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PRESSE/847: Dharma, Menschen und Kultur (Buddhismus heute)


Buddhismus heute 47 - Sommer 2009
Das Diamantweg-Magazin der Karma-Kagyü-Linie

Dharma, Menschen und Kultur
Ein Interview mit Lama Ole Nydahl

Fragen von Mindaugas Stankunas während eines Phowa-Kurses in Litauen, 2008


MINAUGAS STANKUNAS: Buddhismus begann vor ca. 2500 Jahren in Indien und hat heute erfolgreich seinen Platz in unterschiedlichen Ländern mit sehr unterschiedlichen Kulturen gefunden. Wie war das möglich?

OLE NYDAHL: Einige Tibeter sagen, es war möglich, weil der Buddhismus seinem Wesen nach wie ein Diamant ist. Legt man den edlen Stein auf einen roten Untergrund, strahlt er rot, auf einem blauen wirkt er blau - es ist jedoch immer derselbe Diamant. Heute würden wir wohl sagen, dass Buddhismus überzeugt, weil er erfahrbare gesunde Vernunft ist.

Die Lehre (skt. Dharma) sollte geschmeidig behandelt werden. Im Herbst 1972, als meine Frau Hannah und ich aus den Jahren im Himalaya in den Westen zurückkehrten, versuchten wir zunächst - aus Hingabe zu unserer einmaligen Übertragungslinie - alles möglichst tibetisch zu gestalten. Wir trennten kaum die weltlichen Sitten von der zeitlosen Weisheit und erst die Skandale und Fehler, die sich über die Jahre häuften, zwangen und halfen uns, Kulturell-Politisches aus dem Mittelalter vom zeitlosen Dharma zu trennen. Erst das machte uns zugänglich und letztendlich groß.

Nur so konnte der in der Welt einzigartige philosophische und psychologische Reichtum des Diamantweges kritische Weisheitssucher erreichen. Da Buddhismus über das Wesen des Geistes sowie der Erscheinungen lehrt, ist er überall nützlich, wo Menschen frei und selbstbestimmt werden wollen. Seine Verwendung ist heute in selbstständigen und ausgebildeten Bevölkerungen, die den Laien-Buddhismus für ihr Leben wählen und selbst üben, sehr unterschiedlich zu den althergebrachten Gesellschaften, in denen man zum Kloster geht und die Mönche für sich beten lässt. Das Gesuchte ist jedoch überall dasselbe: Jeder will Glück haben und Leid vermeiden und es sind rund um die Welt ungefähr die gleichen Ereignisse, die als freudvoll oder schmerzlich erlebt werden.

MINAUGAS STANKUNAS: Uns werden oft Fragen gestellt wie: "Unser Hintergrund ist das Christentum. Warum brauchen wir eigentlich Buddhismus, den es bis vor einigen Jahren hier gar nicht gab? Das ist doch kulturfremd."

OLE NYDAHL: Aber warum missionieren Christen dann überall auf der Welt? Menschen werden von Leben zu Leben in verschiedenen Ländern geboren und Menschen, die im Osten viel gutes Karma aufbauten, finden jetzt im Westen ihre Eltern. Es ist deswegen völlig in Ordnung, die Gelegenheit zu bekommen, eine Religion zu finden, die der erreichten Reife und Neigung entspricht. Insbesondere wenn es eine Lehre wie der Buddhismus ist, der keine Frauen unterdrückt und niemals zu "heiligen" Kriegen, Selbstmordbombern oder Zwangsbekehrungen führte.

MINAUGAS STANKUNAS: Gibt es kulturelle Elemente im Dharma?

OLE NYDAHL: Zweifelsohne, aber wir versuchen sie, wie erwähnt, zu erkennen und sie - wenn sie unzeitgemäß und sinnlos geworden sind - wieder loszuwerden und nur die reinen Lehren sinngemäß aus Zentralasien in unsere Länder zu bringen. Es ist wie ein Kind aus der Badewanne zu holen - man will das ganze Kind, aber nicht den Schaum. Meine Frau Hannah und ich blieben, wie erwähnt, wegen unserer Hingabe lange den tibetischen Sitten verhaftet und es erforderte viele Jahre der Begutachtung, bevor wir bereit waren zu entscheiden, was im Westen wirkt und was nicht.

