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PRESSE/985: Ordination, Tokudo-Zeremonie und Gelübde im Zen (Buddhistische Monatsblätter)


Buddhistische Monatsblätter Nr. 3/2013, September - Dezember 2013
Vierteljahreszeitschrift der Buddhistischen Gesellschaft Hamburg e.V.

Ordination, Tokudo-Zeremonie und Gelübde im Zen

von Holger Korin Stienen



Der Zen-Buddhismus hat im Laufe seiner eintausendvierhundert Jahre alten Geschichte auch einen formalen Weg entwickelt, die Übung und die Gelübde zu vertiefen. So können Laien in einer Zeremonie mit ihrem Lehrer Zuflucht nehmen, die nächste Stufe ist die der Bodhisattva-Ordination oder Zaike-Tokudo. Danach folgt die Mönchsordination, Shukke-Tokudo, die auch zur Priesterschaft und der Möglichkeit, einen Tempel zu übernehmen, führt. Hierzu gehört dann auch eine Lehrerlaubnis. Über weitere Schritte, die je nach Meister/Meisterin unterschiedlicher Art sein können, kann es zwischen dem gereiften Schüler und seinem Lehrer (Roshi) zur Dharmaübertragung (Denne-Weitergabe des Kesa-Gewandes) kommen, dem Erweis, die Meisterwürde erlangt zu haben. Hier spielt eine sehr spezielle und oft sehr langjährige Beziehung zwischen Meister/Meisterin und Schüler/Schülerin eine wichtige Rolle.

Wir wollen uns hier mit den Tokudo-Zeremonien befassen. Bereits in der Zaike-Tokudo-Zeremonie erhält der Schüler die Gelübde, die denen in anderen Richtungen des Buddhismus in etwa entsprechen und sich aus dem achtfachen Pfad ableiten, der zu zehn silas zusammengefasst ist:

  1. Ich gelobe, mich darin zu üben, keine Lebewesen zu töten.
  2. Ich gelobe, mich darin zu üben, nichts zu nehmen, was mir nicht gehört.
  3. Ich gelobe, mich darin zu üben, keine ausschweifenden sinnlichen Handlungen auszuführen.
  4. Ich gelobe, mich darin zu üben, nicht zu lügen und wohlwollend zu sprechen.
  5. Ich gelobe, mich darin zu üben, keine Substanzen zu konsumieren, die den Geist verwirren und das Bewusstsein trüben.
  6. Ich gelobe, mich darin zu üben, nicht nachtragend zu sein.
  7. Ich gelobe, mich darin zu üben, mich nicht auf Kosten anderer zu loben.
  8. Ich gelobe, mich darin zu üben, weder Dinge noch Lehren egoistisch zu horten.
  9. Ich gelobe, mich darin zu üben, nicht verbittert zu sein.
  10. Ich gelobe, mich darin zu üben, niemals die drei Schätze, Buddha, Dharma und Sangha zu verleugnen.

Diese Gelübde spricht der/die Schüler/Schülerin dem/der Meister/Meisterin während der Zeremonie im Dojo oder in der Buddhahalle vor der versammelten Sangha (Gemeinschaft) nach. Zu betonen ist, dass die Gelübde nicht ein starres Einhalten bestimmter extern festgelegter Grenzen beinhalten, sondern Teil eines weitergehenden Übungsweges sind und sich immer neu, der Entwicklung des/der Schülers/Schülerin entsprechend, definieren. Es werden in der Zeremonie noch weitere Sutras rezitiert, vorab das Makahanya (Sutra der vollkommenen Weisheit) und das Dai Shin Darani, das dem Bodhisattva, Avalokiteshvara, gewidmet ist.

Dem Schüler/der Schülerin wird dann von dem Meister/der Meisterin das Rakusu (kleines Buddhagewand) überreicht oder umgehängt, das vom Schüler/von der Schülerin selbst genäht wurde. Es entspricht vollkommen dem großen Buddhagewand (Kesa) und ist aus kleinen rechteckigen Stoffstücken (früher Fetzen von weggeworfener Kleidung) in Bahnen durch Punktstich zusammengenäht. Die Rechtecke symbolisieren Reisfelder, in Asien ein Symbol für Glück. Das Kesa-Sutra wird rezitiert, wobei gelobt wird, die Lehren des Tathagata (des historischen Buddha) zu verinnerlichen und weiterzugeben. In der Zeremonie werden zudem die vier Basisgelöbnisse (Shigusaigan) rezitiert, die auch Grundlage der Zufluchtnahme sind: "Mögen die Lebewesen noch so zahlreich sein, ich gelobe, sie alle zu retten, mögen die Leidenschaften noch so unerschöpflich sein, ich gelobe, sie alle auszulöschen, mögen die Lehren noch so unermesslich sein, ich gelobe, sie alle zu studieren, möge die Budhha-Wahrheit noch so unvergleichlich sein, ich gelobe, sie zu erlangen."

