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AFRIKA/039: Liberia und Sierra Leone - Friedensarbeit nach dem Krieg (ÖRK)


Ökumenischer Rat der Kirchen - Pressemitteilung vom 13. November 2008

Liberia und Sierra Leone: Friedensarbeit nach dem Krieg


"Bitte erinnern Sie die Welt daran, dass wir nicht mehr im Krieg sind", sagte ein hochrangiger Regierungsbeamter aus Sierra Leone zu der internationalen ökumenischen Delegation, die vom 2. bis 8. November Kirchen und ökumenische Organisationen in Liberia und Sierra Leone besuchte.

"Die Welt denkt immer noch, wir seien Kriegsherren", sagte der sierra-leonische Handels- und Industrieminister Alimamy Koroma der Delegation, die die beiden westafrikanischen Staaten im Rahmen der "Lebendige Briefe [1] "-Initiative des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) besuchte.

Beide Länder wurden in den 1990er Jahren von Bürgerkriegen zerstört. Liberia fand zu Frieden und Stabilität zurück, nachdem der frühere Präsident und ehemalige Kriegsherr Charles Taylor 2003 aus dem Amt gejagt wurde. Im benachbarten Sierra Leone wurde der Bürgerkrieg offiziell 2002 beendet.

"Lebendige Briefe" sind kleine ökumenische Teams, die Orte auf der ganzen Welt besuchen, an denen sich Christen für die Überwindung von Gewalt einsetzen. Die Teammitglieder, die selbst in ökumenische Aktivitäten und Friedensarbeit in ihren Heimatländern eingebunden sind, bringen die Solidarität der ÖRK-Gemeinschaft zum Ausdruck, der 349 Kirchen in aller Welt angehören.

Koroma zufolge hat die Welt vergessen, dass die beiden Länder ihre Kriege vor rund sechs Jahren beendet haben und dass beide nach einem unsicheren Start inzwischen über demokratisch gewählte Regierungen verfügen. Die liberianische Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf, die 2005 gewählt wurde, ist die erste Staatspräsidentin Afrikas.

Die laufenden Anstrengungen, died vom Krieg zerstörte Wirtschaft wieder anzukurbeln, sind in beiden Ländern durch die gegenwärtige schwere Weltwirtschaftskrise stark belastet. Die Preise für Nahrungsmittel, Benzin und andere Verbrauchsgüter steigen. Zudem, sagte Koroma, seien beide Länder in die internationalen Markt- und Handelssysteme gezwungen worden, die inhärent ungerecht und auf der Seite der Starken seien.

Sierra Leone und Liberia zählen, laut Angaben des Internationalen Währungsfonds zum Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, zu den zehn ärmsten Ländern der Welt.

Beide Länder arbeiten intensiv an der Friedenskonsolidierung, erfuhr die Gruppe der Lebendigen Briefe. Die Regierungen sowie Kirchen und zivilgesellschaftliche Organisationen haben einen Prozess zur Heilung der Kriegserinnerungen in Gang gesetzt.

Die Kriege haben eine Kultur der Gewalt hinterlassen, die nach wie vor schädliche Auswirkungen für Frauen und Kinder hat. Der Kirchenrat von Liberia und der Kirchenrat in Sierra Leone arbeiten eng mit UN-Behörden und zivilgesellschaftlichen Gruppen zusammen in den Bereichen Rehabilitation von Straßenkindern, psychosoziale Unterstützung von sexuell missbrauchten Frauen und Kindern, Traumaberatung, Hilfe für HIV- und AIDS-Kranke einschließlich Bekämpfung der Stigmatisierung und Aufklärung über Verhütungsmaßnahmen.

Die Kirchen beteiligen sich an interreligiösen Dialogen und bemühen sich, der Stimme der Glaubensgemeinschaften in der Friedensarbeit und im Prozess der Wahrheitsfindung und Versöhnung mehr Gewicht zu geben. Sie haben sich auch für Wählerinformation und Wahlbeobachtung sowie für Kapazitätsaufbau eingesetzt.

