Schattenblick →INFOPOOL →SOZIALWISSENSCHAFTEN → PSYCHOLOGIE

RATGEBER/036: Ungetrübte Urlaubszeit (welt der frau)


welt der frau 7-8/2007 - Die österreichische Frauenzeitschrift

Ungetrübte Urlaubszeit

Von Michaela Herzog


Die meisten Menschen sind im Urlaub auf der Suche nach Erholung und Ruhe. Damit die Paarbeziehung in den schönsten Wochen des Jahres nicht "baden" geht, einige Tipps der Therapeuten Christine und Maximilian Schallauer.


Drei Wochen Urlaubszeit stehen mehr als elf Monaten Beziehungs- und Berufsalltag gegenüber. "Da sollten Paare mit Umstellungsschwierigkeiten rechnen." Sich rechtzeitig auf den Urlaub einzustimmen tut Paaren und Familien deshalb gut. Therapeut Max Schallauer meint damit einen "sanften" Umstieg in die arbeitsfreie Zeit. "Wenn es möglich ist, sollten Paare bereits vor der Abreise einen arbeitsfreien Tag einplanen, um sich auf den Urlaub einzustimmen und in Ruhe packen zu können."

Sind die Erwartungen an die "schönste Zeit im Jahr" zu hoch? "Bei jenen Paaren, die im Alltag kaum Zeit miteinander verbringen, alle Gespräche auf den Urlaub verschieben, sind die Ansprüche an den gemeinsamen Urlaub riesig." Christine Schallauer weiß aus Erfahrung, dass dann die Enttäuschung beider sehr groß ist, wenn sich statt der erwarteten Nähe Unzufriedenheit und Spannungen breit machen. "Jene Paare, die sich während des Jahres Auszeiten zu zweit gönnen, immer wieder Tage allein verbringen, sind viel geübter darin, gemeinsam Urlaub zu machen." Denn vielen Paaren macht die plötzliche, ungewohnte Nähe zu schaffen. Da bauen sich leicht Spannungen auf, so Christine Schallauer, denen man im Alltag leichter aus dem Weg gehen kann. Der Traum, Zeit füreinander zu haben, sich in Ruhe auszutauschen, den anderen zu spüren, gleichzeitig aktiv zu sein, Kontakt zu anderen Paaren aufzunehmen, zerplatzt sehr schnell.


Wünsche an die Urlaubszeit

"Er wollte ihr sein Lieblingsplätzchen zeigen, sie als schlechte Bergsteigerin hatte Angst, sich dann nicht mehr hinunterzutrauen", schildert Christine Schallauer eine "Urlaubskrise" aus ihrer Praxis. "Sie hat es als sadistisch empfunden, dass er, der gute Sportler, sie in so eine extreme Situation bringen wollte." Vorwürfe und Streit waren die Folge. "Hier wäre die VW-Technik gut anwendbar gewesen", meint Max Schallauer, "nämlich Vorwürfe in Wünsche umzuwandeln." Sollte es zu einem Urlaubsstreit kommen, können Paare die Konfliktsituation gut bewältigen, indem sie sich nicht beleidigt zurückziehen, sondern sich entschuldigen und rasch wieder in die Arme nehmen.

Da jeder Urlaubstag kostbar ist, empfinden Paare die Tage, die sie in schlechter Stimmung verbringen, als vergeudete Zeit. Eine echte Beziehungsfalle sieht Christine Schallauer in dem nicht ausgesprochenen Vorwurf: "Wenn du mich wirklich mögen würdest, müsstest du wissen, was ich brauche." Um dem zu entgehen, sollten Paare rechtzeitig vor dem Urlaub darüber reden, welche Wünsche, Aktivitäten und Ideen Platz finden sollen, damit es allen gut geht. Plant eine Familie miteinander fortzufahren, sollten alle Familienmitglieder gleichberechtigt an den Vorbereitungen beteiligt sein. "Viele Mütter wünschen sich Stunden für sich allein." Statt einer stillen inneren Erwartung sollten Ansprüche artikuliert werden, damit sie realisiert werden können. "Man muss im Urlaub ja nicht ständig alles als Paar gemeinsam machen." Ein Spaziergang alleine, ein Stadtbummel, während der andere im Kaffeehaus sitzt, sind auch im Urlaub wichtig, um eine angenehme Balance zwischen Nähe und Distanz zu wahren, ist das Therapeutenpaar überzeugt.


Urlaub als Chance

"Paare können besonders im Urlaub sehr einsam sein." Christine Schallauer weiß, dass es nie zu spät ist, über schwierige Themen reden zu lernen. In jeder Beziehung gibt es die sogenannten Reizthemen, die die Urlaubsstimmung drücken können. "Wenn es nicht gerade die großen Beziehungssorgen sind, sollten Paare versuchen, in den Gesprächen lösungsorientiert zu bleiben." Maximilian Schallauer gibt Paaren, die schon länger miteinander verheiratet sind, gerne zu bedenken, "dass das Miteinander am Anfang oft etwas Mühe und bewusste Anstrengung braucht, damit die eingerostete Kommunikation wieder in Gang kommt". Nicht nur in der Urlaubszeit.


*


Quelle:
welt der frau - Die österreichische Frauenzeitschrift,
Ausgabe 7-8/2007, Seite 12
mit freundlicher Genehmigung der Redaktion und der Autorin
Herausgeberin: Katholische Frauenbewegung Österreichs
Redaktion: Welt der Frau Verlags GmbH
4020 Linz, Lustenauerstraße 21, Österreich
Fon: 0043-(0)732/77 00 01-11, Fax: 0043-(0)732/77 00 01-24
info@welt-der-frau.at

Die "welt der frau" erscheint monatlich.
Jahresabonnement: 26,- Euro (inkl. Mwst.)
Auslandsabonnement: 38,- Euro
Kurzabo für NeueinsteigerInnen: 6 Ausgaben 7,80 Euro
Einzelpreis: 2,17 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. August 2007