Schattenblick →INFOPOOL →RELIGION → BUDDHISMUS

PRESSE/737: Buddhistische Weihnachten (DMW)


Der Mittlere Weg - Nr. 1, Januar - April 2009
Zeitschrift des Buddhistischen Bundes Hannover e.V.

Buddhistische Weihnachten

Von Axel Rodeck


Oh du fröhliche...

Die Weihnachtszeit ist für die meisten Menschen hier wohl meist weder "fröhlich" noch "selig" oder "gnadenbringend". Wie die regelmäßig erfolgenden Umfragen zeigen, weiß ein erheblicher Teil der Bevölkerung gar nicht, was es denn für eine Bewandtnis mit diesem Termin hat - von Geschäftslärm und Konsumwahn mal abgesehen. Doch richten wir unser Augenmerk einmal auf diejenigen, denen es zwar nicht an Kenntnis fehlt, die aber einer anderen Religion angehören, sei es traditionell durch Geburt oder durch bewusste Entscheidung. Auch sie haben weitgehend die Bräuche der "(eingeschränkt) christlichen" Mehrheitsgesellschaft übernommen, und sei es nur, dass sie deren gesetzliche Feiertage in Anspruch nehmen.

Wie steht es dabei eigentlich mit der Gefühlslage von Buddhisten?

Wir haben auf den folgenden Seiten [s. Printausgabe] einige (uns mehr oder weniger zufällig vorliegende) Beiträge zusammengefasst, die sich auf "Weihnachten" aus insbesondere buddhistischer Sicht beziehen. Wir meinen, dass die Autoren uns irgendwie aus der (deutschen) Seele sprechen.

Doch lassen Sie uns zunächst noch einmal auf die Tatsache hinweisen, dass die allgemein und insbesondere im Theravada vorkommenden "buddhistischen" Feiertage recht rar sind. Eigentlich ist es nur das Vesak-Fest, welches im Westen von Bedeutung ist, zumal es in außerordentlich effizienter Weise gleich die Ereignisse Geburt, Erleuchtung und Eingehen des Buddha ins Parinirvana auf einen Termin zusammenlegt. Der (frühe) Buddhismus hat Ritualen und damit zusammenhängenden Feiern nur wenig Bedeutung beigemessen und wir müssten das aus heutiger westlicher Sicht geradezu als arbeitnehmerfeindlich bezeichnen. Schauen wir uns folgend daher einmal an, wie die grundsätzliche Einstellung des Buddha zu religiösen Veranstaltungen war (s. DMW 1/2007)


Ritualfeindlichkeit im frühen Buddhismus

Die Einstellung des frühen Buddhismus zum Ritualismus war grundsätzlich negativ, da er sieh ja gerade gegen den brahmanischen Opferritualismus richtete. Aus theravadischer Sicht ist jedenfalls festzustellen, dass dem Buddhismus die Betonung des Rituellen fremd ist, der Buddha hatte das Hängen an Regeln und Riten als eine Fessel an das samsarische Dasein bezeichnet. Auch ist der Sangha weder Kultgemeinschaft noch sakraler Bund, sondern "ein Zusammenschluß von Einzelgängern, die mit der gleichen Methode dasselbe Heilsziel anstreben" (H.W. Schumann). Es kann daher konsequenterweise auch nicht die Aufgabe der Mönche sein, für die Laienschaft religiöse Zeremonien zu vollziehen.

Die Wendepunkte im Leben eines Buddhisten - Geburt, Pubertät, Hochzeit - werden daher im Theravada, so der Indologe R. Gombrich, "meist entweder als weltliche Ereignisse behandelt oder von Spezialisten der religiösen Systeme, die örtlich neben dem Buddhismus bestehen, feierlich begangen." Eine wichtige Ausnahme von dieser allgemeinen Regel ist jedoch der Tod: Buddhistische Mönche halten überall Bestattungszeremonien ab. Das geschieht, so Gombrich, "zweifellos deshalb, weil der Tod so zentrale Bedeutung für das buddhistische Denken hat, dass Bestattungsfeiern die ideale Gelegenheit für die Predigt sind." Der Mönch ist also "nicht Priester, sondern Prediger und Tröster", er ist somit für die Angehörigen da.

Leiden die (westlichen) Buddhisten daher an Feiertagsdefiziten? Kein Problem: Schließt euch, liebe Buddhisten, doch den Feiern der Umwelt an und feiert "Weihnachten" unter dem Tannenbaum - gleich, ob dieses der Geburt Christi oder der Wintersonnenwende gewidmet sein soll. Ein Schlückchen aufs Jesuskind in Ehren wird auch der Buddha niemandem verwehren.


*


Quelle:
Der Mittlere Weg - majjhima-patipada
41. Jahrgang, Januar - April 2009/2553, Nr. 1, Seite 22
Herausgeber: Buddhistischer Bund Hannover e.V.
Drostestr. 8, 30161 Hannover,
Tel. und Fax: 05 11/3 94 17 56
E-mail: info@buddha-hannover.de
Internet: www.buddha-hannover.de

"Der Mittlere Weg - majjhima-patipada" erscheint
nach Bedarf und ist für Mitglieder kostenlos.


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Dezember 2008