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Indigenenrat berichtet über hohe Kindersterblichkeit
von Filipe Cabral
Der Indigenenrat Cimi zieht Bilanz: Unter der Regierung Bolsonaro starben über 3000 Kleinkinder, fast 800 Erwachsene wurden ermordet.
(Brasilia, 28. Juli 2023, Agencia Pulsar) - In den vier Jahren der Regierungszeit Bolsonaros sind in Brasilien 3.552 indigene Kinder im Alter von 0-4 Jahren gestorben. 795 Menschen wurden ermordet, und 535 begingen Selbstmord. Im gleichen Zeitraum gab es außerdem 407 Fälle von Konflikten um territoriale Rechte und 1.133 Fälle von unerlaubtem Eindringen, illegaler Ausbeutung natürlicher Ressourcen und Beschädigung des indigenen Erbes. Die Daten stammen aus dem Bericht "Violência Contra os Povos Indígenas do Brasil - dados de 2022" [1] (Gewalt gegen indigene Völker Brasiliens - Daten für 2022, auf Portugiesisch), der Ende Juli vom Indigenen Missionsrat (Cimi) veröffentlicht wurde. Wie in den vergangenen Jahren werden in dem Dokument Daten über die verschiedenen Arten von Gewalt gegen indigene Völker im Land gesammelt, die von Gewalt gegen die Person über Gewalt durch Unterlassungen von Behörden bis hin zu Fällen von Gewalt gegen Eigentum und gegen isolierte Völker reichen. Nach Angaben der Organisatoren stammen die Informationen aus öffentlichen Quellen wie der Secretaria Especial de Saúde Indígena (Sondersekretariat für indigene Gesundheit), dem Sistema de Informação sobre Mortalidade (Informationssystem zur Registrierung von Sterbefällen) und den Gesundheitsämtern der Bundesstaaten. Die Ausgabe präsentiert nicht nur die Informationen aus dem Jahr 2022, sondern zieht auch Bilanz nach vier Jahren der Regierung Bolsonaro. Im Text der Publikation heißt es: "Das Jahr 2022 ist das Ende eines Regierungszyklus, der von Verstößen und verstärkter Gewalt gegen indigene Völker in Brasilien geprägt war. [...] Die Intensität und Schwere dieser Fälle kann nur im Kontext der Demontage der Indígenapolitik und der Umweltschutzbehörden während der vier Jahre unter der Regierung Bolsonaro verstanden werden".
Der Erhebung zufolge verzeichnete Brasilien 1.33 Fälle von Gewalt gegen das Erbe indigener Völker im Jahr 2022, davon 867 Fälle von "Unterlassung und Verzögerung bei der Legalisierung von Gebieten", 158 Fälle von "Konflikten im Zusammenhang mit territorialen Rechten" und 309 Fälle von " illegaler Beschlagnahme und Ausbeutung natürlicher Ressourcen und verschiedenen Schäden am Erbe". Zu den wichtigsten Arten von Schäden am indigenen Erbe, die im vergangenen Jahr verzeichnet wurden, zählt der Bericht den Abbau natürlicher Ressourcen wie Holz und Edelstein, die illegale Jagd und Fischerei sowie die gewaltsame Landnahme bzw. Landraub. Im Jahr 2022 wurden 416 Fälle von Gewalt gegen indigene Bevölkerungsgruppen registriert. Die Daten beziehen sich auf Fälle von Machtmissbrauch (29), Todesdrohungen (27), verschiedene Drohungen (60), Mord (180), Totschlag (17), vorsätzliche Körperverletzung (17), Rassismus und ethnisch-kulturelle Diskriminierung (38), versuchter Mord (28) und sexuelle Gewalt (20).
Im Bereich der Gewalt durch Unterlassung seitens der Behörden spricht der Bericht von 835 Todesfälle von indigenen Kindern im Alter von 0 bis 4 Jahren im Jahr 2022. Die meisten von ihnen starben in den Bundesstaaten Amazonas (233), Mato Grosso (133) und Roraima (128). Es wurden noch im letzten Jahr 72 Fälle von allgemeiner mangelnder Unterstützung, 39 Fälle von mangelnder Unterstützung im Bildungsbereich, 87 Fälle von mangelnder Unterstützung im Gesundheitsbereich, fünf Fälle der Verbreitung von Alkohol und anderen Drogen sowie 40 Todesfälle aufgrund mangelnder gesundheitlicher Unterstützung registriert.
Zusätzlich enthält die diesjährige Ausgabe des Berichts Beiträge zu Themen wie dem Völkermord im Gebiet der Yanomami, der Situation der in Brasilien inhaftierten Indigenen und dem historischen Kampf um die Schaffung von Mechanismen zur Verhinderung und Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen an indigenen Gemeinschaften. Ein Teil der Daten aus dem Bericht über Gewalt gegen indigene Völker in Brasilien kann auch über die CACI-Plattform [2] (auf Portugiesisch) abgerufen werden. Dabei handelt es sich um eine digitale Karte, die georeferenzierte Informationen über die Morde an indigenen Völkern in Brasilien seit 1985 sammelt. Das Akronym CACI steht für Cartografia de Ataques Contra Indígenas (Kartographie der Angriffe auf Indigene). In der indigenen Sprache Guarani ist Caci das Wort für "Schmerz".
Anmerkungen:
[1] https://cimi.org.br/wp-content/uploads/2023/07/relatorio-violencia-povos-indigenas-2022-cimi.pdf
[2] https://caci.cimi.org.br/#!/
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veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 11. August 2023
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