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STANDPUNKT/022: Justizministerkonferenz soll Rente für Gefangene befürworten (Grundrechtekomitee)


Komitee für Grundrechte und Demokratie
Pressemitteilung vom 14. November 2016

Justizministerkonferenz soll Rente für Gefangene befürworten


Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge, die Bundesarbeitsgemeinschaft Straffälligenhilfe und das Komitee für Grundrechte und Demokratie haben anlässlich der bevorstehenden Justizministerkonferenz am 17.11.2016 ein Thesenpapier (siehe Anhang) veröffentlicht, in dem sie die Einbeziehung der arbeitenden Gefangenen in die Rentenversicherung fordern.

Die Organisationen fordern vom Bundesgesetzgeber, das seit 1977 versprochene - für diese Einbeziehung nötige - Bundesgesetz endlich zu erlassen. An die bislang sich weigernden Länder wird appelliert, einem solchen Gesetz zuzustimmen. Die Justizministerkonferenz sollte jetzt ein Signal an den Bundesgesetzgeber senden, dass sie sich hinter diese Forderung stellt.

Die aufrufenden Vereine sehen in der Verweigerung der Einbeziehung eine Verletzung des Resozialisierungsgebotes des Strafvollzugsgesetzes sowie des Gleichheitsgrundsatzes und des Sozialstaatsgebotes des Grundgesetzes. Auch werde die Würde der arbeitenden Gefangenen in Frage gestellt, wenn deren Arbeit extrem niedrig entlohnt wird und obendrein keine Ansprüche aus den Sozialversicherungen begründet.

Die auf einer Pressekonferenz am 9.11.16 in Berlin vorgestellten Begründungspapiere der verschiedenen Verbände finden sich unter [1].

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Thesenpapier "Einbeziehung der Strafgefangenen in die Rentenversicherung" anlässlich der Pressekonferenz am 9. November 2016

Die meisten Gefangenen arbeiten während der Haft. Sie erwerben dafür aber keine Rentenansprüche. Damit ist Altersarmut insbesondere bei langen Haftstrafen vorprogrammiert. Arbeit wird in Haft zugewiesen und nicht durch einen Arbeitsvertrag eingegangen. Deshalb greift die gesetzliche Rentenversicherung zurzeit nicht. Daher muss der Bundestag mit Zustimmung der Bundesländer im Bundesrat, da sie für den Strafvollzug zuständig sind, die Rechtslage ändern. Bereits das Strafvollzugsgesetz des Jahres 1977 sah eine Einbeziehung von Gefangenen in die gesetzliche Rentenversicherung vor. Die Umsetzung ist im Jahr 1980 gescheitert, weil sich Bund und Länder nicht einigen konnten. Lange herrschte Stillstand. Erfreulicherweise beschäftigt sich seit dem letzten Jahr die Justizministerkonferenz der Länder mit dem Thema. Auf ihrer Herbstkonferenz am 17.11.2016 in Berlin werden die Justizministerinnen und Justizminister das Thema "Rente für Gefangene" wieder aufgreifen.

Die Unterzeichner dieses Papiers fordern den Bund und die Länder auf, den Weg für eine Einbeziehung von Gefangenen in die gesetzliche Rentenversicherung endlich frei zu machen:

1. Die Unterzeichner rufen den Gesetzgeber dazu auf, ein Bundesgesetz zur Einbeziehung von Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten in die gesetzliche Rentenversicherung zu verabschieden. Sie appellieren an die Länder, einem solchen Gesetz zuzustimmen.

2. Anknüpfungspunkt für die Leistung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung soll jede Arbeit, Beschäftigung oder berufliche Aus- und Weiterbildung sein, die in Haft gegen Entgelt oder aufgrund des Vollzugsplans geleistet wird.

3. Die Arbeitsentgelte in Haft sind gering, sie liegen weit unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns. Daher werden die Strafgefangenen keinen eigenen Anteil zur Zahlung von Rentenbeiträgen leisten können. Gerade hier müssen Bund und Länder zu einer tragfähigen Lösung gelangen.

Gabriele Sauermann
Vorsitzender der BAG-S

Michael Löher
Vorstand Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Martin Singe
Komitee für Grundrechte und Demokratie


Das Thesenpapier als PDF-Datei:
http://bag-s.de/fileadmin/Thesenpapier_PK_Rente_fuer_Strafgefangene_161109-fin.pdf


Anmerkung:
[1] http://bag-s.de/nc/aktuelles/aktuelles0/article/pressekonferenz-rentenversicherung-fuer-inhaftierte/

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Quelle:
Pressemitteilung vom 14. November 2016
Komitee für Grundrechte und Demokratie
Aquinostr. 7 -11, 50670 Köln
Telefon 0221 97269 -30; Fax -31
E-Mail: info@grundrechtekomitee.de
Internet: www.grundrechtekomitee.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. November 2016

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