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ZIVILRECHT/655: Potentiale der Mediation in der Praxis noch nicht ausgeschöpft (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 31. Juli 2014

Arbeitsgemeinschaft Mediation

Potentiale der Mediation in der Praxis noch nicht ausgeschöpft



Berlin (DAV). Eine Umfrage der Arbeitsgemeinschaft Mediation im Deutschen Anwaltverein (DAV) zeigt: Erfolgreiche Mediationsspezialisten unter den Anwälten einerseits, zu wenig Verankerung in der Breite der Anwaltschaft anderseits.

Vor zwei Jahren trat das Mediationsgesetz in Kraft. Ziel war es, Anreize für eine einverständliche Streitbeilegung zu schaffen und die Gerichte zu entlasten. In einer Trendumfrage unter ihren Mitgliedern hat die Arbeitsgemeinschaft Mediation im Deutschen Anwaltverein aktuelle Zahlen zur Anwendung des alternativen Streitschichtungsverfahrens vorgelegt.

Demnach erzielen 20 Prozent der befragten Rechtsanwälte bereits über 30 Prozent ihres Umsatzes mit Mediationen. Für mehr als die Hälfte dieser Gruppe sorgen Mediationen mittlerweile sogar für den Hauptumsatz ihrer Kanzlei.

Diesen Spezialisten stehen aber 80 Prozent der befragten Anwaltsmediatoren gegenüber, die keine Steigerung ihrer Mediationstätigkeit im Vergleich zum Vorjahr ausmachen können. In den allermeisten Fällen würden die Streitigkeiten wie gehabt vor Gericht ausgetragen.

Als Gründe dafür sehen die Rechtsanwälte vor allem ein noch unklares Nutzenversprechen der Mediation, da Abläufe und Kosten für Rechtsanwälte, Mandanten und Prozessgegner weithin unbekannt und ungewohnt seien. Zudem stünden eigenwillige Regelungen einiger Rechtschutzversicherungen und eine fehlende Unterstützung analog zur Prozesskostenhilfe der weiteren Verbreitung der Mediation durch Rechtsanwälte im Wege.

Zur Grafik: Umsatz mit Mediation im Jahr 2013 (in Prozent vom Gesamtumsatz)

Der Frankfurter Rechtsanwalt und Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Mediation im DAV, Dr. Thomas Lapp, sieht die Lage durchaus selbstkritisch: "Weite Teile der Mandantschaft - aber auch der Anwaltschaft - tun sich mit der alternativen Streitschlichtung noch schwer. Es wird aus Unkenntnis und Gewohnheit öfter der klassische Weg zum Gericht beschritten als es notwendig und sinnvoll wäre." Da bringe die Mediation zahlreiche Vorteile.

Insbesondere angesichts der zahlreichen Streitfälle im Handelsrecht sowie im Familien- beziehungsweise Erbrecht sei dies bedauerlich, da alternative Lösungsverfahren unter aktiver Mitarbeit der Parteien und ihrer Rechtsanwälte in vielen Fällen weitaus besser geeignet seien, Konflikte einverständlich und dauerhaft zu regeln.

Zudem fordere die Zivilprozessordnung mit § 253 Abs. 3 zumindest die Prüfung einer alternativen Streitschlichtung und damit indirekt die ausführliche Beratung der Mandanten, was aber in der Praxis zu wenig beachtet würde. Das hält der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Mediation für ein unterschätztes Thema, da zu einer umfassenden Beratung auch die Möglichkeiten der außergerichtlichen Streitschlichtung gehören.

Aber auch grundsätzlich rät die Arbeitsgemeinschaft Mediation allen Anwälten, sich mit der Materie zu beschäftigen, da sonst ein insgesamt durchaus wachsender Bereich der geordneten Streitbeilegung möglicherweise gänzlich ohne Rechtsanwälte stattfinden könne.

In der Arbeitsgemeinschaft Mediation des DAV haben sich bislang 670 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zusammengeschlossen, die sich intensiv mit dem Thema Mediation befassen. Ihr Ziel ist es, die Mediation in Deutschland voranzubringen und als alternative Form der Lösung von Konflikten in vielen gesellschaftlichen Bereichen zu etablieren.

Was bedeutet Mediation?

Mediation (lat.: "Vermittlung") ist eine außergerichtliche Form der Lösung von Konflikten. Kennzeichnend für sie ist vor allem, dass die Beteiligten eines Konflikts eigenverantwortlich versuchen, eigene Lösungen zu finden. Dabei werden sie von einem unabhängigen Dritten (dem Mediator) unterstützt, der - anders als etwa ein Richter - keine Entscheidungsbefugnis besitzt, aber in genauer Kenntnis des Rechtsrahmens die Parteien anleitet, meist schnelle und flexible, oft auch noch kostengünstigere Regelungen zu finden, von der alle Beteiligten profitieren. Insbesondere bei Streitfällen, in denen komplexe Sachverhalte in langfristigen Beziehungen gelöst werden müssen, hat Mediation Vorteile, da die Streitparteien (gegebenenfalls mit ihren Anwälten) selbst die Lösung erarbeiten und es damit keine Sieger und Verlierer gibt.

Weitere Informationen: http://mediation.anwaltverein.de

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Quelle:
Pressemitteilung Mediation 01/14 vom 31. Juli 2014
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. August 2014