Schattenblick → INFOPOOL → RELIGION → CHRISTENTUM


KIRCHE/1934: Kirchen können ihre zivilgesellschaftliche Macht zur Friedensarbeit nutzen (ÖRK)


Ökumenischer Rat der Kirchen - Mitteilung vom 7. November 2016

ÖRK-Podiumsdiskussion zur Reformation:
Kirchen können ihre zivilgesellschaftliche Macht zur Friedensarbeit nutzen


Die Kirchen sind wahrscheinlich die mächtigste zivilgesellschaftliche Gruppe weltweit und müssen der damit einhergehenden Verantwortung auf der Suche nach Frieden gerecht werden, sagt der deutsche Bischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm.

Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD, in der sich lutherische, reformierte und unierte Kirchen zusammengeschlossen haben), hat am 3. November im Ökumenischen Zentrum in Genf auf einer Veranstaltung zur Friedensförderung gesprochen.

In ihren Diskussionen haben wichtige Wegbegleiter der Ökumene das 500. Jubiläum dieses epochalen Ereignisses, das die Christenheit und die Welt verändert hat, für eine kritische Analyse der Gegenwart durch Reflexionen über die Vergangenheit genutzt. Auf der Veranstaltung, die im Kontext der Rolle der Stadt Genf als "Hauptstadt des Friedens" zu sehen ist, gab es eine Podiumsdiskussion, an der auch sieben Delegierte unter der Leitung des Generalsekretärs Pastor Dr. Olav Fykse Tveit des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) teilnahmen. Die Moderation übernahm Jan Dirk Herbermann, Präsident der Organisation der bei der UNO akkreditierten Journalisten.

Einige der Referenten/innen wiesen darauf hin, dass die Kirchen sich vor Augen führen müssen, dass sie sowohl in Konflikten instrumentalisiert werden, aber auch Friedensstifter sein können. Einer der Fragestellenden hob ebenfalls die Rolle der Kirchen hervor, die diese im Umgang mit der Rüstungsindustrie wahrnehmen könne. Die Waffenlobby ist oft stark daran interessiert, Konflikte weiter anzufachen. Sowohl Gebete als auch Kommunikation seien wichtig für die Friedensarbeit, sagte Bedford-Strohm und stellte fest, dass "Kirchen die geborenen Hoffnungsträger einer globalen Zivilgesellschaft sind ... sie haben eine gemeinsame Stimme und eine gemeinsame Motivation - den einen,Jesus Christus."

Bedford-Strohm berichtete, er sei gerade aus dem Heiligen Land zurückgekehrt und habe es als "unglaublich und deprimierend" empfunden, dass diese beiden Völker - das israelische und das palästinensische - "nicht miteinander kommunizieren." Das Geschichtenerzählen zwischen unterschiedlichen globalen Kirchen sei von großer Bedeutung, so sagte er.


Das Konzept eines "gerechten Friedens"

Tveit stellte den ökumenischen Frieden des ÖRK in den Kontext "eines gerechten Friedens", dem die Organisation verpflichtet sei, und beschrieb dies als "Alternative zum Konzept eines gerechten Kriegs." Der ÖRK, so erklärte er, entwickele Wege, "Friedensarbeit an der Basis zu leisten", in Gemeinschaften, auf dem Marktplatz und zwischen den Nationen als Teil des Pilgerwegs der Gerechtigkeit und des Friedens.

Tveit sagte, der ÖRK arbeite mit Kirchen zusammen, die sich in Konfliktsituationen befänden, und nannte in diesem Zusammenhang ein Land wie den Südsudan. Dort, so berichtete er, seinen die Kirchen "die glaubwürdigsten Friedensmakler."

Ein weiteres Arbeitsfeld für die Kirchen und ihre Friedensinitiativen seien die "interreligiösen Beziehungen, für die wir uns umfassend und immer stärker engagieren." Tveit wies darauf hin, dass der ÖRK ein Zentrum eröffnet habe, in dem man "Geschichten über Konflikte zuhören könne."

Marilena Viviani, Leiterin des Genfer Verbindungsbüros der UNICEF-Programmpartnerschaften, hob die Arbeit der UN-Organisation hervor, die gemeinsam mit dem ÖRK Kinder schützt.

Sie sagte, UNICEF "kümmert sich um Kinder in Konfliktzonen". Die Anzahl der Kinder, die unmittelbar von Konflikten betroffen sind, sei viel zu hoch, so Viviani. Sie sei der Überzeugung, dass man Kindern helfen könne, wenn man sich mit der psychosozialen Seite befasse, deshalb arbeite sie mit zahlreichen Gruppen, auch mit den Kirchen, an Friedensinitiativen.

Als UNICEF mit dem ÖRK eine Vereinbarung darüber ausgearbeitet hat, wie man Ressourcen am besten für die gemeinsame Förderung der Rechter von Kindern einsetzen könnte, sei man deshalb so schnell zu einem Ergebnis gekommen, so erklärte Viviani, weil beide Organisationen ihre gemeinsame Verpflichtung erkannt hätten.

Philip Tanis, Direktor für Entwicklung und Kommunikation der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen (WGRK), sprach über die Friedensarbeit seiner Organisation mit Kirchen in Kolumbien, dem Nahen Osten und der Koreanischen Halbinsel.


Aufbau einer Plattform für den Dialog

Eines der Probleme bei der Arbeit in Korea ist der Umstand, dass "sich die Regierungen in Süd- und Nordkorea nicht besonders mögen." Der WGRK-Generalsekretär, Chris Ferguson, habe gesagt, dass "der Aufbau einer Plattform für den Dialog ein erster Schritt ist."

Tanis zitierte den syrischen Pastor Mofid Karajili, der auf der Nationalen Evangelischen Synode Syriens und Libanons neulich gesagt hat: "Wir wissen, dass wir die Welt nicht ändern können, aber wir können wenigstens einen Schritt in Richtung eines besseren Lebens gehen."

Sharan Srinivas, Direktor für Forschung und Advocacy bei der Right Livelihood Award Foundation, erklärte, dass die Stiftung aufgrund des in den letzten fünf Jahren erlebten "abnehmenden Handlungsspielraums der Zivilgesellschaft" mit der Kirche von Schweden zusammenarbeite, einem Mitglied des ÖRK.

Jedes Jahr verleiht die Stiftung einen "alternativen Nobelpreis." Die Preisträger/innen gelten oft als couragierte Personen oder Organisationen, die für die eigentlichen Ursachen globaler Probleme exemplarische Lösungen finden. "Wenn wir mit fortschrittlichen Kirchen zusammenarbeiten, dann gewinnen wir damit an Stärke", sagte Srinivas. "Eine echte Zivilgesellschaft besteht auch aus glaubensgestützten Organisationen."


Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) fördert die Einheit der Christen im Glauben, Zeugnis und Dienst für eine gerechte und friedliche Welt. 1948 als ökumenische Gemeinschaft von Kirchen gegründet, gehören dem ÖRK inzwischen 348 Mitgliedskirchen an, die zusammen über 500 Millionen Christen aus protestantischen, orthodoxen, anglikanischen und anderen Traditionen in mehr als 140 Ländern repräsentieren. Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit der römisch-katholischen Kirche. Der Generalsekretär des ÖRK ist Pastor Dr. Olav Fykse Tveit, von der (lutherischen) Kirche von Norwegen.

*

Quelle:
Pressemitteilung vom 7. November 2016
Herausgeber: Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK)
150 rte de Ferney, Postfach 2100, 1211 Genf 2, Schweiz
E-Mail: ka@wcc-coe.org
Internet: www.wcc-coe.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. November 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang