Gegen Anatoli Karpow sollte man keinen sizilianischen Drachen spielen. Selbst Kenner der Materie meiden dieses Risiko wie die Pest, wohlwissend, daß Karpows präzise Spielart gleich einem Schleifstein die Drachenzähne stumpf macht. Der holländische Großmeister Gennadi Sosonko konnte der Versuchung 1980 in Tilburg allerdings nicht widerstehen. Er, der schon viele gefürchtete Drachenritte siegreich abgeschlossen und zahlreichen Empfehlungen einen Platz in den Theoriebüchern verschafft hatte, ließ es darauf ankommen. Vor dem Turnier hatte er sich mit englischen Schachfreunden beraten und eine damals neu aufgekommene Idee gegen den Jugoslawischen Angriff von Grund auf analysiert. Bedauerlich nur, daß Karpow am Brett Wendungen fand, die Sosonkos Freundeskreis völlig entgangen waren. Zuguterletzt entstand in Tilburg folgende Diagrammstellung. Sosonko lehnte sich zufrieden zurück, darauf vertrauend, daß er nach 1.Te6xg6 Kg8-h7 2.Tg6- g5 Lg7xc3 3.b2xc3 Da5xa2 ein gefährliches Gegenspiel erlangen würde. Allein, Karpow hatte im heutigen Rätsel der Sphinx etwas ganz anderes im Sinn. Sosonko ahnte noch nicht, wie nah er dem Abgrund war, Wanderer! Das Turnier in Tilburg gewann Karpow übrigens mit einem halben Zähler vor seinem Landsmann Oleg Romanischin. Karpow hatte als einziger Turnierteilnehmer keine Partie verloren.
Karpow - Sosonko
Tilburg 1980
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Hübners Ärger war begreiflich. Wann übersieht ein Großmeister seines
Formats schließlich so einfache Gewinnwendungen wie 26.Tb7-b8! Tf8xb8
27.De2-e8+ oder 26.De2-e8 Dg6-d6 27.d7-d8D Dd6xd8 28.De8xd8 Tf8xd8
29.Lg2xd5!
Erstveröffentlichung am 17. Dezember 2004
12. Dezember 2017
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