, die Werke auch in neuen Medien auf den Markt zu bringen. Hätte es das schon früher gegeben, dann wäre es heute nicht so schwierig, eine alte Theateraufführung auch auf DVD anzubieten. Wir haben aber auch bei diesem Punkt die Belange der Urheber im Blick behalten, und wir haben festgelegt, dass der Verwerter den Urheber informieren muss, wenn er eine neue Art der Nutzung des Werkes plant, und dass der Urheber ein Widerrufsrecht hat.

Der dritte Aspekt betrifft die zeitgemäße Nutzung von geschützten Werken in Bibliotheken. Dabei geht es um sogenannte elektronische Leseplätze und um den digitalen Versand von Kopien auf Bestellung. Für all das gibt es jetzt erstmals überhaupt eine gesetzliche Grundlage. Wir achten auch da auf den gerechten Interessenausgleich. Der Gesetzgeber darf den Verlagen durch das Gesetz das Onlinegeschäft nicht kaputt machen. Das wäre wirtschaftspolitisch ein falsches Signal, und rechtlich wäre es zudem nicht vertretbar.

Auch wenn es vonseiten des organisierten Wissenschaftsbetriebes manchmal vergessen worden ist: Es geht auch hier um geistiges Eigentum, und das ist verfassungsrechtlich geschützt. Durch diesen Gesetzentwurf wird ein Ausgleich zwischen den Wissenschaftlern als Autoren und den Wissenschaftlern als Lesern geschaffen.

Im Urheberrecht sind alle Seiten aufeinander angewiesen. Ohne Urheber gibt es nichts zu verwerten, und ohne Verwerter wäre jedes Stück ein Unikat. Unsere Reform des Urheberrechts wird meiner Meinung nach beiden Seiten gerecht. Sie ist ein fairer Kompromiss. Sie schafft ein modernes Recht, und sie ist der gute Abschluss einer langen Debatte.

Ich möchte mich bei all denjenigen hier im Hause, die insbesondere in den letzten Monaten daran mitgewirkt haben, dass dieser Gesetzentwurf noch vor der Sommerpause verabschiedet werden kann, recht herzlich bedanken, namentlich bei den beiden Berichterstattern der Koalition.


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Quelle:
Rede der Bundesministerin der Justiz, Brigitte Zypries, zum Entwurf
eines Zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der
Informationsgesellschaft vor dem Deutschen Bundestag am 5. Juli 2007
in Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juli 2007