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SCHACH-SPHINX/05745: Wenn Meister vom Himmel fallen (SB)


Favoritenstürze erregen überall im Sport Aufsehen, denn nichts ist verwunderlicher, als wenn ein Nobody einen Titelkandidaten aus dem Rennen wirft oder besiegt. Im Schach, so möchte man meinen, dürfte es solche 'Zwischenfälle' eigentlich nicht geben, denn hier - so der Stolz der schachspielenden Zunft - herrschen Verstand und glasklare Logik. Aber allen Unmöglichkeiten zum Trotz erlitten beim Interzonenturnier 1962 in Stockholm gleich zwei namhafte Meister einen Partienkollaps, und beide Male war es der kolumbianische Meister Cuellar gewesen, der in den beiden ersten Runden Geller und Kortschnoj zur Aufgabe zwang. Bis dahin hatte man von Cuellar nichts Sagenhaftes gehört und auch hinterher fielen seine Leistungen auf ein gewöhnliches Meisterniveau zurück. Denn ab Runde 3 verlor er das Gros seiner Kämpfe und erzielte zuletzt aus 20 Partien nur 3,5 Punkte. Nach seinen Siegen gegen Geller und Kortschnoj traf er auf den tschechischen Meister Filip. Inzwischen hatte sich sein Ruhm als Favoritenkiller herumgesprochen, so daß der Tscheche schon früh und mit zaghafter Stimme ein Remis anbot, was Cuellar jedoch ablehnte - und später verlor. Hinterher sagte er: "Ich sah wohl, daß die Stellung ausgeglichen war, fühlte mich jedoch verpflichtet, meinen zwei Siegen einen weiteren hinzuzufügen." War es Übermut gewesen, der Cuellar in den nächsten Runden zum Straucheln brachte oder war es ohnehin nur ein Augenzwinkern der Schachgöttin gewesen, daß er zwei Riesen der Schachwelt unter sich begrub? Es wird wohl ein Geheimnis bleiben, denn sowohl Geller als auch Kortschnoj hüllten sich nach ihrer Niederlage ins Schweigen. Also, Wanderer, wenden wir uns im heutigen Rätsel der Sphinx Cuellars Siegespartie gegen Geller zu. Die weiße Stellung sieht auf dem ersten Blick robust und widerstandsfähig aus, doch das kolumbianische Auge sah tiefer?



SCHACH-SPHINX/05745: Wenn Meister vom Himmel fallen (SB)

Geller - Cuellar
Stockholm 1962

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Die schwarze Stellung lag in den letzten Zügen, nur wußte es Kurt Richter nicht, doch nach 1.De3-h6+!! Kg7xh6 2.h5xg6+ Kh6-g5 3.Th1-h5+! Kg5xh5 4.f3-f4+ Sd4xe2 5.Sd5-f6+ Kh5-h6 6.Tb1-h1+ Kh6-g7 7.Sf6-e8+ Tf8xe8 8.Th1xh7+ nebst 9.Th7xf7# ging ihm endlich auf, daß er eine unglaublichen Mattkombination Paul Schmidts zum Opfer gefallen war.


Erstveröffentlichung am 27. Februar 2003

13. Februar 2016


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