Schattenblick →INFOPOOL →SCHACH UND SPIELE → SCHACH

SCHACH-SPHINX/04606: Narren des Schicksals (SB)


Die schlimmste Untugend im Menschen ist die Habgier. Nie gibt man, ohne den Gegenwert des Nehmens fest im Auge zu haben. Jedes Staubkorn wird so zum beherrschenden Universum in Kopf des buchhalterischen Menschen. Skrupel an dieser Gewohnheit, dem Materiellen den höchsten Stellenwert einzuräumen, beschleichen uns selten, allenfalls dann, wenn der Gewinn nicht zu Buche schlägt und gar zum Stolperstein für die eigene Niederlage wird. Offenbar geben im Schachspiel doch andere Kräfte den Ausschlag als der primitiv-atavistische Griff nach dem Besitz. "Zustand", so belehrte schon Goethe alle Narren des Schicksals, "ist ein albernes Wort; weil nichts steht und alles beweglich ist". Meister Taimanow hatte seinen Goethe jedoch nicht gelesen, und so verschlang er nach 1.h2-h4 in blinder Rage zuletzt mit 1...Dg5xg2? den mickrigen weißen g-Bauern. Damit stellte er seine Dame jedoch auf ein ungedecktes Feld, die Balance der Stellung hätte 1...Dg5-g4! zu halten gewußt. Und so geriet er nach dem Antwortzug Cholmows plötzlich in die schönste Versaubeutelung. Nun, Wanderer, wie rächte sich die Lust am Raub am Räuber?



SCHACH-SPHINX/04606: Narren des Schicksals (SB)

Cholmow - Taimanow
Leningrad 1967

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Man muß das Überflüssige mit dem Reibeisen bearbeiten: 1.f6-f7! Tf8xf7 2.Tf1xf7 De8xf7 3.Dg5-e5+ Df7-g7 4.De5-b8+! Le6-g8 5.Db8xg8+! Dg7xg8 6.Se7xg8 und plötzlich sieht man das glänzende Metall. Auf 6...Kh8xg8 geht der weiße Bauer mit 7.c5-c6 in eine neue Dame. Also spielte Meister Kavalek, ohne zu überlegen 6...b5-b4. Doch der Weg des schwarzen Freibauern war lang, länger jedenfalls als der des weißen Springers nach 7.Sg8-f6!


Erstveröffentlichung am 17. Januar 2001

27. Dezember 2012





Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang