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MELDUNG/184: Erforschung der Posttraumatischen Belastungsstörung - Preis an PTB-Pionierin verliehen (idw)


Julius-Maximilians-Universität Würzburg - 03.12.2013

Psychologie: Preis an PTB-Pionierin verliehen

Professorin Anke Ehlers (Oxford) ist führend bei der Erforschung der Posttraumatischen Belastungsstörung. Für ihre Leistungen auf diesem Gebiet bekam sie von der Uni Würzburg den Oswald-Külpe-Preis verliehen.


Foto: © Robert Emmerich

Verleihung des Oswald-Külpe-Preises 2013 (von links): Fritz Strack und Paul Pauli vom Institut für Psychologie, Preisträgerin Anke Ehlers und Universitätspräsident Alfred Forchel.
Foto: © Robert Emmerich

Posttraumatische Belastungsstörung, kurz PTB: Diese Erkrankung stellt sich bei manchen Menschen ein, die Entsetzliches erlebt haben. Das kann ein Bombenanschlag sein, ein schwerer Unfall oder eine Vergewaltigung. Die Betroffenen durchleben die furchtbare Situation immer wieder in sehr intensiver Weise - und zwar so, als sei die Situation noch einmal real.

Über die PTB haben die Medien in jüngster Zeit zum Beispiel im Zusammenhang mit Soldaten berichtet, die aus Kriegseinsätzen zurückkommen. Auch bei Asylsuchenden, die auf ihrer Flucht schlimme Dinge erlebt haben, wird oft eine PTB festgestellt.

Bei der Erforschung und Behandlung dieser Störung gehört Anke Ehlers (56) von der Universität Oxford zum Kreis der weltweit führenden Wissenschaftler. Das Institut für Psychologie der Universität Würzburg hat die Leistungen der Professorin auf diesem Gebiet jetzt mit der Verleihung des Oswald-Külpe-Preises gewürdigt. Ehlers bekam die mit 4.000 Euro dotierte Auszeichnung am 29. November bei einer Feier im Oswald-Külpe-Hörsaal am Röntgenring verliehen.

Werdegang und Forschung von Anke Ehlers

Universitätspräsident Alfred Forchel würdigte in seinem Grußwort die Preisträgerin als Pionierin ihres Fachgebiets. Die Laudatio hielt Professor Paul Pauli vom Institut für Psychologie. Er nannte die wissenschaftliche Laufbahn von Anke Ehlers eine "Bilderbuchkarriere": Studium der Psychologie in Kiel und Tübingen, Aufenthalt an der Universität Stanford (USA), Promotion in Tübingen, Habilitation in Marburg, dann Professuren in Berlin und Göttingen, seit 1994 an der Oxford University. In England hat sie zudem wissenschaftliche Positionen am King's College und am Maudsley Hospital in London inne.

Ehlers' kognitives Modell zur Posttraumatische Belastungsstörung (PTB) aus dem Jahr 2000 sei zu einem Klassiker der Klinischen Psychologie geworden, so Pauli: "Es wurde bisher über 2000 Mal zitiert." Richtungsweisend seien auch ihre Arbeiten über soziale Phobien und die Panikstörung. Zudem habe die Preisträgerin einen hoch effektiven Therapieansatz für die PTB entwickelt. Dieser wurde zum Beispiel nach den Bombenanschlägen 2005 in London erfolgreich zur Behandlung traumatisierter Personen eingesetzt.

Wie effektiv ihr Therapieansatz tatsächlich ist, belegte die Professorin in ihrer Festrede. Verständlich und anschaulich erklärte sie, wie belastend eine PTB für die Patienten ist und wie ihnen mittels kognitiver Verhaltenstherapie geholfen werden kann. Ziele ihrer weiteren Arbeit seien unter anderem, die Therapie noch effizienter zu machen und individuelle Unterschiede in Gedächtnisprozessen zu erforschen.

Preis-Stifter enttarnt sich

Die Preisverleihung endete mit einer Überraschung: Der Stifter, der den Oswald-Külpe-Preis im Jahr 2005 durch eine Zuspende zur Sparkassenstiftung der Stadt Würzburg geschaffen hat, gab seine bisher strikt gewahrte Anonymität auf. Es handelt sich um Professor Fritz Strack, den geschäftsführenden Vorstand des Instituts für Psychologie: "Ich habe das sehr gerne gemacht", sagte er. Grund für sein "Outing": Bei der Verleihung des nächsten Külpe-Preises im Jahr 2015 wird er selbst schon emeritiert sein.

Fakten zum Oswald-Külpe-Preis

Das Institut für Psychologie der Uni Würzburg vergibt den mit 4.000 Euro dotierten Oswald-Külpe-Preis seit 2005 alle zwei Jahre. Damit werden herausragende Beiträge zur experimentellen Erforschung höherer mentaler Prozesse ausgezeichnet.

Der Preis erinnert an Oswald Külpe (1862-1915). Er hat im Jahr 1896 das Würzburger Psychologische Institut gegründet und ist als Vater der "Würzburger Schule der Denkpsychologie" in die Wissenschaftsgeschichte eingegangen. Die Vertreter dieser Forschungsrichtung waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts die ersten, die höhere geistige Prozesse wie das Denken, Wollen und Urteilen experimentell untersuchten - was damals noch als unwissenschaftlich galt.

Bisherige Preisträger

Die bisherigen Oswald-Külpe-Preisträger sind Asher Koriat (Universität Haifa, 2005), Richard E. Nisbett (Universität Michigan, 2007), Michael Tomasello (Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie Leipzig, 2009) und Wolfgang Prinz (Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Leipzig, 2011).

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution99

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Robert Emmerich, 03.12.2013
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E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2013