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ZIVILRECHT/627: Kunstfund - Wem gehören die Gemälde? (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 6. November 2013

Kunstfund: Wem gehören die Gemälde?



Berlin (DAV). Jahrelang schlummerten hunderte Kunstwerke in einer Münchner Wohnung. Bis der Zoll auf den Bewohner aufmerksam wurde und einen sensationellen Fund zutage förderte: Wertvolle Bilder, die teils völlig unbekannt sind. Doch nun stellt sich die Frage: Wem gehören die Werke? Die Deutsche Anwaltauskunft erklärt.

Es sind 1.406 Kunstwerke, die ein Mieter offenbar jahrelang in seiner Wohnung in München-Schwabing gehortet hat. Dieser Mieter ist der Sohn des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt, der in den 1930er und 40er Jahren im Auftrag der Nationalsozialisten Werke insbesondere der klassischen Moderne ins Ausland verkauft hat.

Die in dem Fall ermittelnde Augsburger Staatsanwaltschaft sagte am Dienstag, dass zu dem Fund Bilder gehörten, die die Nationalsozialisten als "Entartete Kunst" brandmarkten und Werke, die jüdischen Familien abgepresst oder geraubt wurden. Ihr Wert ist immens.

Die Besitzverhältnisse an den Bildern sind kompliziert und unklar. So ist zum Beispiel umstritten, ob etwa deutsche Museen Bilder für sich reklamieren können, die ihnen einst gehört haben und die nun in dem Kunstfund aufgetaucht sind. Bei dieser Frage handelt es sich um juristisches Neuland. Nach Ansicht von Professor Peter Raue, Berliner Rechtsanwalt und Mitglied im Deutschen Anwaltsverein (DAV), könnten Museen diese Bilder durchaus für sich reklamieren: "Wenn der 'Dieb' noch im Besitz der Bilder ist, können Museen diese Bilder beanspruchen."

Sind die Bilder aus den Museen aber etwa über Kunsthändler wie Hildebrand Gurlitt an Dritte verkauft worden, können die Museen ihre Bilder nicht zurückbekommen. Eine Rückabwicklung des Verkaufs hat dann keine Chance. Als die Nazis die sogenannte "Entartete Kunst" aus den Museen verkaufen ließen, deckten sie ihr Tun durch ein Gesetz von 1938. Daher gelten alle so etwa ins Ausland verkauften Bilder als rechtmäßig verkauft.

"Viele Restitutionsfragen sind nach wie vor rechtlich kompliziert und auch im Tatsächlichen nur noch schwer zu klären", sagt die Kieler Rechtsanwältin Inger-Kristina Wegener von der Arbeitsgemeinschaft Geistiges Eigentum und Medien im DAV.

Obwohl es moralisch auf der Hand liegt, haben zum Beispiel jüdische Erben nicht per se Restitutionsansprüche an den Kunstwerken, die jetzt in München entdeckt wurden. Die Washingtoner Erklärung zur Raubkunst von 1998 umfasst nur an den Staat gerichtete Verpflichtungen. Das heißt, nur Bilder, die etwa in deutschen Museen hängen und einst ihren jüdischen Besitzern gestohlen oder abgepresst wurden, können restituiert werden. Besitzen Privatpersonen solche Bilder, ist die Situation nicht von der Washingtoner Erklärung abgedeckt. Aber hier sagt der Kunstmarktkenner Peter Raue: "Die Washingtoner Erklärung hat auch faktisch Auswirkungen auf private Besitzverhältnisse."

Lesen Sie mehr zum Thema: http://anwaltauskunft.de/magazin/gesellschaft/kultur-medien/155/kunstfund-wem-gehoeren-die-gemaelde/

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 56/13 vom 6. November 2013
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. November 2013