Zum Beispiel haben wir beschlossen, die Verbeugungen beim Betreten eines Tempels auszulassen. Sie befremden im Westen sehr und können moslemisch aufgefasst werden. Wir ließen auch andere äußere Ausdrücke fallen, die in Demokratien komisch wirken. Besonders hilfreich wurde uns dabei Caty mit ihrem kritischen Geist.

MINAUGAS STANKUNAS: Beinhalten Statuen und Thangkas kulturelle Spuren? Welchen Einfluss haben die dargestellten Buddha-Aspekte auf uns?

OLE NYDAHL: Grundsätzlich bringen ihre Gestalten durch Rückkopplung jenseits-kulturelle Anregungen in die Energieflüsse unseres Körpers. Überall auf der Welt treten bestimmte körperliche Ausdrücke bei gewissen Gefühls-Zuständen auf. Wird eine solche Körpersprache wahrgenommen, wirkt das durch die kürzlich entdeckten Spiegelneuronen auf den Geist zurück und man entwickelt entsprechende Gewohnheiten und Eigenschaften, die im Buddhismus eben in Roll- und Standbildern überpersönlicher Art dargestellt werden. Diese Neuronen sind der Grund, dass man durch bloßes Zuschauen Fußball lernen kann. Vor allem durch das Gewahrsein der nichtkarmischen Lichtkörper der Buddhas werden Segen wie Weisheit sehr schnell übernommen. Hier steht nichts Bedingtes im Wege.

MINAUGAS STANKUNAS: Wenn wir in der Zukunft hoch realisierte Künstler im Westen bekommen werden, wie werden sie dann die Buddhaformen darstellen? Wird ihr kultureller Hintergrund einen Einfluss darauf haben?

OLE NYDAHL: Vielleicht im Kraftfeld um die Gestalten. Zum Beispiel werden wohl europäische Pflanzen auftauchen, so wie Seerosen und Buchenbäume. Das Wichtigste wird aber unveränderlich bleiben: Die Körper der Buddhas haben zum Beispiel 32 besondere und 80 Glück bringende Merkmale, die immer gleich sind. Gewisse Formen, Farben und Körperhaltungen drücken einfach bestimmte Geisteszustände aus.

MINAUGAS STANKUNAS: Die Tibeter haben alles aus dem Sanskrit übersetzt, außer den Mantras. Warum taten sie das und was bedeutet das für uns?

OLE NYDAHL: Es ist den Übersetzungen zu verdanken, insbesondere denen unseres Gründers Marpa von vor 950 Jahren, dass der Diamantweg-Buddhismus in Tibet so reich und stark wurde. Durch sie konnten sich viele die letztendlichen Mittel zueigen machen, durch sie menschlich wachsen und sie bis heute überzeugend weitergeben. Obwohl die allgemeine Ausbildung, die die Klöster den Menschen bieten, nach heutigen Maßstäben sehr lebensfern ist und daraus besteht, Bücher auswendig zu lernen und zu debattieren, zählt die Verwendung der eigenen Sprache dabei dennoch sehr. Meinem besten Verständnis nach ist unser Karma-Kagyü-Diamantweg auch im Westen in der Weise einzigartig, dass Hannah und ich von Anfang an auf Marpas Erfahrung gesetzt, alle Texte übersetzt und Rituale bewusst auf ein Mindestmaß beschränkt haben. Durchsichtigkeit ist die erste Bedingung dafür, begabten und unabhängigen Menschen auf Dauer zu nutzen.

