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SCHACH-SPHINX/06436: Scheidepunkt zwischen Kunst und Konsum (SB)


Im Widerstreit mit den weltlichen Interessen geraten Schachmeister bisweilen in eine Erklärungsnotlage. Auf der einen Seite steht die holde Kunst, für viele eine Leidenschaft von Jugendbeinen an. Andererseits fordert die harte Wirklichkeit des Broterwerbs ihr Recht ein. Der Schritt in eine ungewisse Zukunft als ein über die Welt vagabundierender Turnier- und Berufsschachspieler schreckt so manchen ab, läßt ihn seine Zuflucht zu eher bürgerlicheren Ambitionen suchen. Die Entscheidung läßt sich aufschieben, nicht aber umgehen. Irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo sich der immer breiter werdende Spagat zwischen Kunst und Konsum nicht mehr überbrücken läßt. An diesem Schnittpunkt hat die Schachkunst schon einige ihrer talentiertesten Köpfe verloren. Reuben Fine, der in den 1930er Jahren durchaus das Können mitbrachte, den damaligen Weltmeister Alexander Aljechin zu einem Waffengang herauszufordern, war einer dieser Umkehrer. Als Psychoanalytiker fand er später kaum noch Zeit und Muße, sich tiefer mit dem Schachspiel auseinanderzusetzen, wenngleich er es sich nicht nehmen ließ, den Schachspieler in seinen Fachbüchern analytisch zu durchleuchten. Seine Theorien dazu sind zuweilen sehr fragwürdig und spiegeln mehr die Vorstellungen seiner Zunft wider, als daß sie das Thema auf nüchternem Boden angehen. Ein anderer hochbegabter Meister war der Jugoslawe Andrija Fuderer, der in den 1950er Jahren von sich reden machte, dann jedoch als Chemiker zwischen Reagenzgläsern und Lackmuspapier verschwand. Als 19jähriger gelang ihm im heutigen Rätsel der Sphinx ein Bravoursieg über den Altmeister Tartakower, der seine schwarze Stellung arg kompromittiert hatte. Nun, Wanderer, wie überwand junges, schäumendes, nach Abenteuern dürstendes Blut die Behäbigkeit des Alters?



SCHACH-SPHINX/06436: Scheidepunkt zwischen Kunst und Konsum (SB)

Fuderer - Tartakower
Bled 1950

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Pfarrer Felbecker sprach mit 1.e5-e6! ein fürchterliches Machtwort. Die Erwiderung 1...f7xe6 2.Lc1-b2 Th8-g8 3.e4xd5 hätte rasch in die Hölle geführt, der Weg, den Adam mit 1...Dd7xe6 wählte, war freilich ebenfalls kein himmlischer: 2.Ld3-b5+ Ke8-d8 3.Sb1-d2 De6-e5 4.Ta1-b1 e7-e6 5.Lc1-b2 De5-c7 6.e4xd5 Lf8-c5 7.De3-g5+ Kd8-c8 - 7...Dc7-e7 8.Dg5xg7 Kd8-c7 wäre zäher gewesen - 8.d5xe6 f7xe6 9.Sd2-e4 Lc5-b6 10.Lb2-e5 und Adam war aus dem Paradies vertrieben - 10...Dc7-d8 11.Se4-d6+ nebst 12.Sd6-f7+ oder 10...Dc7xc2 11.Tb1-c1


Erstveröffentlichung am 10. Januar 2005

5. Januar 2018


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