SCHACH-SPHINX/04993: Kurioser Schlußstrich (SB)

Schach ist, zumindest in der Meinung des Russen Dus-Chotimirski, "ein unendlicher Wald". Diese Metapher geht einem im ersten Augenblick wie Honig den Hals hinunter. Unendlichkeit - das hat etwas von Herausforderung, Abenteuerlust, nie enden wollendem Drang. Die Faszination ist unbestritten bestechend. Aber warum bloß? Was hat die Unendlichkeit zu bieten, das dem endlichen Schlußstrich zu fehlen scheint? Die Unendlichkeit - religiös bemäntelt nennt sie sich "Ewigkeit" - schenkt der vergänglichen Existenz menschlicher Daseinskrämpfe immerhin die Aussicht, daß es "danach" weitergeht, daß in einem Universum chaotischer Zustände die Ordnungsmächte stets triumphieren werden und zuletzt die Bewußtheit des Menschen nicht verlorengehen könne. Nicht von ungefähr werden astronomische Zahlenspielereien angeführt, die unterstreichen sollen, daß es auf dem Brett unendlich viele Möglichkeiten bzw. Zugvarianten gibt. Sonderlich schlau ist dieser Einfall nicht. Der Trick besteht einfach darin, daß, wer mit dem Zählen anfängt, notwendig zu keinem Ende kommen, sondern die Zahlenkette bis hinein in eine ominöse Unendlichkeit weitertreiben muß. Das bedeutet aber, daß nicht das Schachspiel selbst von seinem Charakter her unendlich ist, sondern daß im Koordinatensystem der Zahlen die Unendlichkeit unverwechselbar zum System gehört. Im heutigen Rätsel der Sphinx gelang es Weißlinger mit den schwarzen Steinen den weißen König mit einer siebenzügigen Mattkombination zur Strecke zu bringen, Wanderer.

Niener - Weißlinger
Karlsruhe 1944

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Der österreiche Schachhumorist Josef Krejcik setzte sich auf eine durchaus amüsante Weise in drei Zügen matt, nämlich beginnend mit 1.Sf5-e7+ Kg8-h8 2.Dh4xh7+ Kh8xh7 Nun hat es den Anschein, als würde Weiß dank des Turmzuges 3.Ta1-h1+ gewinnen. Aber nein! Der Schuß geht nach hinten los, denn mit dem Dazwischenziehen des schwarzen Läufers 3...Lf7-h5# wird die Schachlinie unterbrochen und gleichzeitig Doppelschach und Matt gegen den weißen König gegeben.

Erstveröffentlichung am 24. Mai 2001

18. Januar 2014

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