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PRESSE/953: Buchrezension - "Der Übergang von Leben zu Tod und Wiedergeburt im Theravada-Buddhismus" (DMW)


Der Mittlere Weg - Nr. 3, September - Dezember 2012
Zeitschrift des Buddhistischen Bundes Hannover e.V.

Thanh Ho
Der Übergang von Leben zu Tod und Wiedergeburt im Theravada-Buddhismus

Buchrezension von Axel Rodeck



Der dem vietnamesischen Kulturkreis entstammende Autor, langjähriger Mönch in der hannoverschen Pagode Vien Giac, legt mit diesem Werk die überarbeitete Fassung seiner Magisterarbeit vor.

Im 1. Drittel seines insgesamt 116 Seiten umfassenden Buches befaßt sich Thanh Ho mit Vergänglichkeit und Tod in der Lehre des Buddha. Dabei schildert er zunächst - und auch für Laien leicht verständlich - die Grundzüge des Buddhismus, von der Leidhaftigkeit des Daseins über Karma-Lehre und Wiedergeburtstheorien bis zur Unpersönlichkeit (anatta). Die Darstellung von Tod und Vergänglichkeit im Pali-Kanon erfolgt unter Angabe einer Vielzahl von Textstellen und Fußnoten.

Auf Seite 47 kommt der Autor dann zu sprechen auf die im Thema gewählte Fragestellung nach Sterben, Tod und Wiedergeburt im Theravada-Buddhismus. "Wie soll das denn funktionieren?" ist bekanntlich eine häufig den Buddhisten gestellte Frage. Nachdem Thanh Ho noch auf die "Skandhas" (Bestandteile der empirischen Person) und kurz auf das tibetische "Totenbuch" eingegangen ist, benennt er die beiden theravadischen Lehrer, die mit ihren Betrachtungen über Tod und Wiedergeburt zum Verständnis dieses komplizierten Geschehens beigetragen haben: Bhikkhu Bodhi und V.F. Gunaratna.

Kurz dargelegt kommt beim Tod ein katalysatorischer Impuls zustande, der den Verstorbenen zur Wiedergeburt drängt. Der Geist des Verstorbenen sucht sich eine neue Verkörperung, die den karmischen Gegebenheiten des früheren Lebens entspricht. Bezug nehmend auf M 38,26 wird dargelegt, dass zum Entstehen eines neuen Menschen neben dem Ei der Mutter und dem Samen des Vaters ein drittes Element erforderlich ist, ein "Keimling" (gandhabha), ein Bewußtseinselement der Vorexistenz.

Thanh Ho verweist darauf, dass nach theravadischer Auffassung die Wiedergeburt (Zeugung) unmittelbar nach dem Tod der Vorexistenz erfolgt, teilt jedoch mit, dass nach Auskunft von befragten Theravada-Mönchen neuerdings auch Zwischenzustände von bis zu 90 Tagen akzeptiert werden - was die auf bis zu 49 Tage ausgelegten "bardos" der Tibeter weit übertreffen würde.

Der letzte Teil des Buches bezieht sich auf "Sterbebegleitung und Trauerfeier in Sri Lanka" und dem Autor ist klar, dass er mit der Befragung nur weniger (in Deutschland lebender) Mönche und Familien nur einen sehr kleinen Ausschnitt lokaler Rituale beispielhaft wiedergeben kann. Der Buchtitel ist insofern irreführend. Geht man davon aus, dass der Buddha grundsätzlich Ritualen ablehnend gegenüber stand und die Masse der Gläubigen daher Riten aus dem jeweiligen Kulturkreis übernahm, hätte eine ausführliche Behandlung der Rituale im Theravada sicherlich den Rahmen des Buches (und der Magisterarbeit) geprengt.

Für westliche (Theravada-)Buddhisten, die auf Suche nach dem eigenen Kulturkreis entsprechenden Zeremonien sind, gibt das Büchlein Thanh Hos wohl keine Hilfestellung. Die aufgezeigten Rituale wie Zerschneiden eines "Segensfadens" oder das "Wassergießen" dürften nicht jeden überzeugen, zumal die meisten Teilnehmer am "Heimgang" eines Verstorbenen keine Buddhisten sein werden.


Thanh Hoh: "Der Übergang von Leben zu Tod und Wiedergeburt. Vorstellungen und Rituale."
Tectum Verlag Marburg 2008.
ISBN: 978-3-8288-9755-7

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Quelle:
Der Mittlere Weg - majjhima-patipada
44. Jahrgang, September - Dezember 2012/2556, Nr. 3, Seite 35
Herausgeber: Buddhistischer Bund Hannover e.V.
Drostestr. 8, 30161 Hannover,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. September 2012