MINAUGAS STANKUNAS: Was macht die westliche Kultur - die du ja so oft erwähnst - aus? Eine gemeinsame Kultur mit einer vorherrschenden Sprache und verschwindenden unterschiedlichen nationalen Kulturen?

OLE NYDAHL: Man sollte heute dort verantwortungsvoll und weltweit denken und keine Angst vor den eigenen Einsichten haben: Jeder, der die in unseren europäischen Verfassungen ausgedrückten menschlichen Werte und Rechte bejaht und sein Handeln danach ausrichtet, besitzt westliche Kultur. Über Tausende von Jahren hinweg haben wir in Europa für unsere wertvollen heutigen Freiheiten gekämpft, die es alleine möglich machen, dass Menschen ihre reichen Möglichkeiten ausdrücken und ein sinnvolles Leben führen können. Diese Werte wurden dann von unseren europäischen Aussiedlern nach Australien, Amerika usw. gebracht und ganz oder teilweise von anderen Völkern ihrem Verständnis entsprechend übernommen. Viele Bevölkerungen der Welt übernehmen wenigstens ansatzweise unsere demokratischen Werte oder vermischen - entsprechend ihrer Bedingungen und Denkweisen - was sie davon verstehen können mit ihren eigenen Kulturen. Unsere Wahl hat mehr Freiheit, mehr Ausbildung, mehr Gleichheit, mehr gelebtes Mitgefühl und mehr menschlichen Reichtum geschaffen als irgendein anderes System zu irgendeiner Zeit. Auch auf der Ebene der bedingten Welt liegen wir vorne, Ich bin mir sicher, dass unsere Kultur die besten Bedingungen und Absicherungen für menschliche Entwicklungen gibt und wir müssen sie zurzeit unbedingt durch mehr eigene Kinder, weniger Einwanderung und das Betonen unserer Werte schützen.

MINAUGAS STANKUNAS: Und wie steht es mit den verschiedenen nationalen Kulturen?

OLE NYDAHL: Offensichtlich begegnet und vermischt sich schon Grundlegendes durch das viele Reisen und die Umwälzung im Medienbereich. Wesentliches scheint sich jedoch kaum zu verändern. Wenn man auf eine Party geht, bleibt es kein Geheimnis, ob die Teilnehmer polnisch oder englisch sind. Einige Unterschiede in Lautstärke und die Anzahl geleerter Flaschen bleiben einfach bestehen. (Lama Ole lacht) Grundsätzlich haben wir alle das Glück, auf dem Diamantweg zu sein, was so viel Offenheit bringt. Dadurch sind wir auf bewussten wie unbewussten Ebenen verbunden und lernen ständig sehr viel von einander. Die Jugendkultur wird immer ähnlicher und man kann schon über einiges schmunzeln. Um die Welt hassen zurzeit fast alle, die es sich leisten können, ihre Jeans. Sie zerstören sie in unzähligen Weisen und versuchen durch sie so viel Schmutz wie möglich nach Hause zu schleppen, indem sie sie auf dem Boden schleifen lassen. (Lama Ole schüttelt den Kopf)

MINAUGAS STANKUNAS: Was bedeutet es, dass wir unsere Kultur verteidigen sollten? Ist sie es wert?

OLE NYDAHL: Heute bedeutet das vor allem, dass wir für Redefreiheit und die Freiheit unserer Frauen einstehen und unseren oft schlappen Politikern auf die Finger schauen sollen. Sehr wenige von ihnen haben den persönlichen Mut zu sagen was ist. Hier folgt ein Drückeberger dem anderen. Vor allem: jede Freiheit, die angegriffen wird - selbst die kleinste - sollte nachdrücklich und öffentlich geschützt werden. Damit Schlechtes geschieht, muss man nur feige wegschauen.

MINAUGAS STANKUNAS: Letztes Jahr hast du hier in Stupkalnis gesagt, dass wir unsere lokale Geschichte besser kennen sollten. Warum ist das wichtig? Kann unser historischer und kultureller Hintergrund uns in unserer buddhistischen Praxis nutzen?

