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SCHACH-SPHINX/05638: Zwerchfellreizender Witzbold (SB)


Die Skalps der drei ehemaligen Weltmeister Michail Botwinnik, Bobby Fischer und Wassili Smyslow zieren seinen Gürtel. Mit bewundernswertem Geschick hatte der deutsche Großmeister Wolfgang Unzicker nach dem Zweiten Weltkrieg die Fahne der Bundesrepublik hochgehalten. Daß er letztlich nicht höherstieg auf der Siegesleiter lag daran, daß er seinen Beruf als Richter nicht an den Nagel hängen wollte und daher als Amateur nicht soviel Zeit und Energie investieren konnte, um das entscheidende Wörtchen beim Kampf um den Titel mitzureden. Trotzdem hatte dies seinem Humor nie geschadet. Wenn man einen Saal betrat, wo die Schachgrübler ihre Köpfe in knirschender Anspannung über die Bretter beugten, konnte man Wolfgang Unzicker selbst im unentwirrbarsten Dickicht bald schon ausmachen. Man brauchte nur zu warten, bis irgendwo ein schallendes Gelächter ertönte. Neben einem Auge, daß siegreiche Kombinationen auf dem Schachbrett ausfindig machen konnte, besaß er das seltene Talent, Witze pointensicher und zwerchfellreizend erzählen zu können. Vielleicht lag das Steckenbleiben im Erfolgsstreben aber auch daran, daß Unzicker zu sehr Hartschädel war und anachronistisch in alten, längst überholten Lehrsätzen verwurzelt blieb. Seinen Spiel fehlte so, wie der Franzose es sagen würde, das letzte Schüßchen Esprit. Beim vierrundigen Turnier 1979 in Südafrika holte er sich noch den Skalp von Viktor Kortschnoj. Letzterer hatte ihm im heutigen Rätsel der Sphinx nach 1...Sd5-f4?! eine fiese Falle gestellt, die Unzicker mit dem strengen Augenmaß eines Richters freilich durchschaute. An dich nun die Frage, Wanderer: Wie hätte Kortschnoj nach 2.Le4xa8 noch triumphieren können?



SCHACH-SPHINX/05638: Zwerchfellreizender Witzbold (SB)

Unzicker - Kortschnoj
Südafrika 1979

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Karl Schlechter, der einen gut Teil seiner Partien mit Remis abschloß, fand gegen seinen Wiener Kollegen Tartakower freilich ein vierzügiges Matt: 1...Tf3-f2+ 2.Kh2-h1 Tf2-h2+! 3.Kh1xh2 Sh4-f3+ 4.Kh2-h1 Tg8xg1#


Erstveröffentlichung am 13. November 2002

25. Oktober 2015


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