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KORRESPONDENZEN/007: Diethylenglykol in der Zahncreme (SB)


Unerwünschte Zusatzstoffe in der Zahncreme


Ein Leserbrief von I. T. zu dem Schattenblick-Beitrag
NATURWISSENSCHAFTEN\CHEMIE\KOMMENTAR/082: Böser Chinese in der Zahncreme (SB)

Sonntag, 20. April 2008

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe über wikipedia.de zufällig Ihre Seite entdeckt und bin erstaunt über die Erkenntnis, dass nicht nur in vielen Medikamenten schädliche Stoffe aus China enthalten sind, sondern auch in Zahnpasta. Leider steht in Ihrem Bericht nicht in welcher Zahnpasta die schädlichen Stoffe enthalten sind. Wären sie bitte so freundlich, mir mitzuteilen, in welcher Zahnpasta die Stoffe enthalten sind?

Danke im voraus
mit freundlichen Grüssen

I. T.


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Ihre Frage, unsere Antwort

zu dem Beitrag INFOPOOL\NATURWISSENSCHAFTEN\CHEMIE\
KOMMENTAR/082: Böser Chinese in der Zahncreme (SB)

Stelle, den 22.04.2008

Sehr geehrte Frau T.,

unseren Recherchen zufolge wurden in Deutschland bisher vor allem in Bayern einige Zahnpastaprodukte gefunden, in denen Diethylenglykol (DEG) in Konzentrationen von 3,6% bzw. 4% nachgewiesen werden konnten. Die Information der Öffentlichkeit, d.h. auch darüber, welche Markennamen und Produkte im einzelnen davon betroffen sind, obliegt in Deutschland allein den zuständigen Behörden der Länder gemäß Paragraph 40 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches. In diesem Fall wäre das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zuständig, das jedoch nur die folgenden Informationen über die Funde am 4. Oktober 2007 herausgab:

Die Aufnahme von DEG durch die normale Verwendung jeder dieser Zahnpasten stellt für gesunde Erwachsene kein Risiko dar. Bei der Verwendung durch Kleinkinder kann unter bestimmten Umständen (geringes Körpergewicht, Verschlucken größerer Zahnpastamengen) ein gesundheitliches Risiko nicht ausgeschlossen werden.

Maßnahmen:

Die beiden in Bayern entdeckten DEG-haltigen Zahnpasten stammen nach derzeitigem Kenntnisstand aus dem Ausland (China). Die Ermittlungen über die genaue Herkunft und die Vertriebswege der beiden Zahnpastaprodukte sowie vertriebsbeschränkende Maßnahmen wurden umgehend eingeleitet, um eine weitere Abgabe der Produkte an die Verbraucher zu verhindern.
(Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit 2008)

Dem Experten Dr. Herbert Desel, Leiter des Klinisch-toxikologischen Labors im Pharmakologisch-toxikologischen Servicezentrum der Universität Göttingen, zufolge geht bei Konzentrationen bis zu 10% keine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit von den DEG-haltigen Zahncremes aus. Nach seinen Angaben müsste selbst bei einer Diethylenglykol-Konzentration von 50% ein zehn Kilogramm schweres Kind etwa 3 g von der Zahnpasta schlucken, um den kritischen Blutspiegel von 0,2 g/l zu erreichen. Nur dann kommt es zu den aus der Vergangenheit bekannten Vorfällen mit anderen Produkten (z.B. Medikamenten und Hustensaft), bei denen die Vergiftung von Niere und Leber zu schweren gesundheitlichen Einschränkungen führte. Bei normalem Gebrauch sei somit keine Gesundheitsgefahr zu erkennen, solange man nicht allergisch auf den Stoff reagiert.

Doch zurück zu Ihrer Frage:

Bei den im Ausland entdeckten, namentlich bekannten diethylenglykolhaltigen Zahnpasten handelt es sich um eindeutig gekennzeichnete, in China hergestellte Marken oder um gefälschte Markenprodukte, die ebenfalls in China hergestellt wurden. Bei letzteren waren vor allem bekannte Produkte von Colgate-Palmolive im Gespräch, die jedoch laut Hersteller gut von Originalprodukten zu unterscheiden sind.

So gab Colgate-Palmolive bekannt, daß nachgemachte Zahnpasten mit dem Colgate-Markenzeichen in verschiedenen 1-Dollar Supermärkten in New York, New Jersey, Pennsylvania und Maryland gefunden worden seien.

Über gefälschte Colgate Zahncreme in Deutschland liegen jedoch laut Colgate-Palmolive in Hamburg keine Informationen vor.

