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SCHACH-SPHINX/06035: Wahrheit einer Wasserpfütze (SB)


Es hat sich gesellschaftlich eingebürgert, im Verlierer stets einen Narren zu sehen, der zu nichts anderem als zum Spiegel für den Sieger taugt. Was aber hat Letzterer schon gewonnen, das nicht an jeder Straßenecke zu haben wäre, wenn das Licht der Laternen sich in den Wasserpfützen spiegelt? Ölig grau blickt daraus das eigene Gesicht empor. Wir stutzen einen Augenblick lang, ehe wir irritiert weitergehen. Am Panzer unserer Hartnäckigkeit prallt ab, daß das Niedere, Verschmähte, aufs häßlichste Verachtete unser Gesicht trug. So täuscht das Ritual des Miteinanders nur oberflächlich darüber hinweg, daß wir nur groß sind durch das Winzigmachen des Besiegten. Der ganze Hofstaat an Etiketten, mit dem der andere um den schuldigen Respekt betrogen wird, schmeichelt allein der eigenen Eitelkeit, in deren trügerischem Glitzern die Worte widerhallen: Ich war's, der deinen Stolz zerbrach. Goethe schrieb: "Es ist besser das geringste Ding von der Welt zu tun, als eine halbe Stunde für gering halten." Doch was kann geringer sein, als um der eigenen Größe wilen das Größere zu verachten? Bei aller Geistesgröße, die man Wilhelm Steinitz nicht absprechen kann, war er doch menschlich gesehen eine bedauernswerte Erscheinung, stets in Fehde mit der Welt, von der er glaubte, sie würde seine Leistungen nicht gebührend respektieren. Ob er sich je gefragt hat, welches Entgegenkommen er der Welt gegenüber vermissen ließ? Im heutigen Rätsel der Sphinx kam ihm Meister Golmayo zuletzt mit dem Fehler 1...f7-f6? entgegen, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/06035: Wahrheit einer Wasserpfütze (SB)

Steinitz - Golmayo
New York 1887

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Meister Tal schlug den schrillen Glockenton des Angriffs an mit 1.Tb1- b7+! Kc7xb7 2.Dd1-d7+ Kb7-b8 3.e7-e8D+ Te5xe8 4.Dd7xe8+ Kb8-b7 5.De8- d7+ Kb7-b8 Dd7xc6 und Schwarz gab auf.


Erstveröffentlichung am 09. Dezember 2003

30. November 2016


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