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SCHACH-SPHINX/05699: Introvertierter Allmachtsanspruch (SB)


Kaum ein anderer Schachmeister hat das Gesicht der neuen Zeit so mitgeprägt wie das amerikanische Genie Bobby Fischer. Sein leidenschaftliches Eintreten für das Königliche Spiel, sein tapferer Kampf gegen die Dominanz der russischen Elitespieler und sein bisweilen introvertierter Allmachtsanspruch gaben ihm den Nimbus eines Besessenen. Reykjavik 1972, das war der Höhepunkt seiner Karriere und zugleich der Schlußpunkt. Mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft verabschiedete er sich von der Schachbühne und kann von sich sagen, wie der russische Machtmensch Alexander Aljechin, seinen Titel nicht verloren zu haben, zumindest nicht in einem regulären Wettkampf. Als Fischer nach engstirnigen Auseinandersetzungen mit der FIDE 1976 nicht zum Wettkampf mit seinem Herausforderer Anatoli Karpow erschien, wurde ihm der Titel des Weltmeisters aberkannt. Ob nun rechtens oder nicht, ob man seinerzeit mit einer milderen Politik hätte mehr erreichen können, wird unbeantwortet bleiben, denn Fischer scheut nach wie vor das Licht der Öffentlichkeit. Boris Spasski, von Fischer in Island besiegt, erklärte 1992 bei einem Interview, nach dem besonderen Merkmal von Fischer gefragt: "Seine reine, keusche Beziehung zum Schach. Er hat das Spiel wie einen Gott verehrt. In der ganzen Schachgeschichte gab es so einen Spieler nicht noch einmal. Fischers Tragik besteht darin, daß er auf dem Gipfel seiner Leistungsfähigkeit von der Bühne abtrat. Er betrachtete das Schach als etwas Leuchtendes, spielte ehrlich ohne Tricks und Schwindeleien. Mit einem Wort, Bobby war ein religiöser Schachspieler." Bei der 13. WM-Partie, auf dem Brett stand ein kompliziertes Endspiel, hatte Spasski sich nunmehr zum Fehlzug 69.Tc1-d1+?? verleiten lassen. Nach 69...Kd3-e2 70.Td1-c1 f4- f3 71.Lf8-c5 Tg8xg7 72.Tc1xc4 Tg7-d7 73.Tc4-e4+ Ke2-f1 74.Lc5-d4 f3-f2 mußte er sich geschlagen geben, und doch hätte er in der Diagrammstellung im heutigen Rätsel der des Sphinx das Remis erzwingen können. Aber wie, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/05699: Introvertierter Allmachtsanspruch (SB)

Spasski - Fischer
Reykjavik 1972

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Die Fesselung des Zentrumsspringers auf d5 nutzend, hatte Artur Jussupow 1.f5-f6! gezogen, worauf er nach 1...e7xf6 2.c2-c4 h7-h5 3.Sg4-h6+ Kg8-h7 4.Sh6-f5! g6xf5 5.c4xd5 Kh7-g8 6.Tf1xf5 die schwarze Stellung strategisch ruiniert und 19 Züge später den Sieg errungen hatte.


Erstveröffentlichung am 12. Januar 2003

29. Dezember 2015


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