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SCHACH-SPHINX/05867: Auf den Händen sitzen (SB)


Einen Vorteil zu erringen ist einfach. Schließlich hilft dabei der Gegner durch Fahrlässigkeiten mit. Doch wenn dieser positionelle oder materielle Zugewinn oder Mehrwert zu einem Sieg umgewandelt werden soll, also die Reihe ausschließlich an uns kommt, zu zeigen, wie weit unser Schachverständnis geht, dann wird die Sisyphusarbeit deutlich. Nichts ist in der Tat schwieriger, als eine gewonnene Partie zu gewinnen. Der letzte Fehler entscheidet zumeist, unabhängig davon, wer in Vorteil ist. Schließlich läßt sich jede Stellung durch unbedachte Züge verderben. Der Ehrgeiz, unbedingt und zwingend einen raschen Gewinnweg zu finden, steht dann regelmäßig Pate dafür, die Stellungsüberlegenheit wieder aus der Hand zu geben. Mikroskopisch klein und schneckenhaft langsam die Vorteile erst zu verdichten und dann allmählich zu einem siegreichen Ganzen zu erweitern, dafür fehlt dem Laien oftmals die Geduld. Wir sind es gewohnt, die Welt und unseren Zugriff wie eine Schalterfunktion aufzufassen. Der rasche Griff der Gier taugt selten etwas, weswegen Siegbert Tarrasch in pädagogischer Kenntnis der menschlichen Ungeduld dazu geraten hatte, "auf seinen Händen zu sitzen", wenn der Sieg nur eine Frage der Zeit und der Allmählichkeit ist. Übereilung birgt nicht selten den Verlust in sich. Gerade in Endspielen ist Filigranarbeit oberstes Gebot. Im heutigen Rätsel der Sphinx hatte Meister Balaschow mit den weißen Steinen eine klar gewonnene Stellung erreicht, und doch durfte er nicht den Wegweiser zum Sieg verfehlen. Was also mußte er tun, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/05867: Auf den Händen sitzen (SB)

Balaschow - Suttles
Puerto Rico 1971

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Musikalisch einwandfrei, fast sphärenklanglich, setzte Meister Smyslow hier mit 1.g4-g5! fort, was ihm nach 1...Sf7xe5 2.g5xf6 Se5xf3+ 3.Tf1xf3 Materialvorteil verschaffte und nach 3...g7xf6 4.f4-f5! Dc7xg3+ 5.Tf3xg3 e6-e5 6.Te2-g2! Sf8-d7 7.Tg3-g7+ Kh7-h8 8.Tg7-g6 Kh8- h7 9.Lc5-a3! e5xd4 10.La3-c1 den Sieg einbrachte. Schwarz gab auf, denn nach 10...Te8-e1+ 11.Kg1-f2 Te1xc1 12.Tg6-g7+ Kh7-h8 13.Tg7-g8+ käme das Matt.


Erstveröffentlichung am 28. Juni 2003

14. Juni 2016


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