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SCHACH-SPHINX/07133: Erstickungstod der Phantasie (SB)


Die Stimme des Mahners sprach in Gustav Schenks 'Das leidenschaftliche Spiel' zu uns, er sah Dinge im Entwickeln und auf die Schachwelt zukommen, die sich zum Teil bewahrheitet haben. Im heutigen Sphinx soll seiner Stimme Raum gegeben werden: "Sie wissen, daß wir in einer Zeit leben, wo man sich blindlings der Wissenschaft anvertraut. Ihre Ergebnisse sind für so viele in Tagen der Unruhe und der Haltlosigkeit das einzige Boot, darin sie sich retten, treibt es auch unwiderruflich in den Ozean des Wirwissennichts oder zum Gestade der größten Unentschiedenheit. Ein solcher Geist nun bemächtigte sich auch des Schachspieles und häufte in mühevoller Kleinarbeit Eröffnung auf Eröffnung, Variante auf Variante. Die Antworten auf die ersten Züge wurden untersucht, ihre möglichen Fortsetzungen notiert und wieder von neuem geprüft, bis schließlich ein Panzer aus Logik und Rechnung die Phantasie erstickte. Man wollte das Irrationale, das Unvorhergesehene aus dem Schachreich verbannen. Ja, man verfolgte die Wirkungen der das Spiel eröffnenden Züge bis weit hinein in das Mittelspiel, eine ganze Partie sollte möglichst bis zum Ende logisch zu erfassen sein, natürlich nach den Vorschriften und Vorlagen, die man fertig und sauber ausgedacht, dem Spieler wie eine Kuchenform reichte. Keine Möglichkeit sollte der logischen Wissenschaft vom Schach durch die feingesponnenen Maschen schlüpfen. Was kam dabei heraus? Trocken gebackene Remisspiele, krampfhaft gehaltene, von der Forschung erzwungene Gleichgewichtslagen der Kräfte, Annäherungen an das Gleichgewicht, das es im Schach ja nicht gibt. Mit einem Wort: Man verabscheute Kampf und Gefahr und zog die Sicherheit vor, eine Haltung des Zeitalters würdig, das mit großem Aufwand unschöpferischen Scharfsinnes nur Trostlosigkeit gebar." Man kann eine gewisse Betroffenheit nicht leugnen, nicht wahr, Wanderer. Betroffen war auch Schachfreund Hervir, der mit seinem letzten Zug 1.d3-d4? das Unheil auf sich herabbeschwor.



SCHACH-SPHINX/07133: Erstickungstod der Phantasie (SB)

Hervir - Solodownikow
Fernpartie 1981

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Allzu leichtfertig hatte Weiß mit 1.Sf3xe5? Komplikationen heraufbeschworen, die nun mit Wucht auf ihn zurückschlugen: 1...Lc5xf2+! 2.Kg1-h1 - 2.Kg1xf2 Dg6-f5+ verliert die Dame - 2...Ld7xa4 3.Se5xg6 Lf2xe1! - 3...h7xg6 4.Te1-e2! - 4.Sg6xh8 La4-d7 5.Lb2xg7 Le1-f2 6.Sb1-a3 Se7-f5! und Weiß gab auf, denn der Springer auf h8 geht verloren.


Erstveröffentlichung am 8. Dezember 2006

28. Dezember 2019


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