OLE NYDAHL: Es gibt viel Gutes zu lernen. In freien Gesellschaften erscheint viel gemeinsame Weisheit. Dänemark zum Beispiel zeigt sehr ungewöhnliches Verhalten zum Absichern von Freiheit. Wir hatten niemals eine starke Regierung. Wann immer Herrscher zu groß oder schwierig wurden, fingen die Dänen an über sie zu lachen und das hält keiner aus. So ein Verhalten ist gesund für die Welt und vielleicht sind wir deswegen das glücklichste Volk auf der Erde mit 66% wirklich zufriedenen Menschen. Wir waren auch die ersten, die den Sklaven Freiheit gaben, als wir unsere Kolonien verkauften und so für hundert Jahre das Rassenproblem vermieden. All diese Dinge sind Teil unserer Geschichte. Natürlich wurden einige unserer Könige zu Königen, indem sie andere Könige töteten - was Könige eben so tun. (Lama Ole lacht)

Aber unsere Königin Margaret ist flott. Sie war die erste Verantwortliche in Europa, die vor einigen Jahren bei ihrer Neujahrsrede öffentlich vor dem Islam warnte. So etwas macht mich dänisch. Auch ihr habt eure Geschichte und gerade jetzt tragen Zureisende aus euren osteuropäischen Ländern viel zur menschlichen Wärme in Gesellschaften bei, die so vollkommen geworden sind, dass viele Menschen nicht mehr denken, etwas für andere tun zu können.

MINAUGAS STANKUNAS: Sprache ist der vielleicht wichtigste Teil unserer Kultur. Zum Beispiel ist Litauisch heute dem Sanskrit am nächsten, einer Schwestersprache zur vom Buddha gesprochenen Sprache aus Magada(1). Es sind nur 3,5 Millionen Menschen, die diese Sprache heute verwenden, und es kommen mehr und mehr so genannte "internationale" Wörter, vor allem aus dem Englischen, hinein. Oft denken die Leute, dass diese "internationalen" Wörter mehr Bedeutung hätten als die in ihrer eigenen Sprache. Ist es wichtig, die Authentizität der Muttersprache zu bewahren und zu schützen, zumindest auf der Ebene des Dharma?

(1) Magadhi Prakrit

OLE NYDAHL: Ich verwende möglichst immer die örtlichen Wörter, sie haben mehr "Schwingung". Zum Beispiel schreibe ich meine Bücher mit so vielen deutschen und dänischen Wörtern wie möglich. Auch Englisch war einmal eine angelsächsisch-skandinavische Sprache, aber da die Norweger und Dänen die 1066 das Land eroberten, eben Französisch gelernt hatten, hat die Mehrzahl der Worte heutzutage romanischen Ursprung. Hier verwende ich dann, was immer am Besten die Bedeutung vermittelt.

Deutsch - und soviel ich hörte, auch Ungarisch - sind insofern sehr interessant, da sie von Philosophen erschaffen wurden. Sie fügten der täglichen Sprache der Hirten und Bauern die Vor- und Endsilben hinzu, die ermöglichen, abstrakte Bedeutungen zu vermitteln. Auch heute wirken diese Bindekräfte und der Reichtum der Sprache unbewusst, und hoffentlich ermöglicht das vielen, unter der derzeitigen Überlastung durch oft undurchsichtiges Wissen ihre Köpfe klarer zu halten. Früher sagten die Menschen erst nach langer Überlegung, was sie dachten. Heute versuchen sie dem zu folgen, was sie soeben sagten. Meine amerikanischen Verleger denken, der Hauptgrund dafür, dass Menschen immer noch Bücher lesen, ist, dass es sie zwingt langsamer zu werden.

Es wurde zwar das schnelle Querlesen erfunden, aber das bringt wenig Tiefe. Wenn ein Autor sich die Zeit nimmt und die Gelegenheit nutzt, die Worte und ihre Bedeutung wirklich zu erfassen, kann viel vermittelt werden. Meine eigenen Bücher müssen langsam gelesen werden, da sie mehrere Ebenen von Bedeutung tragen. Ich empfehle, sie wie Schulbücher zu lesen und ganz bestimmt nicht wie Romane.

MINAUGAS STANKUNAS: Philosophische Texte sind oft voller besonderer intellektueller Ausdrücke und meistens ist ihre Bedeutung ohne die entsprechende Ausbildung nicht verständlich. Sind unsere Meditationstexte philosophisch und wie steht es mit deinen Büchern?

OLE NYDAHL: Universitäten sind wohl allgemeine Gräber örtlicher Sprachen, außer man lernt sie dort. Viele denken offensichtlich, sie müssten wenn möglich halb Latein sprechen und verlieren dadurch den Anschluss an das Leben vieler. In der Geschichte des Buddhismus war es ähnlich: es gab immer kluge Menschen, die sich mit anderen klugen Leuten klug unterhielten, aber nur Verwirklicher mit Lebenserfahrung wie Marpa, Milarepa und andere haben die im Leben stehenden Menschen erreicht und abgeholt. Nur sie konnten Buddhas Weisheit dem allgemeinen Volk ganzheitlich und verständlich vermitteln. Das Elitehaft-Kopfige war immer die tönernen Füße des Buddhismus und gekoppelt mit verantwortungslosem Pazifismus führte es dazu, dass die Lehre in Indien nach einigen moslemischen Angriffen zerstört und Unzählige - sie selbst zuerst - getötet wurden. Wir sollten deswegen bewusst unsere Sprache für so viele Menschen wie möglich verständlich halten und die Lehren den idealistischen und reifen Menschen zugänglich machen. Wo immer die menschlichen Verbindungen gehalten werden, wächst man ganzheitlich durch die Erfahrungen der eigenen Natur des Geistes und das bringt andauernde Ergebnisse.

MINAUGAS STANKUNAS: Wie wichtig ist es, die genaue Bedeutung der Worte in den Meditationstexten zu verstehen?

OLE NYDAHL: Wenn man in den Bereich von steter Wonne eingetreten ist, braucht man keine Anleitung mehr. Auf dem Weg dorthin sollten wesentliche Fragen aber nicht die Vertiefung stören. Dass im Buddhismus ohne Glauben alles verständlich ist, macht die Lehre für kritische aber suchende Menschen sinnvoll. Sind die Grundzüge klar und kann man sie mit Dankbarkeit füllen, bringt das Lebenserfahrung und Reife, was das letztendliche Ziel unseres Daseins ist.

MINAUGAS STANKUNAS: Gibt es Unterschiede in der Entwicklung des Buddhismus in verschiedenen westlichen Kulturen? Was sind die Ursachen dafür?

OLE NYDAHL: Die allgemeinen Unterschiede liegen in dem Selbstverständnis der Länder und die besonderen in der Mischung von Selbstbezogenheit und Idealismus bei jedem einzelnen. Obwohl alle die Buddhanatur haben und Glück suchen, sind über Jahrhunderte besondere Eigenheiten entstanden und viele denken wohl heute, dass Franzosen egoistisch, Deutsche sentimental, Dänen respektlos, Schweden herdenhaft, Russen dramatisch usw. sind. Von anderen Ländern eroberte und unterdrückte Bevölkerungen oder Kulturen entwickeln Minderwertigkeitskomplexe und werden hinterher besonders schwierig. Angenehm wirkt, wenn sich Menschen reif verhalten und bei Hindernissen Schulter an Schulter stehen. Demokratie und Redefreiheit in westlichen Gesellschaften, die sich zuerst in Europa entwickelt haben, geben den Menschen eine dauerhafte Quelle von Kraft. Gemeinsam durch Schwierigkeiten gegangen zu sein, seinen Stil dabei bewahrt zu haben - wie die Demokratien im Zweiten Weltkrieg - und sein Bestes gegeben zu haben, macht flotte Menschen.

In Europa ging die Entwicklung in drei Richtungen. Die romanisch-südlichen Länder betonen die äußere Darstellung: Dinge müssen logisch sein und gut aussehen. Die auf Erfahrung fußende englische Kultur betont seit der französischen Revolution die Erhaltung von Besitz. Man wollte die rauen Sitten aus der französischen Revolution nicht auf der andern Seite des Kanals haben. In den rationalen germanisch-slawischen Gesellschaften schließlich sind die idealistischen Vorstellungen dazu, wie Dinge zu sein haben, zwar prinzipiell lobenswert, brachten aber auch riesige Kriege und Bürokratien hervor. Die Welt vollkommen machen zu wollen, ist ein zweischneidiges Schwert, denn es gibt einige grundsätzliche Unterschiede.

Die Russen wüten zu Hause, bringen die eigenen Bürger in Gulags um oder stecken sie für Ewigkeiten in den Knast. Die germanischen Länder greifen lieber andere an. Am klügsten sind hier bestimmt die Engländer. Sie unterhielten immer ein kleines Heer aber dafür eine große Flotte, so dass sie andere Länder stören konnten aber meistens zu Hause Ruhe hatten. Und ihr Litauer liegt wohl etwa in der Mitte? Die meisten von euch haben eher skandinavisches Aussehen und Temperament, richtig? Zugleich habt ihr eine Geschichte von Kampf und Unterdrückung durch Russen und Deutsche. Die Dänen waren eher bei euren nördlichen Nachbarn schwierig.

MINAUGAS STANKUNAS: Man sagt, wir hätten ein slawisches Herz und westlichen Verstand.

(Lama Ole lacht)

OLE NYDAHL: Hervorragend, das ist nett. Slawisches Herz ist sehr anziehend, und zugleich von den Gesetzen her klar und demokratisch zu sein, gibt euch das Beste von beidem.

MINAUGAS STANKUNAS: Die Hauptarbeit beim Aufbau des Zentrums Stupkalnis steht noch bevor. Sollten wir mehr Aufmerksamkeit auf unsere nationalen, kulturellen Attribute legen oder eher dem zeitgenössischen Stil bezüglich Architektur, Innengestaltung und Landschaftsdesign folgen?

OLE NYDAHL: Die Kunst des Möglichen üben. Versucht es schön in die Landschaft einzufügen und verwendet örtliche Baumittel und vielleicht ein leicht chinesisch-japanisches Schwalbendach. Lasst es aber nicht zu ausländisch aussehen, denn dann kommen die Menschen nur für die Show. Lasst es gut wirken - nicht zu teuer, aber anziehend. Wenn es günstig ist, dann mit einem Dach, das ein bisschen chinesisch aussieht mit einladenden Außentüren, das bringt Schwung und sieht nett aus. Tut, was vernünftig in der Mitte liegt und arbeitet mit Architekten, die ihr grundlegend mögt und denen ihr vertraut. So werdet ihr ein gutes Gleichgewicht finden. Das Wichtigste ist, dass wir uns hier frei fühlen und nicht wie in einem Museum. Das Praktische ist vor allem unser Stil.

Wir haben begonnen mit Rödby in Dänemark, und besitzen jetzt über Kuchary bis zum Europazentrum und Bartholdy Dutzende von Zurückziehungsstellen, wo ihr euch begeistern könnt. Alle Gegenden fanden ihren Stil. Seid also spielerisch und schaut, was anliegt. Unsere Arbeit in Stupkalnis wird immer zum Teil aus dem Augenblick entstehen, beeinflusst von der Natur und euren erfinderischen Geistern. Es wird immer erfrischend sein und das ist nett.

MINAUGAS STANKUNAS: Vielen Dank!


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Quelle:
Buddhismus heute 47, Sommer 2009, Seite 24-29
Herausgeber:
Buddhistischer Dachverband Diamantweg der Karma Kagyü
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juni 2010