Manchmal ist es nicht der reife Schachverstand, der die besten Züge in einer Stellung findet, sondern der Zufall, der mit seinen Launen dafür sorgt, daß die Schachtheorie bereichert wird. So geschah es beispielsweise, daß Popovitsch im New Yorker Turnier von 1980 als Weißer in der Rauser-Variante der Sizilianischen Verteidigung versehentlich bei seinem 13. Zug den f-Bauern berührte. Ein Mißgeschick, und er ärgerte sich sehr darüber, denn ziehen wollte er eigentlich den Königsbauern. Nun stellte sich ein zweiter Zufall ein. Der amerikanische Großmeister Byrne stand gerade nicht allzu weit vom Brett entfernt und sah diesen bis dahin in der Turnierpraxis unbekannten Zug und überlegte bei sich, vielleicht ist er brauchbar, wenngleich nicht in der Art und Weise, wie Popovitsch ihn benutzte. Aus dem Grübeln kam Byrne nicht heraus und in den Wochen darauf studierte er den Mißgeschickszug in aller Gründlichkeit und erkannte dessen verborgene Stärke. Dennoch mußte Byrne zwei Jahre warten, ehe er im heutigen Rätsel der Sphinx seine Neuentdeckung in einer ernsten Turnierpartie erproben konnte - mit Erfolg wohlgemerkt. In der Diagrammstellung gegen seinen Kontrahenten Schneider hatte Byrne dank seines Zuges erhebliche Vorteile einheimsen können. Was noch fehlte, Wanderer, war die Abschlußkombination.
Byrne - Schneider
Reykjavik 1982
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Schachfreund Bier wurde wirklich klug aus dem schwarzen Spiel, indem
er mit 1.e4-e5! d6xe5 2.Lf4xe5 Tb8-a8 3.Dc2-h7 f7-f6 4.Le5-f4 Tc8-d8
5.Lf1-d3 Db7-b6 6.Ld3-g6 c5-c4+ 7.Kg1-h1 Td8xd2 8.Td1xd2 Ta8-d8 9.Dh7-
h8+ Le6-g8 10.Lg6-h7 Db6-e6 11.Td2-e2 seinen Sieg forcierte. Schwarz
gab auf, da er nach doppeltem Abtausch auf g8 den Läufer auf e7
einbüßen würde.
Erstveröffentlichung am 25. Oktober 2005
24. Oktober 2018
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