Ist der Text auf den Original-Tuben wie auf der Verpackung Deutsch, darüber hinaus Name und Adresse der deutschen Niederlassung, d.h. "Colgate-Palmolive, D-Hamburg" auf der Verpackung abgedruckt, könne man das Produkt bedenkenlos verwenden. Fehlen diese Angaben, handelt es sich mit größter Wahrscheinlichkeit um ein gefälschtes Produkt.


Weitere Informationen über Zahnpastaprodukte, in denen Diethylenglycol gefunden wurde, haben wir dem Europäischen Schnellwarnsystem RAPEX entnommen:

Markenname: Dr. Cool whiting (vertrieben in der Slowakai)

Type/number of model: EAN 8588001584078,
date of production (Herstellungsdatum) 15 February 2007,
date of expiration (Verfallsdatum) 15 February 2010.

Eine 120 g Tube in einer weiß-blau-roten Verpackung und einem ebenso weiß-blau-roten Karton, hergestellt in China

Gehalt an Diethylenglykol: 2,9 Prozent

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Markenname: TERPAN (Frankreich)

- fluoride toothpaste, 47 ml (fluoridhaltige Zahncreme)
- fluoride toothpaste, 75 ml (fluoridhaltige Zahncreme)
- strawberry-flavoured toothpaste, 16 ml (mit Erdbeergeschmack)
- bubble-gum-flavoured toothpaste, 16 ml (mit Kaugummi-Geschmack)

hergestellt in China

Gehalt an Diethylenglykol: 6,3-7,1 Prozent

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Markenname: MR. COOL (Spanien und Panama)

Type/number of model: COOL MINT 120,
Barcode: 8427472100083, Ref: 910008.

Beschreibung: Die Zahncreme kommt in weißen Kunststofftuben mit einem blauen Streifen und der Aufschrift: MR. COOL auf den Markt. Im Paket enthalten ist eine Zahnbürste. Die Verpackung ist eine Kartonage mit Sichtfenster, durch das die Zahnbürste sichtbar wird. Ein selbstklebendes Etikett trägt einzelne Angaben über den Importeur, den Bar-Code und den Nachweis "Made in China",

hergestellt in China

Gehalt an Diethylenglykol: 1,1 Prozent

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Markenname: ACTIVE (Spanien)

Type/number of model: Model: ULTRA WHITE,
Barcode des Gesamtpakets: 5023907026596,
Barcode der Zahncreme: 5023907026541.

Beschreibung: Das Produkt wird als Gesamtpaket mit Zahncreme, Mundspülung und Zahnbürste angeboten. Auf der Zahncreme steht folgender Aufdruck:

"Active Total Oral Care, ultra white antibacterial cleansing action, 150 g".

Die Angaben sind alle in englischer Sprache. Die Verpackung ist ein blauer Karton mit Sichtfenster, der die Zahncreme und die Zahnbürste enthält. Die Mundspülung ist blau und wird in einer Kunststoff-Flasche angeboten. Beide Produkte sind mit Klebeband zu einer Verpackungseinheit gebunden,

hergestellt in China

Gehalt an Diethylenglykol: 4,4 Prozent

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In Panama wurde darüber hinaus DEG-haltige Zahncreme unter dem Namen "Excel" verkauft.

Sämtliche Produkte wurden inzwischen nach unseren Informationen in den jeweiligen Ländern vom Markt genommen.

Abgesehen von den hier genannten Marken wurden in den USA elf weitere von der FDA bekanntgegeben, die allerdings nicht in Europa vertrieben werden. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte Zahncremes, die mit der Aufschrift "Made in China" versehen sind, grundsätzlich nicht verwenden, denn die chinesischen Hersteller sind davon überzeugt, daß ein wenig Diethylenglykol nicht gesundheitsschädlich ist.

Bei normalem Gebrauch ist somit keine Gesundheitsgefahr zu erkennen. Ähnlich äußern sich auch die chinesischen Zahnpasta-Hersteller, die beteuern, geringe Mengen der Chemikalie seien völlig harmlos.

(zahnärztliche-patientenberatung, 28. Juli 2007)



Mit freundlichen Grüßen
Ihr SB-Redaktionsteam


P.S. Weitere Informationen im Internet:

Informationen über DEG-haltige Zahnpastaprodukte, die in der EU bisher aufgetaucht sind, finden sich im Europäischen Schnellwarnsystem RAPEX:

Übersicht über Meldungen im August unter:
(http://ec.europa.eu/consumers/cons_safe/index_en.htm)

Meldungen über weitere im September entdeckte Zahnpasten finden sich in den wöchentlichen Meldungen unter:
http://ec.europa.eu/consumers/dyna/rapex/create_rapex.cfm?rx_id=149 (Week 36)
http://ec.europa.eu/consumers/dyna/rapex/create_rapex.cfm?rx_id=150 (Week 37)



22. April 2008