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SCHACH-SPHINX/07326: Schicksalswende in Mannheim (SB)


Tartakower war in vielen Dingen seiner Zeit und Profession ein hellsichtiger Kopf. Mit seinen Bonmots ließen sich ganze Galerien füllen. Eines Tages warf er einen Blick auf die führenden Großmeister seiner Epoche und resümmierte, daß Capablanca Schach schuf, Aljechin es am Brett kämpfte, Lasker es dagegen ergrübelte, während Bogoljubow Schach schlichtweg phantasierte. Efim Bogoljubow gehört zu den Meistern, über die kurioserweise wenig bekannt ist. Und teils schicksalshaft war sein Weg. Als er 1914 gerade ein Turnier des Deutschen Schachbundes in Mannheim bestritt, elf von siebzehn Runden waren gespielt worden, da brach die Meldung vom Ausbruch des Ersten Weltkrieges in die stillen Gedanken der Teilnehmenden ein. Die Turnierleitung entschied sich für den Abbruch der Spiele. Die Akteure aus neutralen Staaten konnten die Heimreise antreten, während die russischen Spieler zivilinterniert wurden. Für Bogoljubow, der in Mannheim sein erstes internationales Turnier absolvierte, war es eine herbe Erfahrung. Zwar mußte er nicht in ein Gefangenenlager, da er für seine Unterkunft und seinen Unterhalt in Triberg selbst aufkommen konnte, aber dennoch dauerte sein Martyrium über vier Jahre. Schließlich entschied er sich dafür, in Deutschland zu bleiben und nahm auch die deutsche Staatsbürgerschaft an. Bogoljubow war ein grandioser Schachdenker, der nur das Pech hatte, daß ihn sein einstiger Landsmann Aljechin in zwei Weltmeisterschaftsduellen besiegte. Gleichwohl war sein Wirken auf dem Brett sehr umfassend, er bereicherte die Theorie mit eigenen Eröffnungen und Varianten und erntete in Moskau 1925 seinen wohl größten Turniersieg vor der versammelten Weltelite. Bogoljubow konnte scharfsinnig kombinieren, aber zuweilen leistete er sich gegen schwächere Gegner auch patzerhafte Partien, weil er seine Stellung überreizte oder von der Anlage her spröde und bruchhaft gestaltete. Im heutigen Rätsel der Sphinx geriet er mit den weißen Steinen gegen den italienischen Meister Monticelli in eine beklagenswerte Lage, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/07326: Schicksalswende in Mannheim (SB)

Bogoljubow - Monticelli
San Remo 1930

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
11...Sc6-a5?? war ein klassischer Fehlzug und wurde entsprechend mit 12.Lb3xf7+!! bestraft. Nun war 12...Kg8xf7 geradezu erzwungen, weil auf 12...Tf8xf7 mit 13.Sd4-e6 Dd8-e8 14.Sc3-d5! ein noch größeres Unheil folgt. Doch auch 12...Kg8xf7 kam am Kelch nicht vorbei. Nach 13.Sd4-e6!! gab sich Heisler geschlagen, ohne sich 13...Kf7xe6 14.Dd2- d5+ Ke6-f6 15.Le3-g5# zeigen zu lassen. Auch 13...Dd8-e8 wäre wegen 14.Se6-c7 De8-d8 15.Dd2-d5 verhängnisvoll gewesen.

6. September 2021

veröffentlicht in der Schattenblick-Druckausgabe Nr. 167 vom 11. September 2021


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