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MELDUNG/025: Zentrum Jüdische Studien Berlin-Brandenburg eröffnet (idw)


Humboldt-Universität zu Berlin - 30.05.2012

Zentrum Jüdische Studien Berlin-Brandenburg eröffnet



In Anwesenheit der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Prof. Dr. Annette Schavan, wurde heute in Berlin feierlich das neue Zentrum Jüdische Studien Berlin-Brandenburg (ZJS) eröffnet.

Das ZJS ist ein Kooperationsprojekt der Humboldt-Universität zu Berlin, der Freien Universität Berlin, der Technischen Universität Berlin, der Universität Potsdam, des Abraham Geiger Kollegs und des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien. Es wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in den kommenden fünf Jahren mit 6,9 Millionen Euro für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und die Forschung auf allen Gebieten der Jüdischen Studien unterstützt. Sitz des ZJS ist an der Humboldt-Universität zu Berlin in Mitte, Sophienstraße 22a, nahe dem Hackeschen Markt.

Das ZJS ermöglicht den Ausbau der Vernetzung von trans- und interdisziplinären Ansätzen in Geschichte, Philosophie, Judaistik, Theologie, Literatur- und Musikwissenschaften, Kunstgeschichte und Antikengeschichte und unterstützt die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, der im Bereich der jüdischen Studien, des jüdisch-christlichen bzw. des islamisch-jüdisch-christlichen Austausches sowie der Museen- und Gedenkstättenarbeit tätig ist. Außerdem wird das Zentrum auch einen Beitrag zur akademischen Ausbildung von Rabbinern und Kantoren leisten.

Im ZJS werden wissenschaftliche Aktivitäten auf diesem Gebiet in Studium und Lehre gebündelt und vernetzt. Damit greift das Zentrum die Empfehlungen zur Weiterentwicklung von Theologien und religionsbezogenen Wissenschaften an deutschen Hochschulen des Wissenschaftsrats von 2010 auf.

"Zu den zukünftigen Forschungsschwerpunkten zählen die Geschichte der Entstehung der Wissenschaft des Judentums und Berlin als Ort der jüdischen Emanzipation, der Trialog zwischen Judentum, Christentum und Islam - das sogenannte monotheistische Dreieck - sowie Erinnerungskulturen, vor allem die Zeugenschaft und Memorialkultur zur Shoah", informiert Christina von Braun, Kulturtheoretikerin an der Humboldt-Universität und akademische Leiterin des Zentrums.

Bei den Kooperationspartnern der Region Berlin/Potsdam sind beste Voraussetzungen für eine gelingende interdisziplinäre Zusammenarbeit und einen Dialog der Kulturen und Religionen gegeben - von spezifischen, theologischen und historischen Untersuchungsfeldern der Judaistik und der christlichen Theologien (Humboldt-Universität und Freie Universität Berlin), über die Kulturen des Islam (Technische Universität Berlin und Freie Universität Berlin), der ethnologischen und kulturwissenschaftlichen Forschung (Humboldt-Universität und Freie Universität Berlin), bis hin zu den religionswissenschaftlichen Schwerpunkten und der Jüdischen Theologie im Rahmen der akademischen Rabbinerausbildung (Universität Potsdam).

Kern des Zentrums wird die Förderung der Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler in der Promotions- und Postdoc-Phase sein. Es werden drei Juniorprofessuren (an der Freien Universität Berlin, der Humboldt-Universität und der Universität Potsdam) sowie fünf PostDoc-Stellen und neun Doktorandenstellen eingerichtet. Zugleich wird durch Gastprofessuren und Fellows der internationale Austausch und die Zusammenarbeit mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, insbesondere aus den USA, Israel, Großbritannien, Frankreich und den GUS-Ländern, verstärkt. Vorgesehen ist die Gründung einer gemeinsamen, universitäts- und disziplinenübergreifenden Graduiertenschule mit PhD-Abschluss.

Die gemeinsam von der Universität Potsdam und dem Abraham Geiger Kolleg getragene Rabbinerausbildung wird künftig um eine Professur für Jüdische Bibelexegese ergänzt und durch eine Professur für Jüdische Musik mit einem Schwerpunkt Synagogalmusik und Kantorenausbildung an der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar unterstüzt.

Christina von Braun: "Damit befinden sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am ZJS wissenschaftshistorisch und im Weltvergleich im Trend, Religion einerseits konfessionell, andererseits aber auch als eine Kulturform neben anderen zu verstehen. In dem Zentrum soll der wissenschaftliche Blick von Außen mit religionswissenschaftlicher Selbstreflexion und theologischer Ausbildung eine Verbindung eingehen."


STATEMENTS

Prof. Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bildung und Forschung:
"Das europäische Judentum spielt in der Geschichte Europas eine zentrale Rolle. In Berlin und Brandenburg gab und gibt es die größte Vielfalt jüdischen Lebens in Deutschland. Deshalb unterstützen wir das Zentrum, an dem die entsprechenden Fachbereiche der drei großen Berliner Universitäten, der Universität Potsdam, des Moses Mendelssohn Zentrums und des Abraham Geiger Kollegs beteiligt sind. Das Zentrum wird der Ausbildung von Kantoren, Rabbinern und Wissenschaftlern einen wichtigen Schub geben und international Ausstrahlung entfalten."

Prof. Dr. Jan-Hendrik Olbertz, Präsident der Humboldt-Universität zu Berlin:
"Ich begrüße das Projekt sehr, denn es ist für die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Judentum nicht nur aus historischer und theologischer, sondern auch aus geistes-, kultur- und sozialwissenschaftlicher Sicht ein bedeutsames und interessantes Thema. Die Option, diesen Forschungsgegenstand - der in erster Linie nach Wissen und Aufklärung verlangt - interdisziplinär zu behandeln, wird durch den neuen wissenschaftlichen Kooperationsverbund verwirklicht. Außerdem erhoffe ich mir einen intensiven Transfer von Ergebnissen, beispielsweise in die Praxis unserer Schulen, in die Medien und in das öffentliche Leben."

Prof. Dr. Peter-André Alt, Präsident der Freien Universität Berlin:
"Das neue Zentrum führt die sehr unterschiedlichen Schwerpunkte jüdischer Studien in Berlin und Brandenburg zusammen. Die Freie Universität Berlin setzt durch ihre Beteiligung am Zentrum ihre eigene Tradition der Förderung der judaistischen Forschung fort, die 1952 mit den regelmäßigen Vorlesungen zur jüdischen Geschichte und Literatur begann und 1963 mit der Gründung des ersten Instituts für Judaistik an einer deutschen Universität fest verankert wurde. Mit seiner starken Konzentration auf Nachwuchsförderung stellt das Zentrum die Weichen für die Ausbildung einer neuen Forschergeneration, die den jüdischen Studien in Deutschland internationale Strahlkraft verleihen soll."

Prof. Dr.-Ing. Jörg Steinbach, Präsident der Technischen Universität Berlin:
"Die TU Berlin freut sich sehr, mit ihrem Zentrum für Antisemitismusforschung am neugegründeten Zentrum Jüdische Studien vertreten zu sein. Dabei ist allen Beteiligten bewusst, dass die Antisemitismusforschung im Kern ein Thema der Mehrheitsgesellschaft ist und bleibt und die Jüdischen Studien nur am Rande berührt. Die Leiterin des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin, Frau Prof. Dr. Schüler-Springorum, ist seit mehr als 15 Jahren eine ausgewiesene Expertin auf dem Gebiet der deutsch-jüdischen Geschichte und vereint in ihrer Person beide Aspekte. Damit wird die historische Zunft am interdisziplinär ausgerichtetem neuen Zentrum prominent vertreten sein."

Prof. Oliver Günther, Ph.D., Präsident der Universität Potsdam:
"Mit dem Zentrum entsteht im Zusammenschluss wissenschaftlicher Institutionen in Berlin und Potsdam ein national einzigartiger interdisziplinärer Forschungscluster. Die kluge Bündelung der in der Region vorhandenen nicht-konfessionellen und theologischen Ausprägungen der Jüdischen Studien verspricht bereichernde Impulse für Wissenschaft und Forschung. Mit mehreren Juniorprofessuren und einer strukturierten Doktorandenausbildung werden ideale Bedingungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs geschaffen. Das Zentrum wird schnell zu einer eigenen Identität finden und international sichtbar werden."

Rabbiner Prof. Dr. Walter Homolka, Rektor des Abraham Geiger Kollegs:
"Das Zentrum Jüdische Studien ist eine bedeutende Säule für die Institutionalisierung Jüdischer Theologie in Deutschland und wird das gemeinsame Studium konservativer und liberaler Rabbiner und Kantoren ermöglichen. Damit bekommt das ZJS eine europäische Perspektive für die Renaissance jüdischen Lebens nach der Schoa."

Prof. Dr. Julius H. Schoeps, Direktor des Moses Mendelssohn Zentrums Potsdam:
"Mit dem ZJS wird es einfacher, sich auf dem Gebiet der Jüdischen Studien komplex zu bilden, und es wird noch spannender, auf diesem Gebiet zu forschen. Das macht Berlin-Brandenburg für in- und ausländische Studenten und Wissenschaftler noch attraktiver."

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution46

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Humboldt-Universität zu Berlin, Constanze Haase, 30.05.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juni 2012