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MELDUNG/505: Gestresste wollen reden statt toben (idw)


Universität Trier - 14.11.2018

Gestresste wollen reden statt toben


Zeitdruck, Informationsflut, Streit - Stress kann viele Auslöser haben. Doch wie beeinflusst Stress menschliches Sozialverhalten? Klar ist, dass das Verhalten unter Stress von vielen verschiedenen Faktoren wie beispielsweise Alter oder Geschlecht abhängig ist. Die Vermutung, Stress könne sozialeres Verhalten auslösen, stand bereits länger im Raum. Nun fand eine Forschergruppe der Universitäten Trier, Heidelberg, Freiburg und Konstanz mithilfe des sogenannten Trierer Stress-Tests weitere Belege dafür.

Konkret untersuchten die Psychologen, wie Frauen mit Stress umgehen. Insgesamt nahmen 120 Studentinnen an einem Experiment teil, bei dem sie einer akuten Stresssituation oder einer nicht-stressigen Kontrollbedingung zugeteilt wurden. Währenddessen mussten sie soziale Entscheidungen treffen. Ihr Verhalten hatte für sie selbst direkte Auswirkungen, aber auch für die anderen Probandinnen. Dabei hat sich gezeigt, dass die Teilnehmerinnen in der Stresssituation eher sozialen Kontakt gesucht haben als beispielsweise aggressiv zu reagieren.

"Da es sich um ein Experiment unter Laborbedingungen handelt, können wir daraus keine Eins-zu-eins-Schlüsse für das Verhalten im Alltag ziehen", ordnet Dr. Bernadette von Dawans, Wissenschaftlerin in der Abteilung für Biologische und Klinische Psychologie an der Universität Trier, die Ergebnisse ein. "Aber unsere Funde deuten darauf hin, dass gestresste Frauen zum Beispiel eher das Gespräch mit Freunden oder Familie suchen, um sich über ihre Situation auszutauschen - zumindest wenn sie die Gelegenheit dazu haben."

Ein ähnliches Verhalten konnten die Wissenschaftler in früheren Untersuchungen bereits für Männer nachweisen. Ein weiterer spannender Zusammenhang, den die aktuelle Studie andeutet: Frauen, die hormonell verhüten, reagieren nicht ganz so sozial auf Stress wie Frauen, die andere Verhütungsmethoden verwenden.

"Für uns als Wissenschaftler gibt es rund um Stress noch viel zu erforschen", sagt Dr. Bernadette Dawans. Aktuell untersucht sie unter anderem, wie Stress das Verhalten von Kindern beeinflusst und schult sie gleichzeitig darin mit stressigen Phasen umzugehen. Seit einigen Monaten gibt es an der Universität Trier eine spezialisierte "Forschungsambulanz für Stress und Soziale Interaktion" (www.stressambulanz.uni-trier.de), in deren Rahmen personalisierte Verfahren zur Diagnostik, Prävention und Behandlung von Stress und stressbedingten Erkrankungen entwickelt und evaluiert werden.


Originalpublikation:
Bernadette von Dawans, Beate Ditzen, Amalie Trueg, Urs Fischbacher, Markus Heinrichs (2019):
Effects of acute stress on social behavior in women.
In: Psychoneuroendocrinology Volume 99, S. 137-144.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution103

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Trier, 14.11.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. November 2018

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