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STANDPUNKT/014: Zur Verschärfung der Diskussion über die Orientierungshilfe der EKD zur Familie (IKvu)


Ökumenisches Netzwerk
Initiative Kirche von unten (IKvu)
Pressemitteilung vom 17.07.2013 - Oscar Romero-Haus/Bonn

IKvu zur Verschärfung der Diskussion über die Orientierungshilfe der EKD zur Familie



Selten hat eine Veröffentlichung des Rates der EKD so harte Kontroversen hervorgerufen wie die Orientierungshilfe "Zwischen Autonomie und Angewiesenheit: Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken". Dabei vollzieht das Positionspapier letztlich nur nach, was gesellschaftliche Realität ist und daher auch von Christinnen und Christen selbstverständlich gelebt wird.

Dies kommt für evangelikale und biblizistische Kreise offenbar einer Revolution gleich. Seit der Veröffentlichung des Textes Mitte Juni agieren ihre Protagonisten in scharfer populistischer Manier und zeigen darin offen ihren Unwillen, sich mit den gesellschaftlichen Realitäten auseinanderzusetzen.

Die Diskussion zeichnet sich durch eine zunehmende Maßlosigkeit aus: Während sich manche für "ihre" Kirche öffentlich lautstark schämen (Ulrich Parzany) und gar ein "Surfen auf der Wanderdüne des Zeitgeistes" ausmachen (Peter Hahne), nutzen andere die Gelegenheit, gegen aufgeschlossene evangelische BischöfInnen und nicht zuletzt gegen den Ratsvorsitzenden der EKD, Nikolaus Schneider, Stimmung zu machen.

Als vorläufiger Höhepunkt der Entgleisungen wurde ein geradezu ehrverletzender Zusammenhang zwischen dem Finanzskandal in der rheinischen Landeskirche und einer vermeintlich "linksprotestantischen" Theologie des Ratsvorsitzenden Schneider hergestellt (FAZ 11.07.2013).

Nicht weniger scheinheilig zeigen sich die römisch-katholischen Bischöfe, die dreist die Rücknahme des Papiers fordern. Der Vorwurf eines laxen Umgangs mit der heiligen Schrift fällt dabei jedoch nur auf die römische Kirche mit ihren unbiblischen Machtstrukturen zurück.

Anders als bei Diskussionen über frühere Denkschriften beziehen nun auch evangelische Bischöfinnen und Bischöfe engagiert eine klare Position. Sie sind selbst Teil der neuen Realität, denn auch sie üben als Singles oder wieder verheiratete Geschiedene selbstverständlich ihre Ämter aus. Äußerungen wie die von Landesbischof Friedrich Weber, der schon einen Schaden für die Ökumene befürchtet, sind hingegen erfreulicherweise eine Ausnahme. Nicht zuletzt haben die Autorinnen und Autoren klar erkannt, worum es eigentlich geht: Um einen Geschlechterkampf verunsicherter Männer und ihre Verlustängste auf Kosten von Familien und Kindern.

Zu lange haben evangelikale und biblizistische Christen die Diskurse in der EKD wie in den Landeskirchen gelähmt. Die jüngste Diskussion zeigt deutlich: Die Zeit der faulen, stillen Kompromisse ist vorbei. Reaktionäre Altbischöfe, "Bekenntnis"-Vereinigungen und bisher kirchlich alimentierte Intoleranz-Prediger können sicher anderswo eine Heimat finden.


Initiative Kirche von unten (IKvu) ist ein ökumenisches Netzwerk von 32 Basisgemeinden, kirchen- und gesellschaftskritischen Gruppen in der Tradition des politischen Linkskatholizismus und -protestantismus und der Befreiungstheologie.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 17. Juli 2013
Ökumenisches Netzwerk
Initiative Kirche von unten (IKvu)
Oscar-Romero-Haus, Heerstraße 205, D-53111 Bonn
Internet: www.ikvu.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juli 2013