SCHACH-SPHINX/04796: Stetigkeit des Widerspruchs (SB)

Fernschachler sind eine sonderbare Art Mensch. Was sie am meisten verehren, das stellen sie auch am gründlichsten in Frage, nämlich die Eröffnung. Sie sind wahre Ketzer, wenn es darum geht, Heilige als Vogelscheuchen zu entlarven. Sie lieben, was sie am tiefsten fürchten, die Wahrheit. Wenn es Eröffnungsscheusale in der Schachkunst gibt, dann sind sie unter den Fernschachlern zu finden. Trümmer und Ruinen sind ihre Werkstätten; und wo wucherndes Moos drübergewachsen ist, da legen sie ihr Haupt am liebsten drauf, horchen mit Sinnen, die gewöhnlichen Schachsterblichen verwehrt sind, ins morsche Gestein hinein. Die goldbringende Ader entdecken sie auch unter tonnenschweren Geröllhalden. Perfektionisten nennt man sie, wenn man es gut mit ihnen meint. Im Grunde ihres Wesens sind sie jedoch Kleinstkrämer und Individualisten des Widerspruchs. Doch was wäre die Schachkunst ohne sie? Auf jeden Fall um viele Ideen ärmer! Im heutigen Rätsel der Sphinx erprobte der Niederländer Dick Smit die in jedem Theoriebuch gegeißelte Fortsetzung 1.d2-d4 d7-d5 2.c2-c4 d5xc4 3.e2-e4!? Er wollte partout nicht glauben, was seine Vettern, die Analytiker und Buchgelehrten, an Geboten aufstellten. Sein ungarischer Kontrahent Brilla Banfalfi hatte zuletzt 1...Tc8-c5 gespielt und sollte vom nächsten Zug arg überrascht werden, Wanderer.

Smit - Banfalfi
Fernpartie 1984

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Die zauberhafte Verwandlung eines Bauern in einen mattbringenden Springer wurde mit einem grandiosen Turmopfer eingeläutet 1...f5xg4! 2.Df2xf7 g4-g3+, mit einem Damenopfer gekrönt 3.Kh2-g1 Dg5xe3+!! 4.Te1xe3 Lh6xe3+ und schließlich mit einem Läuferopfer vollendet 5.Tf1- f2 g3xf2+ 6.Kg1-h2 Le3-f4+! 7.Sh5xf4 f2-f1S#

Erstveröffentlichung am 20. März 2001

05. Juli 2013

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