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SCHACH-SPHINX/05485: Nervöse Begleiterscheinung (SB)


Einer kaut an seinen Fingernägeln, der andere spielt mit seiner Unterlippe, der dritte nestelt die ganze Zeit über an irgend etwas herum, wieder ein anderer vertreibt seine Unruhe, indem er starr auf einen Fleck glotzt. Die Möglichkeiten, wie Schachspieler den peitschenden Sturm ihrer Nervenimpulse einzudämmen versuchen, sind mannigfaltig, aber nötig. Auch Spieler, die mit felsenhafter Ruhe eine Partie austragen, brennen innerlich wie Zunder, sterben tausend Tode der Zerrissenheit. Um sich dagegen zu wehren, haben sich viele eine begleitende Tätigkeit angewöhnt. Kaugummi-Kauen beispielsweise oder exzessives Kaffee-Trinken, auch notorische Raucher sind auf diesem Wege entstanden, wie zum Beispiel der amerikanische Großmeister Frank Marshall, von dem behauptet wurde, er rauche während einer Partie bis zu 15 Zigarren. In den Turniersälen war er immer leicht ausfindig zu machen. Man mußte nur dorthin gehen, wo eine gelblich-qualmende Wolke gegen die Decke strömte. Beim New Yorker Turnier von 1927 waren seine Nerven besonders strapaziert. Marshall, irgendwie malade, verlor Partie um Partie. Nach Ende des Turniers hatte er nur eine einzige Partie gewonnen, neun jedoch verloren, bei 10 Remisen. Nur gegen Milan Vidmar, ebenso wie er ein leidenschaftlicher Raucher, bestach Marshall in der achten Runde. Im Paris des Jahres 1900, gerade einmal 22jährig, hatte er seine Nerven besser im Griff, als er den englischen Meister Amos Burn mit einem echten Kavallerieangriff überrannte. Wie siegte im heutigen Rätsel der Sphinx der dauerschmauchende Amerikaner mit den weißen Steinen, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/05485: Nervöse Begleiterscheinung (SB)

Marshall - Burn
Paris 1900

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Erst Jahre später sollte sich Bobby Fischer für die vielen Niederlagen an Michail Tal rächen. In Bled zahlte er noch den Tribut für seine Jungblütigkeit. Tal errang einen fulminanten Sieg mit 1.Te1-e6! Df6xc3 2.Ld3xf5+ Tf8xf5 - 2...Kh7-h8 3.Te6xh6+ - 3.Df4xf5+ Kh7-h8 4.Tf1-f3! Dc3-b2 5.Te6-e8 Sd7-f6 6.Df5xf6+ Db2xf6 7.Tf3xf6 Kh8-g7 8.Tf6-f8 Sg8- e7 9.Sb3-a5 h6-h5 10.h2-h4 Ta8-b8 11.Sa5-c4 b7-b5 12.Sc4-e5 und Fischer gab sich in hoffnungsloser Stellung endlich geschlagen.


Erstveröffentlichung am 15. Juni 2002

25. Mai 2015


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