EDITORIAL/139: Wetter, Wind und Geist (SB)

Wochendruckausgabe 139 der Elektronischen Zeitung Schattenblick zum 29.06.2019

Foto: © 2013 by Schattenblick

Wetter, Wind und Geist

Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, daß jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen. Was von Fleisch geboren wird, das ist Fleisch, und was vom Geist geboren wird, das ist Geist. Laß dich 's nicht wundern, daß ich dir gesagt habe: Ihr müsset von neuem geboren werden. Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl, aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt. So ist ein jeglicher, der aus dem Geist geboren ist. (Neues Testament, Johannes Evangelium, Kapitel 3, Vers 5-8, Jesus und Nikodemus)

Mit der modernen Wettervorhersage, könnte man meinen, wäre diesem neutestamentarischen Zitat aus der Bibel nach Johannes als Analogie doch längst der antiquierte Zahn gezogen, Ungewisses und Unvorhersagbares und vor allem Plötzliches, Erregendes und Unergründliches angemessen zum Ausdruck zu bringen.

Das Wetter als Dauergesprächsthema leichtfüßiger Konversation mit dem steten Beigeschmack saumseliger Kenntnisse und ahnungsvoller Mutmaßlichkeiten ist es jedoch eher, das denn auch bei genauerer Betrachtung die Nase aufrichtigen Bemühens und Strebens gleichermaßen an den Rand schicksalsgefesselter und vollemanzipatorischer Rückkehr zur denkbar trefflichsten Beschreibung des vom berühmtesten Nazarener des Neuen Testaments der Bibel angesprochenen Sachverhalts mit den so sattsam bekannten oder vertrauten Worten führen muß.

Wäre die menschliche Konversation in ihrer ganzen Verschlagenheit nicht so bindend und faszinierend für ihn, könnte dem verhängnisvollen Rätsel jenes an einen gewissen Nikodemus gerichteten Ausspruchs längst das wiederholte Flattern allzu respektvoll zugestandener Flügel gestutzt werden.

Ihre Schattenblick-Redaktion

28. Juni 2019

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