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SCHACH-SPHINX/05575: Genialität durch Fleiß (SB)


Die Sterndeuter der Schachszene waren regelrecht perplex, als mit den Polgar-Schwestern in den 80er Jahren eine ganz neue Art von Widerspruch in die Hallen der edlen Denkkunst hineinströmte. Von Kindes Beinen an ans Schach gewöhnt, waren Judit, die jüngste, Zsofia und Zsusza, die älteste des Geschwistertrios, binnen kurzem bis in den inneren Zirkel der eingeweihten Großmeister eingedrungen. Die Kritiker standen stumm in ihren Ecken. Ging es an, daß das Schach, die höchstgepriesenste Form geistigen Duells, von drei ungarischen "Gören" so spielerisch bemeistert werden konnte, wie es beispielsweise ein Doktor der Medizin in Jahren emsigen Strebens nicht schaffte? Vorbei war es mit den Neunmalklugen, die immer schon gerne wortreich behauptet hatten, zum Schach müsse man geboren sein, als läge es an den "Denkgenen", ob man ein Befähigkeitszeugnis für das Königliche Spiel nachweisen könne oder nicht. Die These von den in die Wiege gelegten Talenten wurde damit gegenstands- und inhaltslos. Ihr Vater hatte die drei einem einfachen Test unterzogen. Die Frage war: Ist Genie erlernbar? Einen Maßstab für Genialität gibt es zwar bis heute nicht. Aber als Judit Polgar mit 15 Jahren den Großmeistertitel errang, etwas, was selbst Bobby Fischer und Garry Kasparow nicht in diesem zarten Alter geschafft hatten, ließ sich wenigstens in Rechnung stellen, daß man zum meisterlichen Schachspielen keine besondere Talentierung benötigte. Schließlich hatten alle drei Schwestern das Experiment bestanden. Zsusza errang den Titel der Weltmeisterin im Damenschach, und Judit war in Biel 1993 die erste Frau, die in der Geschichte der Schachkunst an einem hochkarätigen Qualifikationsturnier zur Weltmeisterschaft teilnahm. Sechs Jahre zuvor, als 11jährige im heutigen Rätsel der Sphinx, hatte die junge Schachstreiterin den etwa doppelt so alten Jean-Luc Costa in arge Verlegenheit gebracht. Nach nur 11 Zügen entstand eine echte Kaffeehausposition auf dem Brett. Costa, der zuletzt 11.h2-h3 gezogen hatte, verließ nach 11 weiteren Züge mit eingezogenem Kopf den Turniersaal. Was ging damals im Kopf der kleinen Judit vor, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/05575: Genialität durch Fleiß (SB)

Costa - J. Polgar
Biel 1987

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Die Springer-Eskapaden begannen mit 1.Sd5-e7+ Kg8-f8 - natürlich nicht den vorauseilenden Ruin durch 1...Kg8-h8 2.Sg5xf7# - 2.Se7-c8+! - Ausschluß des schwarzen Damenturms vom eigentlichen Geschehen - 2...Kf8-g8 3.Te1-e8+! Sf6xe8 4.Sc8-e7+ Kg8-f8 5.Sg5xh7# oder 4...Kg8- h8 5.Sg5xf7#


Erstveröffentlichung am 12. September 2002

23. August 2015


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