Schattenblick →INFOPOOL →RELIGION → BUDDHISMUS

PRESSE/989: Kleiner Leitfaden für das Verhalten in einem buddhistischen Tempel in China (DMW)


Der Mittlere Weg - Nr. 1, Januar - April 2015
Zeitschrift des Buddhistischen Bundes Hannover e.V.

Ich verneige mich drei Mal
Ein kleiner Leitfaden für das Verhalten in einem buddhistischen Tempel in China

von Ulrike Hecker



In China gibt es rund 200 Millionen Buddhisten, je nach Quelle mal mehr mal weniger. Egal, Religionen, gleich welcher Richtung, erleben in den letzten Jahren einen großen Zulauf aus der Bevölkerung. Buddhistische Tempel sind zentrale Orte des Gebets. Gongs und Trommeln dröhnen, das Gemurmel der Mantras zieht zusammen mit dem Duft der Räucherstäbchen durch die Hallen.

Überall sieht man Menschen, die sich ins Gebet versenken, Räucherstäbchen anzünden und sich verbeugen. Da kann es schon mal vorkommen, dass man, vor allem in kleineren volkstümlichen Tempeln freundlich dazu aufgefordert wird, mitzumachen. Oder man möchte, wie in einer christlichen Kirche, eine Kerze anzünden. Und meistens weiß man dann nicht, wie man das richtig macht und ohne irgendwen vor den Kopf zu stoßen. Da auch ich lange Zeit sehr unsicher war, möchte ich hier einen kleinen Leitfaden geben. Dazu müsst Ihr wissen, dass ich Buddhistin bin. Allerdings Theravada-Buddhistin, eine Richtung, die in China eher weniger vertreten ist.

In China gibt es zahlreiche Schulen des sog. Mahayana-Buddhismus. Die wichtigsten sind "Reines Land" und Chan-Buddhismus. Großer Beliebheit erfreut sich der Reines-Land-Buddhismus mit seiner Verehrung des Amituofo (amítuó fó, Amitabha - Buddha des grenzenlosen Lichtes). Eine Möglichkeit, zur Erleuchtung und ins "Reine Land" zu kommen, ist die ständige Anrufung des Namens.

Es gibt sicherlich unterschiedliche Verhaltensweisen in den jeweiligen Tempeln, doch wenn man sich respektvoll verhält und vielleicht versucht, sich zu verbeugen, dann wird das sehr erfreut anerkannt.

Für alles gilt: Die Einheimischen bei ihrem Tun beobachten und ihrem Beispiel vorsichtig folgen.


Grundsätzliches Verhalten in einem chinesischen buddhistischen Tempel

Ordentliche, nicht zu offenherzige Kleidung ist angebracht.

Man braucht seine Schuhe nicht auszuziehen wie z.B. in thailändischen Tempeln. Doch kann es sein, dass es ein Allerheiligstes gibt, einen Raum mit einer besonders verehrten Buddha-Statue zum Beispiel. Wenn man dort überhaupt reinkommt, sollte man die Schuhe ausziehen. Meistens wird für diesen Bereich ein Extra-Eintrittsgeld oder eine Spende erwartet.

Die Gebäude und Altäre umrundet man im Uhrzeigersinn.

In den Hallen soll man nicht fotografieren. Vor allem das Fotografieren der Buddha-Statuen ist verpönt. Sich selbst vor einer Buddha-Statue im Tempel fotografieren zu lassen, gilt als respektlos.

Wenn man in China buddhistischen Mönchen oder Gläubigen begegnet, so lautet der angemessene Gruß: "Amituo-Fu". Man legt zum Gruß die Hände zusammen, verbeugt sich leicht und murmelt "Amituo-Fu" (Irgendwie klingt das immer ein wenig wie "Ami-Tofu"). Das erfreut den Gläubigen. Aber dann wird von dem Besucher auch erwartet, dass er weiß, wie man sich ordentlich vor den Buddhastatuen verbeugt.


Verbeugen, niederknieen

Respekt zeigt man in den Hallen, indem man die Hände vor der Brust zusammenlegt und sich leicht in Richtung Buddha verbeugt.

