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EDITORIAL/054: Eine Lanze brechen für die Politik (SB)



Wochendruckausgabe 54 der Elektronischen Zeitung Schattenblick zum 12.08.2017


Aufgeschlagene Schattenblick-Zeitung in den Händen eines Lesers - Foto: © 2013 by Schattenblick

Foto: © 2013 by Schattenblick

Eine Lanze brechen für die Politik

Wie gern werden zur Erklärung ungeklärter gesellschaftlicher Widersprüche Negativklischees wie der Begriff der Politikverdrossenheit oder die Korrumpierbarkeit des Politikers durch Macht und Einfluß ins Feld geführt und der Eindruck erweckt, damit den Schwarzen Peter gesellschaftlichen Lebens oder gesellschaftlicher Regulationen festgemacht zu haben.

In den 68ern erweiterte sich demgegenüber dieses Allerweltsklischee um das Verständnis, daß es kein gesellschaftliches Tun und kein gesellschaftliches Handeln gäbe, welches nicht politisch wäre. So entsteht eine statthafte Wippe aus dem Scheinwiderspruch, daß Macht beziehungsweise staatsmonopolistische Gewalt, um deren Ausübung, Kontrolle und konstruktive Wendung zum bürgerlichen Nutzen und Gebrauch es geht, den am letzteren interessierten Bürger zu jenem Politiker macht, dessen Hauptmotiv der Mißbrauch und die antibürgerliche Praxis zum ausschließlichen Eigenvorteil sei. Niemand sollte bei einer derartig negativen Begriffsbelastung dennoch außer Acht lassen, daß das zugrunde liegende griechische Adjektiv "politikós", hergeleitet vom griechischen Wort "polítes", das meint den Stadt- bzw. den Staatsbürger, abstammt.

Politisch handeln, denken oder im Selbstverständnis gar Politiker zu sein, kann im besten antiken Sinne gleichwohl als identisch mit dem Streben nach jenem Einfluß und jener Position in der Gesellschaft sein, die den Nutzen und die Stärke bürgerlicher Existenz wahrt und sichert, ohne die Grundimplikation der Bürgerlichkeit, eben politisch handeln zu können, jemals in Frage zu stellen.

Am Beispiel jener berühmt gewordenen Worte von Carl von Clausewitz "Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" (Vom Kriege I, 1,24) läßt sich sicher das zu Beginn ausgesprochene Unbehagen fast nahtlos anheften.

Doch ließe sich mit noch größerer Genauigkeit viel eher die Feststellung glaubhaft solchem Denken und solchen Schlußfolgerungen entgegenhalten, daß dort, wo welcher Krieg oder welche andere entfesselte Gewalt auch immer die Bühne betritt, die Politik außer Kraft gesetzt ist und vor allen Dingen, daß Politik spätestens an dieser Stelle sträflich versagt haben muß.

Redaktion Schattenblick


11. August 2017


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