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MELDUNG/136: Modellprojekt psychosoziale Beratung für Langzeitarbeitslose (idw)


Universität Leipzig - 21.02.2013

Modellprojekt psychosoziale Beratung für Langzeitarbeitslose

von Diana Smikalla



Arbeitslosigkeit und psychische Erkrankungen können ein Teufelskreis sein. Das Modellprojekt "Psychosoziales Coaching" der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Leipzig betreut psychisch belastete Langzeitarbeitslose im Alter über 50 und kann einen wichtigen Beitrag zu ihrer Reintegration leisten.

Das Psychosoziale Coaching ist ein innovatives Beratungsangebot der Universität Leipzig, das seit 2011 im Rahmen des Beschäftigungspaktes "MehrWert 50plus" direkt im Jobcenter Leipzig angesiedelt ist. Bei psychischen Problemen haben Betroffene die Möglichkeit, vertrauliche Gespräche mit einer Psychologin in Anspruch zu nehmen. Bei Bedarf findet eine Vermittlung in das psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgungssystem statt.

Das Angebot wird durch gesundheitsförderliche Gruppenprogramme ergänzt. Über ein Drittel der Arbeitslosen in Sachsen ist länger als 1 Jahr ohne Beschäftigung und gilt damit als langzeitarbeitslos. Fast 40 Prozent sind 50 Jahre und älter. Erste Daten der untersuchten Teilnehmer am Projekt zeigen deutliche Zahlen. Ca. 65% der knapp 450 Teilnehmer litten unter einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung. Nur eine Minderheit erhielt eine leitlinienkonforme Behandlung. Das Risiko auf Grund einer psychischen Erkrankung seinen Arbeitsplatz zu verlieren ist hoch und die Reintegration erschwert. So hindern beispielsweise krankheitsbedingte Antriebslosigkeit und Niedergeschlagenheit depressive Menschen an der Arbeitsplatzsuche und dem Führen erfolgreicher Bewerbungsgespräche. Eine konsequentere Diagnostik und Behandlung der großen Zahl psychisch kranker Langzeitarbeitsloser ist deshalb der erste und entscheidende Schritt zurück in die Arbeit.

So berichtet ein Teilnehmer, der sich aufgrund eines schweren Schicksalsschlags abgekapselt hatte, über seine positiven Erfahrungen: "Durch die Gruppenprogramme wurde ich offener und konnte Kontakte schließen. Ich erkannte, dass ich längst nicht der Einzige mit Problemen bin. Mit Hilfe der Psychologinnen habe ich neuen Mut gefasst und eine Tätigkeit im Mobilitäts-Service der Leipziger Verkehrsbetriebe aufgenommen. Das wäre mir vorher nicht gelungen."

Nach Einschätzung von Projektleiter Prof. Ulrich Hegerl, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Leipzig, hat das Angebot Modellcharakter für andere Regionen. "Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, dass psychische Erkrankungen ein großes und beseitigbares Vermittlungshemmnis in den Arbeitsmarkt darstellen. Deshalb bedarf es bundesweit niedrigschwelliger Angebote. Das psychosoziale Coaching, direkt an die Jobcenter angegliedert, kann psychisch kranken Langzeitarbeitslosen im Sinne einer Lotsenfunktion den Weg in eine leitlinienkonforme Behandlung ebnen."

Finanziert wird es aus Projektmitteln des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Vorerst ist es bis Ende 2013 angelegt, mit Aussicht auf Verlängerung.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution232

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Leipzig, Susann Huster, 21.02.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Februar 2013