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MELDUNG/050: Zwischenbilanz zur Heimkinder-Hotline (DBK)


Pressemitteilungen der Deutschen Bischofskonferenz vom 28.07.2010 Datum: Mittwoch, 28. Juli 2010 10:57

Zwischenbilanz zur Heimkinder-Hotline

372 Menschen haben sich bisher gemeldet


Bei der Anfang Januar geschalteten Telefon-Hotline für ehemalige Heimkinder katholischer Einrichtungen haben sich innerhalb des ersten halben Jahres 372 Menschen gemeldet. Daraus entstanden insgesamt 642 telefonische Beratungsgespräche, da einige der Anrufer mehrfach den Kontakt zur Hotline suchten. Mit dem Beratungstelefon stellt sich die katholische Kirche den Anliegen ehemaliger Heimkinder und unterstützt sie bei der Aufarbeitung ihrer Lebensgeschichte.

Per Telefon können Betroffene mit therapeutisch und seelsorgerisch geschulten Beratern über das sprechen, was sie während ihres Heimaufenthaltes erfahren und erlitten haben. Die katholische Kirche erhält durch die Hotline darüber hinaus authentische Hinweise über die tatsächlichen Verhältnisse in der damaligen Heimerziehung und die Anliegen der Betroffenen.

Das zeigt die statistische Auswertung der bisherigen Anrufe: Fast 87 Prozent der Anrufer waren selbst in Heimen untergebracht. Gut 76 Prozent der Anrufer haben die Hotline zur Aussprache genutzt, 21 Prozent wünschten über die Hotline die Vermittlung von Akteneinsicht und 19 Prozent die Vermittlung eines Ansprechpartners, um die Biographie während ihres Heimaufenthaltes zu rekonstruieren. 17 Prozent der Anrufer baten um weitere Beratung, bei knapp 17 Prozent ging es um die Frage nach Entschädigungen.

Als Gründe für erlittenes Unrecht in Heimen (Mehrfachnennungen waren möglich) gaben knapp 72 Prozent körperliche Strafen und Züchtigungen an, 56 Prozent sprachen von Abwertung ihrer Person, rund 45 Prozent äußerten sich über die rigide Disziplin und 42 Prozent gaben Demütigungen an. Fast 30 Prozent sprechen von einer Stigmatisierung als Heimkind. Rund 18 Prozent der Betroffenen gaben an, von Erwachsenen im Heim sexuell missbraucht worden zu sein, knapp 13 Prozent der Betroffenen berichteten von sexuellen Übergriffen durch andere Heimkinder. 25 Prozent klagten über die Erfahrung von erzwungener religiöser Praxis, und 31 Prozent erlebten eine Diskrepanz von christlichen Werten und der täglichen Erziehungspraxis. Knapp sieben Prozent der Anrufer haben gute Erfahrungen in ihrer Heimkinderzeit geschildert.

Insgesamt hat sich gezeigt, dass die Hotline als hilfreiches Angebot wahrgenommen wird. Nach Auskunft der Berater fühlen sich die Anrufenden ernst genommen. Die Absicht der Hotline, an der Schnittstelle zu den betreffenden Institutionen (z. B. Orden, Heime etc.) zu arbeiten, empfinden die Betroffenen als hilfreich.

In den 50er und 60er Jahren gab es nach wissenschaftlichen Studien insgesamt rund 800.000 Heimkinder, davon waren etwa 300.000 in katholischen Einrichtungen untergebracht. Die bundesweite Hotline für ehemalige Heimkinder ist ein Angebot der Ehe-, Familien- und Lebensberatung im Erzbistum Köln im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz. Sie bietet die Möglichkeit, sich zu persönlichen Fragen und Problemen in Bezug auf die eigenen Erfahrungen und Erlebnisse in Heimen in Trägerschaft der katholischen Kirche in den 50er und 60er Jahren zu informieren und Beratung in Anspruch zu nehmen. Die Beratungsgespräche werden von Fachkräften (Sozialarbeitern, Sozialpädagogen, Psychologen) durchgeführt, die Qualifikationen in unterschiedlichen psychotherapeutischen Verfahren haben.


Die Hotline (Tel.: 0180 4100 400, Kosten einmalig 20 ct pro Anruf aus dem deutschen Festnetz, Mobilfunk 42 ct/Min, Rückruf ist möglich) ist zu folgenden Zeiten erreichbar:
Montag, Mittwoch und Freitag von 9.00 bis 18.00 Uhr.
Nähere Informationen unter: www.heimkinder-hotline.de oder www.dbk.de
Die Hotline ist barrierefrei.


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 119 vom 28. Juli 2010
Herausgeber: P. Dr. Hans Langendörfer SJ,
Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz
Deutsche Bischofskonferenz
Kaiserstraße 161, 53113 Bonn
Postanschrift: Postfach 29 62, 53019 Bonn
Telefon: 0228/103-0, Fax: 0228/103-254
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Internet: www.dbk.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juli 2010