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PRESSE/725: Kein Sangha ohne Rechtsordnung (DMW)


Der Mittlere Weg - Nr. 3, September - Dezember 2008
Zeitschrift des Buddhistischen Bundes Hannover e.V.

Kein Sangha ohne Rechtsordnung

Von Axel Rodeck


Vom Vater hatte er es gelernt. Siddhattha, der Sohn des Raja Suddhodana in Kapilavatthu nahe der heutigen indisch-nepalesischen Grenze, hatte durch seine Ausbildung als Fürstensproß und durch häufige Teilnahme an von seinem Vater geleiteten Ratssitzungen und Gerichtsverhandlungen eine beachtliche Fähigkeit in der Erledigung von Verwaltungssachen erworben. Dies kam dem späteren Buddha bei der Leitung seines Ordens sehr zugute. Mit dem internen Ordensrecht (Vinayapitaka) legte er einen Verhaltenskodex für die Mönche und Strafen für Verstöße gegen ihn fest. Außerdem regelte der Buddha das Verhältnis seines Ordens zu Staat und Gesellschaft und genoß gegenüber den staatlichen Autoritäten weitgehende Freiheiten. Diese Freistellung von weltlichem Recht hatte allerdings da ihr Ende, wo die Sicherheitsinteressen des Staates tangiert wurden.

Ein hiesiger kleiner buddhistischer Verein kann natürlich nicht die Freiheiten eines Buddha beanspruchen, doch sind Ähnlichkeiten unverkennbar: Intern gilt die frei gewählte Vereinssatzung, extern gelten die Gesetze des Staates, in dem wir leben. Und weil diese wohl etwas komplizierter sind als zu Lebzeiten Buddhas, wir aber anders als dieser über Schreib- und Drucktechnik verfügen, wollen wir einige aktuelle Fälle aus der Alltagspraxis folgend aufgreifen und einem größeren Kreis von möglicherweise ebenfalls Betroffenen zugänglich machen.


Von Fern- und Nahsehern

Zunächst geht es um das harmlos scheinende Vergnügen, mit einem Fernsehgerät (natürlich der buddhistischen Bildung dienende) Videos zu zeigen. Wer hier als buddhistisches Zentrum arglos guckt, hat aber die Gebührenhoheit der Länder zu beachten. Denn auch als eine gemeinnützig anerkannte Vereinigung auf dem Gebiet der Religionsausübung unterliegt man der im "Rundfunkgebührenstaatsvertrag" geregelten Pflicht zur Zahlung von Rundfunkgebühren, "sobald der Rundfunkempfang ohne erheblichen technischen Aufwand möglich ist." Also müssen jährlich 204,36 Euro gezahlt werden, auch wenn die Leistungen (Programme) der Rundfunkanstalten gar nicht in Anspruch genommen werden.

Weil das ärgerlich ist, wird von uns bei der "Gebühreneinzugszentrale" (GEZ) ein Antrag auf Gebührenbefreiung gestellt, der aber abgelehnt wird. Dagegen wird (beim NDR) Widerspruch eingelegt mit der eigentlich recht überzeugenden Begründung: Der Staatsvertrag lässt Befreiung bei einer Vielzahl fernsehender Mitbürger aus sozialen Gründen zu. Wenn also welche begünstigt werden können, die Fernsehprogramme anschauen, so müsste das doch in analoger Anwendung des Befreiungstatbestandes erst recht gelten für welche, die dies gerade nicht tun. Klingt logisch, wird aber zurückgewiesen.

Fazit: Wir lassen uns von einer Fachfirma bestätigen, dass sie das Fernsehgerät für den Empfang von Fernsehsendungen untauglich gemacht hat und reichen dies bei der GEZ ein. Gleichzeitig melden wir den Betrieb von "Radio und neuartigem Rundfunkgerät" (ehrlich, so heißt das!) an, was jährlich nur 66,24 kostet und den Betrieb des Computers mitumfaßt.


Schmuck mit fremden Federn

Ein heißes Eisen für alle, die in ihren Publikationen Texte und Bilder veröffentlichen, ist das Urheberrecht. Wie oft hat man schon von der Einschaltung aggressiver Anwälte mit sündhaft teuren und strafbewehrten Unterlassungserklärungen gehört. Die DBU hat dankenswerterweise ihren Mitgliedern die Stellungnahme eines Fachanwaltes zur Verfügung gestellt, aus der wir (hoffentlich ohne Gesetzesverstoß) folgende Erläuterung entnehmen wollen:

Es muß ein "Werk" im Sinne des Gesetzes vorliegen, d.h. eine persönliche geistige Schöpfung. Eine solche ist beispielsweise auch die Übersetzung eines tibetischen Textes ins Deutsche, sofern diese eine gewisse Individualität des Übersetzers erkennen lässt, nicht aber die bloße Übertragung des tibetischen Originals in unsere Sprache.

Der Urheberrechtschutz beginnt mit der Entstehung des Werks und endet 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers oder, wenn dieser unbekannt ist, 70 Jahre nach der Veröffentlichung. Danach ist das Werk "frei" und jeder kann damit machen, was er will.

Der Urheber hat das ausschließliche Verwertungsrecht und ist daher hinsichtlich jeglicher Nutzung seines Werkes um Zustimmung zu bitten. Das gilt auch, wenn man das Werk von ihm gekauft hat! Eine Ausnahme machen lediglich das Zitatrecht (Wiedergabe in eigenem Werk unter Angabe der Quelle), das Recht auf Vervielfältigung zum eigenen (privaten) Gebrauch und die Herstellung nur einiger weniger Exemplare (z.B. einige Lesetexte für den Gruppenabend).


Ungewünschte Geschenke

Auch Ihnen, liebe Leser, werden sicherlich gelegentlich Dinge zugeschickt, die Sie gar nicht bestellt haben. Oft suggerieren die beigefügten Schreiben eine in Wirklichkeit gar nicht bestehende Annahme- oder Zahlungspflicht. Buddhistische Zentren werden besonders gern mit wertvollen Büchern oder Kalendern bedacht, oft mit der Bitte um Auslage als Werbung oder Rezension in der Vereinszeitschrift (Text oft praktischerweise gleich beigefügt). Wie ist die Rechtslage?

Die fleißigen Europäer in Brüssel haben zum Schutz der Verbraucher eine Regelung ersonnen, die der deutsche Gesetzgeber als Paragraf 241 a in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) übernommen hat. Danach werden durch die Lieferung unbestellter Sachen keinerlei Ansprüche des Versenders gegen den Empfänger begründet! Der Empfänger kann also mit der Sache beliebig verfahren, sie etwa selber behalten, weiterverschenken oder vernichten. Der Versender kann weder sein (bisheriges) Eigentum zurückverlangen noch finanziellen Ausgleich beanspruchen.

Doch Vorsicht: Wie gesagt, dient die Vorschrift dem Schutz von "Verbrauchern", dazu zählen aber nicht "Juristische Personen" wie etwa (buddhistische) Vereine. Für diese kann Paragraf 241 a BGB nicht einfach analog angewendet werden, wenn seine Grundüberzeugung auch hier gelten dürfte. Hier gilt die alte deutsche Rechtslage. Diese sieht vor, dass die Lieferung eine angemessene Zeit (je nach Wert, z.B. für ein Buch ca. 14 Tage) aufbewahrt und für den (unwahrscheinlichen) Fall einer Rückholung bereitgehalten werden soll. Eine Pflicht zur Rücksendung besteht nicht. Nach Fristablauf braucht keine Auskunft mehr über den Verbleib der Sache erteilt zu werden.

Doch noch mal Vorsicht! Bestehen zu dem Versender ständige Geschäftsbeziehungen, kann Schweigen auf eine unbestellte Sendung als Annahme gewertet werden!

Natürlich gilt auch die ganze sonstige Palette unseres Rechts, von der Frage nach der Haftung für beim Gesprächskreis abhanden gekommene Wertsachen (ist nicht der Fall!) bis zur Verkehrssicherungspflicht bei solchen Veranstaltungen (ist immer der Fall!). Doch lassen wir es damit sein.


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Quelle:
Der Mittlere Weg - majjhima-patipada
40. Jahrgang, September - Dezember 2008/2553, Nr. 3, Seite 36-37
Herausgeber: Buddhistischer Bund Hannover e.V.
Drostestr. 8, 30161 Hannover,
Tel. und Fax: 05 11/3 94 17 56
E-mail: info@buddha-hannover.de
Internet: www.buddha-hannover.de

"Der Mittlere Weg - majjhima-patipada" erscheint
nach Bedarf und ist für Mitglieder kostenlos.


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. September 2008