Die Delegation traf auch mit dem Präsidenten von Sierra Leone Ernest Bai Koroma zusammen, der bestätigte, welch wichtige Rolle die Kirchen in den schwierigen Zeiten gespielt haben. Er appellierte an sie, nicht aufzugeben, da das Ziel noch nicht erreicht sei und noch zahlreiche Probleme angegangen werden müssten. Mit Bezug auf die ÖRK-Dekade zur Überwindung [2] von Gewalt sagte Koroma zu, dass Sierra Leone bis 2010 ein "strahlendes Beispiel für die Verwirklichung von Frieden und Gerechtigkeit" sein würde.

Der Delegationsleiter Bischof Dr. Robert Aboagye-Mensah, leitender Bischof der Methodistischen Kirche in Ghana und Mitglied des ÖRK-Zentralausschusses, stellte heraus, wie sehr "die Geschichten, die vom Glauben, von der Hoffnung und vom Mut der Menschen erzählen, die einen Krieg hinter sich haben und ihr Leben wieder aufbauen," uns bereichern können. Der Besuch der Lebendigen Briefe "hat den ÖRK den Kirchen und Menschen in diesen Ländern in bedeutsamer Weise näher gebracht", fügte er hinzu.

"Trotz der Leiden und Schrecken, die die Bürgerkriege über die beiden Ländern gebracht haben, hat unser Besuch doch auch gezeigt, wie sehr sich die Kirchen, die Regierungen und Partnerorganisationen für Wiederaufbau und Versöhnung in ihren Ländern und in der Region einsetzen", sagte Rev. Dr. Angelique Walker-Smith vom Nationalen Baptistenbund USA, Inc.

Die beiden jungen Leute im Team der Lebendigen Briefe, Anam Gill von der Presbyterianischen Kirche von Pakistan und James Macharia von der Presbyterianischen Kirche von Ostafrika, Kenia, wiesen auf die Zeichen der Hoffnung und des Glaubens hin, die sie während des Besuchs feststellen konnten. Macharia drückte es so aus: "Trotz aller Herausforderungen sind Liberia und Sierra Leone unterwegs in eine hoffnungsvolle und vielversprechende Zukunft, da sie mit einem starken Glauben gesegnet sind."

Im Rahmen der "Dekade zur Überwindung von Gewalt" des ÖRK und in Vorbereitung auf die Internationale ökumenische Friedenskonvokation 2011 in Jamaika werden bis 2010 jedes Jahr mehrere "Lebendige Briefe"-Besuche in der ganzen Welt stattfinden.

Mehr Informationen zu dem Besuch:
http://gewaltueberwinden.org/de/iepc/lebendige-briefe/liberia-und-sierra-leone.html

ÖRK-Mitgliedskirchen in Liberia (auf Englisch):
http://www.oikoumene.org/?id=4618&L=2

ÖRK-Mitgliedskirchen in Sierra Leone (auf Englisch):
http://www.oikoumene.org/?id=4635&L=2

Der Ökumenische Rat der Kirchen fördert die Einheit der Christen im Glauben, Zeugnis und Dienst für eine gerechte und friedliche Welt. 1948 als ökumenische Gemeinschaft von Kirchen gegründet, gehören dem ÖRK heute mehr als 349 protestantische, orthodoxe, anglikanische und andere Kirchen an, die zusammen über 560 Millionen Christen in mehr als 110 Ländern repräsentieren. Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit der römisch-katholischen Kirche. Der Generalsekretär des ÖRK ist Pfr. Dr. Samuel Kobia, von der Methodistischen Kirche in Kenia. Hauptsitz: Genf, Schweiz.

[1] http://gewaltueberwinden.org/de/iepc/lebendige-briefe.html
[2] http://gewaltueberwinden.org


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Quelle:
Pressemitteilung vom 13. November 2008
Herausgeber: Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK)
150 rte de Ferney, Postfach 2100, 1211 Genf 2, Schweiz
E-Mail: ka@wcc-coe.org
Internet: www.wcc-coe.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. November 2008