Die Shukke-Tokudo-Zeremonie ist eine Mönchs-/Nonnenordination, genau genommen zunächst die zum Novizen/zur Novizin. Sie symbolisiert das Gehen in die Hauslosigkeit oder das "darüber hinaus Gehen". Diese Zeremonie findet im großen Kreis der Sangha statt. Kniend Norbert Rin-Dô Hämmerle, der in der BGH die Soto-Zen-Gruppe leitet, wurde im Frühjahr 2013 im Zen-Zentrum Altbäckersmühle von seiner Meisterin Genki Oesterle ordiniert. Oft reisen auch Schüler aus anderen Städten zu diesen Anlässen an. Es findet eine Vielzahl von Aktivitäten statt, je nach Kloster, Tempel oder Dojo etwas unterschiedlich. Im Zentrum der Ordination stehen die Jujukai, 10 Gelübde, die die Silas beinhalten. Zusätzlich wird gelobt, nicht nach Fehlern bei anderen zu suchen und nicht zu klatschen, nicht sich selbst zu loben und andere zu erniedrigen, nicht zu begehren und gegen andere großzügig zu sein, keinen Ärger aufkommen zu lassen und in Harmonie zu leben und niemals die drei Schätze, Buddha, Dharma und Sangha zu verleugnen. Dazu kommen noch 48 weitere kleine Gelübde, die nicht alle nachgesprochen zu werden brauchen.

Die Sangha zieht gemeinsam durch Kloster und Garten, vor Buddhaund Bodhisattva-Statuen werden Gassho (Verbeugungen) oder Niederwerfungen gemacht, verschiedene Sutras werden dabei rezitiert, auch vor der Küche, einem wichtigen Ort des Klosterlebens im Zen, dem Raum des Abtes und an anderen Punkten wird verweilt oder sich niedergeworfen. Schließlich findet die eigentliche Zeremonie in der Buddha-Halle, dem Zendo oder Dojo statt.

Wieder wird den Kandidaten ein Kesa überreicht, das diese, als eine Übung der Sammlung, selbst genäht haben sollten. Zuvor haben sie eine Prüfung ihrer Kenntnisse der Lehre abgelegt. Manche legen Zeugnisse ihres besonderen Weges vor, etwa in Gestalt einer Teezeremonie oder von Haiku-Dichtungen oder Ikebana-Sträußen. Mit dem Kesa auf dem Kopf vor dem Altar wird das Kesa-Sutra rezitiert: "Wie wunderbar ist dieses Gewand der Befreiung ...", bei uns meist auf Deutsch und/oder Sino-Japanisch. Der Meister/die Meisterin weiht das Kesa mit Räucherwerk und durch das Besprengen mit Wasser mittels eines Tannenzweiges. Die Nadel der Tanne symbolisiert die Einspitzigkeit des Geistes in der Meditation (Zazen). Der Meister/die Meisterin kann auch noch eine kleine Lehrrede halten, eventuell mit Bezug auf die Person der frisch Ordinierten. Dann reichen die Novizen am Altar Räucherwerk in einer Metallschale mit glühender Holzkohle.

Nach den Ordinationsfeierlichkeiten wird entweder im formalen Oryoky-Stil am Meditationsplatz das Essen eingenommen oder es wird informell gegessen, oft in Form eines Büfetts. In manchen Klöstern und Tempeln wird neben Tee auch ein Glas warmer Sake gereicht. Jetzt kann auch wieder frei gesprochen und gratuliert werden.

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Quelle:
Buddhistische Monatsblätter Nr. 3/2013, September - Dezember 2013, Seite 31-33
Vierteljahreszeitschrift der Buddhistischen Gesellschaft Hamburg e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. August 2014