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VERKEHR/563: 53. Deutscher Verkehrsgerichtstag - Der Anscheinsbeweis hat nicht immer Recht (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin/Goslar, 28. Januar 2015
53. Deutscher Verkehrsgerichtstag in Goslar (28. bis 30. Januar 2015)

Arbeitskreis VII: Anscheinsbeweis im Verkehrsrecht

Der Anscheinsbeweis hat nicht immer Recht



Goslar/Berlin (DAV). Der Anscheinsbeweis, z. B. beim Auffahrunfall, erlaubt bei typischen Geschehensabläufen aufgrund allgemeiner Erfahrungssätze den Rückschluss auf das Verschulden eines der Unfallbeteiligten. Nach Ansicht der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) ist es aber unbedingt erforderlich, in der Praxis genau zu prüfen, ob tatsächlich so ein typischer Geschehensablauf vorliegt.

"Leider wird der Anscheinsbeweis in der gerichtlichen Praxis schablonenhaft ohne kritische Überprüfung angewandt", so Rechtsanwältin Verena Bouwmann in Goslar für die DAV- Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht. Zwar sei der Anscheinsbeweis unverzichtbar, jedoch könne er auch zu einer falschen Haftungsverteilung führen.

Viele Verkehrsunfälle lassen sich mangels unbeteiligter Zeugen oder hinreichender Unfallspuren nicht vollständig aufklären. Daher ist der Anscheinsbeweis unverzichtbar in der Unfallregulierung. Im Ergebnis ersetzt der Anscheinsbeweis allerdings die Aufklärung des Einzelfalls und kann zu einer objektiv unzutreffenden Haftungsverteilung führen. Im Interesse der Geschädigten ist daher ein zurückhaltender Einsatz geboten! Bei der Anwendung des Anscheinsbeweises sind seine Voraussetzungen und seine Grenzen genauestens einzuhalten.

"Nur dort, wo die Lebenserfahrung tatsächlich reicht, dürfe er herangezogen werden", so Bouwmann weiter. Es müsse klar sein, welcher Lebenssachverhalt zuvor bewiesen werden muss und welche Tatsachen erforderlich sind, um einen Anscheinsbeweis zu erschüttern. Dieser ist kein Allheilmittel, um sich die möglicherweise mühsame Aufklärung des konkreten Unfallhergangs zu ersparen. Es besteht sonst die Gefahr, dass die Besonderheiten des Unfalls nicht berücksichtigt werden, was zu Lasten der Einzelfallgerechtigkeit gehen würde. Da sich viele Verkehrsunfälle mangels unbeteiligter Zeugen oder hinreichender Unfallspuren nicht vollständig aufklären lassen, ist der von der Rechtsprechung entwickelte Anscheinsbeweis in der Unfallregulierung unverzichtbar. Im Ergebnis ersetzt der Anscheinsbeweis allerdings die Aufklärung des Einzelfalls und kann zu einer objektiv unzutreffenden Haftungsverteilung führen. Im Interesse der Geschädigten ist daher ein zurückhaltender Einsatz geboten. Bei der Anwendung des Anscheinsbeweises sind seine Voraussetzungen und seine Grenzen genauestens einzuhalten. Nur soweit die allgemeine Lebenserfahrung tatsächlich reicht, darf er herangezogen werden. Es muss klar sein, welcher Lebenssachverhalt zuvor bewiesen werden muss und welche Tatsachen erforderlich sind, um einen Anscheinsbeweis zu erschüttern. Der Anscheinsbeweis darf nicht zu einem Allheilmittel werden, um sich die möglicherweise mühsame Aufklärung des konkreten Unfallhergangs zu ersparen. Es besteht sonst die Gefahr, dass die Besonderheiten des Unfalls nicht berücksichtigt werden, was zu Lasten der Einzelfallgerechtigkeit gehen würde.

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Quelle:
Pressemitteilung VGT 7/15 vom 28. Januar 2015
Deutscher Anwaltverein (DAV)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Januar 2015


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