Vor jedem Altar gibt es Kissen oder kleine Bänke, auf die man niederknieen kann für ein kurzes Gebet oder zur Bezeugung seiner Verehrung. Das geht wie folgt: Mit geradem Oberkörper kniet man auf dem Kissen. (Nur mit den Knien auf der Kante, Füße mit Schuhen befinden sich nicht auf dem Kissen!). Man hebt die Hände aneinandergelegt ungefähr auf Höhe des Halses. Die Fingerspitzen befinden sich auf Höhe der Stirn. Dabei beugt man den Kopf, schaut auf die Buddha-Statue. Dann legt man die Hände mit den Handflächen nach unten auf das Kissen, verbeugt sich tief und richtet den Blick auf die Hände. Dabei berührt man kurz mit der Stirn den Boden (das Kissen) zwischen den Händen. Die Hände dreht man nun mit den Handflächen nach oben und erhebt sich. Es reicht, wenn man weiter kniet. Doch manche stehen komplett auf und die Verbeugung beginnt von vorne. Das macht man insgesamt drei Mal.

Die Drei hat folgenden Hintergrund: Es handelt sich um die dreifache Zufluchtnahme. "Zuflucht zum Buddha, zur Lehre und zur Gemeinschaft der Gläubigen".

Mich hatte man übrigens mal zu einer Gedenkfeier für einen Verstorbenen im Fayuan-Tempel in Peking eingeladen. Dabei nahmen mich ein paar ältere Damen unter ihre Fittiche und zeigten mir mit großer Geduld, wie ich mich immer wieder verbeugen musste. Das ging ungefähr eine halbe Stunde lang: Verbeugen, niederknien, Stirn auf den Boden, aufstehen. Unterbrochen wurde dies nur durch mehrere Umrundungen des Altars. Einige Mönche führten die Zeremonie an. Und immer wurde "Amituo-Fu" gemurmelt, die Anbetungsformel des Amithaba-Buddhas. Anschließend erhielt ich wie alle anderen ein paar Orangen und Süßigkeiten.


Räucherstäbchen anzünden

Die Existenz eines nahen Tempels kann man auch ohne Stadtplan und geschwungene Dächer daran erkennen, dass sich die Geschäfte mit Räucherstäbchen und Kerzen häufen. Auch in den Tempeln selbst kann man Räucherstäbchen kaufen. Die Räucherstäbchen gibt es immer in größeren Bündeln. Davon nimmt man drei, zündet diese an den überall vorhandenen Kerzen an. Die Stäbchen sollen glühen aber nicht in Flammen stehen. Wenn die Flammen nicht von alleine ausgehen, kann man die Stäbchen kurz schütteln. Dann glühen nur noch die Spitzen und eine dünne Rauchfahne verbreitet ihren Duft.

Man nimmt die rauchenden Stäbchen in die respektvoll zusammengeführten Hände und hebt sie so hoch, dass die glühenden Spitzen über dem Kopf sind. Nun wendet man sich zuerst dem Altar zu und verbeugt sich leicht. Danach dreht man sich in alle Himmelsrichtungen und verbeugt sich jeweils. Auch den Himmel sollte man nicht vergessen: also kurz nach oben strecken und auch in die Tiefe sich verneigen. Damit hat man seine Wünsche allen Himmelsrichtungen mitgeteilt. Die Räucherstäbchen steckt man anschließend in das Bronzebecken mit dem Sand. Dies wiederholt man vor jeder Halle, das heißt überall dort, wo so ein Bronzebecken bzw. ein Altar steht. Es reicht, wenn man das nur vor der Haupthalle macht. Aber manchmal hat man ja einen Lieblingsbuddha, an den man sich mit einem besonderen Gebet wenden möchte. Wenn nach all den Ritualen noch Räucherstäbchen übrig sind, kann man sie auf den Altar oder neben den Bronzekessel legen.

Wenn man sich unsicher ist, wie es gerade in einem bestimmten Tempel gehandhabt wird, oder man sieht, dass die Einheimischen sich anders verhalten, dann kann man einfach die Leute beobachten und nachmachen. Jede Äußerung von Respekt dem Buddha gegenüber wird freundlich aufgenommen. Manchmal kann es passieren, dass eine nette ältere Dame sich nähert und einem mit einem freundlichen Lächeln zeigt, wie es geht.

*

Quelle:
Der Mittlere Weg - majjhima-patipada
46. Jahrgang, Januar - April 2015, Nr. 1, Seite 19-21
Herausgeber: Buddhistischer Bund Hannover e.V.
Drostestr. 8, 30161 Hannover,
Tel. und Fax: 05 11/3 94 17 56
E-mail: info@buddha-hannover.de
Internet: www.buddha-hannover.de
 
"Der Mittlere Weg - majjhima-patipada" erscheint
nach Bedarf und ist für Mitglieder kostenlos.


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Februar 2015


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang